Das Beste aus 40 Jahren
eine normale Frau sein. Sie würde eine normale Ehe führen können und ihm die Söhne gebären, die den Namen St. Salvador weiterführen sollten.
„Siehst du“, fragte Manoel jetzt in gequältem Ton, „siehst du eigentlich manchmal über deine egoistischen Ziele hinaus?“
Dianne hielt den Atem an. „Dieses Gespräch ist sinnlos und führt nirgendwohin, Manoel“, sagte sie. „Bring mich jetzt bitte ins Hotel zurück.“
Manoel ballte sekundenlang die Hände, ließ dann wortlos den Motor an und fuhr gemächlich zurück nach Arles. Sie wechselten während der Fahrt nicht ein einziges Wort. Beide waren mit ihren Gedanken beschäftigt. Als Manoel vor dem Hotel anhielt, brauchte Dianne ihre ganze Kraft, um sich ihm zuzuwenden.
„Danke und – Lebewohl.“
Manoel sah aus, als wolle er etwas erwidern. Aber dann überlegte er es sich anders. Er sprach kein Wort mehr. Er öffnete ihr nur die Tür und raste, kaum war sie ausgestiegen, wie ein Wilder davon.
Am Abend rief Henri Dianne noch einmal an. Er wolle sich für sein Benehmen entschuldigen, sagte er; doch ob es sein aufrichtiger Wunsch war, alles wieder in Ordnung zu bringen, oder ob er es nur deshalb tat, weil Manoel St. Salvador in die Angelegenheit verwickelt war, konnte Dianne nicht entscheiden. Sie sagte ihm jedoch, sie trage ihm nichts nach und habe ihm verziehen. Danach ging sie in ihr Zimmer hinauf, um ihre Koffer zu packen.
Gegen halb zehn klopfte es bei ihr. Sie war erstaunt und hatte ein leicht ungutes Gefühl. Sie hatte keine Ahnung, wer es sein mochte, und wollte, außer mit Manoel, mit keinem Menschen mehr sprechen.
Aber es war nicht Manoel. „Dianne? Dianne? Darf ich hereinkommen?“, rief eine weibliche Stimme.
Dianne ging zur Tür und öffnete sie weit. „Louise!“, rief sie überrascht. „Was tust du so spät abends noch hier?“
Louise lachte und hielt einen Briefumschlag in die Höhe. „Ich komme als Botenjunge“, sagte sie leichthin. „Manoel hat mich gebeten, dir das zu geben.“ Sie warf einen Blick in das bereits wieder völlig unpersönlich wirkende Zimmer. „Darf ich reinkommen?“, fragte sie nochmals.
Dianne nahm mit nicht ganz sicherer Hand den Briefumschlag entgegen, riss sich jedoch schnell zusammen. „Aber selbstverständlich“, sagte sie, „komm nur herein. Leider kann ich dir nichts anbieten.“
Louise lächelte. „Das macht nichts. Ich möchte mich nur ein bisschen mit dir unterhalten. Du hast schon gepackt?“ Sie runzelte die Brauen. „Weiß Manoel Bescheid?“
„Auf beide Fragen – ja“, erwiderte Dianne mit geheuchelter Fröhlichkeit und schob den Umschlag in die Hosentasche. Öffnen wollte sie ihn später. „Setz dich, bitte. Bist du ganz allein in die Stadt gekommen?“
Louise nickte. „Ich habe den Führerschein“, erklärte sie, „und Manoel sorgt dafür, dass unsere Wagen immer in Schuss sind, sodass ich unterwegs keine Panne befürchten muss.“ Sie seufzte. „Warum reist du denn schon ab? Kannst du nicht noch ein paar Tage bleiben? Ich weiß, dass Großmutter dich noch einmal sehen möchte.“
„Ich weiß, und es tut mir leid, aber ich kann nicht mehr zu euch hinauskommen. Ich muss wieder nach Hause.“ Dianne biss sich auf die Unterlippe und überlegte, was sie sonst noch sagen könnte. „Ich kann mich noch immer nicht daran gewöhnen, dass du so erwachsen bist. Vor drei Jahren warst du noch ein richtiges Kind.“
Louise lachte. „Danke. Aber jetzt mal ernsthaft, Dianne, ich bin nicht hier, um von mir zu sprechen. Ich möchte mit dir über Manoel reden.“
Dianne errötete. „Das solltest du lieber nicht, glaube ich“, sagte sie unglücklich.
„Warum nicht? Interessiert er dich nicht?“ Louise sah sie eindringlich an.
Diannes Wangen färbten sich noch dunkler. „Vielleicht“, murmelte sie verlegen.
„Hat er dir gesagt, warum er und Yvonne noch nicht geheiratet haben?“
Dianne zuckte mit den Achseln. „Er hat es oberflächlich erwähnt.“
„Er ist dir heute Nachmittag nachgefahren, nicht wahr?“
„Er ist mir nachgefahren?“ Dianne runzelte die Stirn. „Wie meinst du das?“
„Ich wollte dich heute Nachmittag besuchen“, erzählte Louise. „Der Direktor sagte mir, ein junger Mann habe dich abgeholt. Irgendwie glaubte er auch, aufgeschnappt zu haben, dass ihr nach Les-Saintes-Maries wolltet. Ich fuhr nach Hause und erzählte es Manoel. Er schmiss sich in den Kombi und jagte wie ein Verrückter davon.“
„Ach, so war das!“ Diannes Lippen bebten
Weitere Kostenlose Bücher