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Das Bernsteinerbe

Das Bernsteinerbe

Titel: Das Bernsteinerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Flecken zierten sein Antlitz. Ihr Herz begann zu rasen.
    »Was ist passiert? Hast du Christoph etwas angetan? Du Schuft! Sag doch endlich was!«
    Ihre Stimme verwandelte sich in ein klägliches Flehen. Wieder kämpfte sie mit den Tränen. Was gäbe sie dafür, in diesem Augenblick ihren Bernstein umklammern zu können! Spöttisch blickte Mathias auf sie herab.
    »Ihr kennt Euch?« Verblüfft trat Thiesler wieder näher zum Gebüsch am Straßenrand, jederzeit bereit, in seinen kahlen Zweigen Schutz zu suchen.
    »Hat ganz den Anschein«, knurrte Mathias. »Wenn ich auch nicht damit gerechnet habe, dich ausgerechnet hier zu treffen.«
    Mit einem Satz schwang er sich vom Pferd und tätschelte ihm beruhigend den Hals. Die breite Krempe seines Huts warf selbst bei diesem Wetter dunkle Schatten auf sein Gesicht. Die nahezu schwarzen Augen wirkten noch abgründiger, ließen die Haut seiner Wangen noch bleicher aussehen.
    »Wo hast du denn sonst gerechnet, mich zu treffen?«, fragte sie so ruhig wie möglich.
    Abermals meinte Thiesler, sich einmischen zu müssen, und schoss aus seinem Gebüsch heraus. »Was fällt Euch ein? Lasst sie in Frieden. Sie hat Euch nichts getan.«
    »Woher wollt Ihr das wissen?« Blitzschnell drehte Mathias sich um und versetzte ihm einen Stoß. »Schert Euch zum Teufel und lasst uns allein!«
    »Das könnte Euch so passen!« Thiesler taumelte, blieb aber stehen. Gleich fasste er neuen Mut.
    »Geht am besten zurück ins Gasthaus, meine Liebe«, erklärte er Carlotta. »Dort seid Ihr sicher. So lange halte ich diesen Herrn hier fest.«
    Der Ton, mit dem er »Herrn« aussprach, klang verächtlich. Mathias lachte auf.
    »Da kriege ich jetzt aber wirklich Angst! Doch geht ruhig, meine Liebe «, ahmte er den Studenten mit einem bösen Lächeln um die schmalen Lippen nach. »Wir beide werden hier ganz allein miteinander fertig.«
    »Mathias!«, zischte sie. »Komm endlich zu dir! Hast du nicht schon genug Unheil angerichtet?«
    »Ich?« Laut lachte er auf. »Wie sollte ich, meine Liebe? Du weißt, dazu bin ich einfach nicht fähig. Oder war ich es, der deinen Bernstein ins Feuer geworfen hat?«
    Unverhohlen suchte er ihren Blick. Als sie ihm ausweichen wollte, fasste er sie am Kinn und zog ihr Gesicht zu sich herum.
    Das war zu viel für Thiesler. Brüllend stürzte er sich auf ihn.
    Überrascht strauchelte Mathias, stolperte, torkelte gegen sein Pferd. Erschrocken schnaubte der Rappe auf. Ihm entglitten die Zügel. Sofort ergriff das Tier die Gelegenheit und stob ins nahe Dorf davon. Seiner Stütze beraubt, fiel Mathias nach vorn, streckte die Hände aus und landete im Vierfüßlerstand auf dem matschigen Boden.
    Thiesler aber hatte noch nicht genug, sondern drängte nun erst recht auf Mathias, begann, seinen breiten Rücken mit bloßen Fäusten zu bearbeiten. Einige Schläge musste der Angegriffene einstecken, dann genügte ihm ein jähes Aufrichten, den Gegner abzuschütteln.
    »Hört auf!«, versuchte Carlotta, die beiden Streithähne zur Vernunft zu bringen. Doch ihr Einschreiten war vergebens. Keiner von beiden schenkte ihr Beachtung. Nach einem kurzen Atemholen schienen sie erst recht bereit, den Kampf aufzunehmen. Wie auf Kommando hoben sie die Fäuste und stürmten aufeinander zu. Carlotta blieb nur, beiseitezuspringen und voller Entsetzen das Zusammenprallen der ungleichen Gegner zu verfolgen.
    Erstaunlich lange hielt Thiesler dem im Zweikampf weitaus besser Geübten stand. Lediglich das Knallen der Fäuste auf die wollene Kleidung, das Tänzeln der Lederstiefel auf dem gefrorenen Untergrund sowie das Keuchen und Schnaufen der beiden Kämpfer waren zu hören.
    Carlotta war wie erstarrt. Schließlich presste sie die Finger zusammen und sandte ein Stoßgebet gen Himmel.
    Ein schmerzerfülltes Aufschreien holte sie in die Gegenwart zurück. Nur wenige Schritte entfernt lag Thiesler am Boden. Mathias kniete über ihm, die Faust zum nächsten Schlag erhoben. Im Schnee kündeten frische Blutspuren von den Verletzungen.
    »Hör endlich auf!« Carlotta versuchte verzweifelt, Mathias von seinem Opfer wegzureißen. Ohne Erfolg. Weiter traktierte der den bereits reglos daliegenden Studenten erbarmungslos mit Hieben. »Bist du von Sinnen? Du bringst ihn um!«
    Carlotta stemmte die Füße in den Boden, um mit mehr Kraft an ihm zu zerren. Es war schwer, auf dem eisigen, von einer dicken, glitschigen Schicht Schnee bedeckten Untergrund Halt zu finden. Sie rutschte aus und fiel zu Boden. Verzweifelt krallte sie

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