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Das Bernsteinerbe

Das Bernsteinerbe

Titel: Das Bernsteinerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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nur eine gute Partie, sondern auch ein echter Herr, voller Verstand und Besonnenheit, kein pickeliger Jüngling mit ungehörigen Flausen im Kopf so wie Mathias damals. Christoph konnte sie vertrauen. Der ließ sie nicht im Stich. Verzehrte sie sich nicht längst selbst danach, allein mit ihm zu sein?
    »Also dann«, rief sie, bevor ihr der Mut wieder schwand, und sie begab sich entschlossenen Schritts in den Garten. Im Vorbeigehen zupfte sie einen langen Strohhalm und strich damit über ein kleines Beet bunter Astern. Nach wenigen Schritten blieb sie wie verzaubert stehen.
    »Wunderschön«, raunte sie und sah sich um. An einem Birnbaum baumelten noch einige Früchte. Behende sprang sie dorthin und pflückte eine. Das Fruchtfleisch fühlte sich weich an, die Haut darüber glänzte gelblichrot. »Erinnern die dich nicht an deinen Professor in Bologna? Sie duften himmlisch und schmecken bestimmt hervorragend süß, ganz anders als deine Beeren eben.«
    Verschwörerisch zwinkerte sie ihm zu und biss hinein. Der klebrige Saft rann ihr am Kinn hinunter. Auffordernd streckte sie Christoph die Frucht hin. Der strahlte über ihre Unbekümmertheit und steckte die Birne achtlos in die Seitentasche seines Rocks. »Die hebe ich mir für später auf. Jetzt locken mich andere Genüsse.«
    Dicht trat er vor sie, umklammerte die Hand, mit der sie ihm das Obst gereicht hatte, und suchte ihren Blick. Ihr schlug das Herz bis zum Hals. Noch bevor sie etwas sagen konnte, beugte er sich vor und küsste sie.
    Kaum spürte sie seine fleischigen Lippen auf den ihren, öffnete sie bereitwillig den Mund. Erst tastete seine Zungenspitze schüchtern, dann immer fordernder ihre Mundhöhle aus. Bald umschlang er sie mit beiden Armen, presste ihren Leib fest gegen den seinen und drängte ihr die Zunge immer tiefer in den Mund. Seine riesigen Hände liebkosten ihren Rücken. Die Wärme der Sonne tat ein Übriges. Sie fühlte eine gewaltige Hitze in sich aufsteigen. Ach, würde dieser Moment doch niemals enden! Seit Wochen schon hatte sie nichts sehnlicher gewünscht. Letztens im Gemeindegarten schon war sie fast so weit gewesen, nun aber, in der Abgeschiedenheit der Lauben, erschien es viel passender. Es war genau das, wonach sie sich seit Jahren verzehrte. Gut, so lange darauf gewartet zu haben. Innig schmiegte sie sich an ihn.
    Ein lautes Poltern schreckte sie auf. Christoph ließ jäh von ihr ab, trat zwei Schritte nach hinten, hielt ihre Hände allerdings weiterhin fest. Seine Wangen glühten.
    »Was war das?« Er wirkte, als habe man ihn bei einer Missetat ertappt. Carlotta fühlte sich plötzlich elend, enttäuscht, des kurzen Moments des Glücks schon wieder verlustig geworden zu sein.
    Dem Poltern folgte ein Knirschen, dann splitterte Holz, und kurz darauf plumpste nicht weit entfernt mit dumpfem Geräusch etwas Schweres zu Boden. Die Stille danach währte nicht lang. Ein fürchterliches Fluchen wurde laut.
    Sobald Carlotta das unflätige Fluchen vernahm, begann sie, lauthals zu lachen. Die Stimme kam ihr bekannt vor. Auch Christoph grinste nun. »Ein Kürbis wird wohl kaum so laut zu Boden fallen«, mutmaßte er.
    »Es sei denn, es handelt sich um ein besonders riesiges Prachtexemplar, was auf dem fruchtbaren Boden der Lomse durchaus denkbar ist.«
    »Dann sollten wir uns das gute Stück sichern, bevor uns andere zuvorkommen«, schlug Christoph vor und rieb sich die Hände. »Vielleicht können wir ein schönes Muster in die Schale ritzen. Das wäre doch eine wundervolle Erinnerung an diesen unvergesslichen Tag.«
    Das Fluchen wurde leiser, ging in ein klägliches Wimmern über. Nun wechselten sie besorgte Blicke.
    »Schnell«, hauchte Carlotta atemlos. »Es ist wohl doch etwas Schlimmeres geschehen.«
    Gemeinsam eilten sie zu dem Gebüsch, aus dem sie das Poltern und Fluchen vernommen hatten.
    Eine Leiter lehnte an einem Obstbaum, vielmehr: die Reste einer Leiter. Die morschen Sprossen waren zertrümmert und ragten nur mehr als ausgefranste Reste aus den Einpasslöchern in den beiden Holmen. Traurig kündete das grau verwitterte Holz von einem furchtbaren Sturz. Aufgeregt durchpflügten Carlotta und Christoph das Gebüsch. Rasch wurden sie fündig. Im dichten Brombeerstrauch, der den Baum umrankte, lag ein Mann. Zunächst war nicht viel mehr als ein dunkler Rock aus derbgewebtem Tuch sowie riesige Füße in noch riesigeren Stiefeln zu erkennen.
    Der Stimme wegen hatten sie bereits geahnt, um wen es sich handelte; Kleidung und Statur

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