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Das Bienenmaedchen

Das Bienenmaedchen

Titel: Das Bienenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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Gasmaske trug, sammelte Honig aus dem Bienenstock. Die Ziegen, die zu ihrer Sicherheit in eine ferne Ecke gebracht worden waren, starrten verblüfft auf das Schauspiel.
    So schnell sie nur konnte, zog sich Beatrice an, ging nach unten. Sie saß mit einer Tasse Tee am Küchenfenster, als Miss Warrender eilig durch die Tür trat, in der Hand einen Rahmen mit einer tropfenden Honigwabe.
    »Mein Liebes, bist du sicher, dass du schon aufstehen solltest?«, fragte sie, als sie die Gasmaske abgenommen hatte. Sie fing an, den Honig auf ein großes Metalltablett zu schaben, und hielt nur inne, um mit einem Teelöffel eine seltsame, eingeschlossene Biene zu entfernen.
    »Ich fühle mich viel besser«, antwortete Beatrice. »Oh, da ist eine auf Ihrem Arm, schauen Sie. Und noch eine auf Ihrem Rücken. Halten Sie still.« Sie fing eine schläfrige Biene nach der anderen mit einem Geschirrhandtuch ein und schüttelte es draußen aus. Als sie wieder in die Küche kam, fand sie ein weiteres Insekt, das auf dem Tisch schlummerte. Wie winzig es ist und wie schlicht, dachte sie, bevor sie es mit dem Tuch aufnahm.
    Miss Warrender, die weiterhin den Honig herauskratzte, sagte: »Es ist ein wunderbarer Gedanke, dass ein so kleines und unbedeutendes Geschöpf solch einen wichtigen Platz in der Welt einnimmt. Wenn es seiner Aufgabe nicht nachkäme, würden Früchte und Blumen nicht bestäubt, und wir müssten auf diesen herrlichen Honig verzichten.«
    »Und was ist, wenn eine Biene ihrer Aufgabe nicht nachkommt?«, fragte Beatrice, die in der Tür stand. »Bestrafen die anderen Bienen sie?«
    Miss Warrender dachte nach. »Ich weiß nicht. Vielleicht gehen sie auf sie los. Aber eine Biene tut immer ihre Pflicht. Dazu wurde sie erschaffen.«
    »Wahrscheinlich haben Sie recht«, sagte Beatrice. »Und nun entschuldigen Sie mich bitte – ich muss zur Arbeit.«
    »Du sollst noch nicht wieder arbeiten«, sagte Miss Warrender, während sie sich den Honig von den Händen wusch. »Du hast einen fürchterlichen Schlag abbekommen, Mädchen, und du bist erst seit diesem Tag wieder auf den Beinen.«
    »Aber mir geht’s gut. Bin nur ein bisschen durchgeschüttelt.« Die Beule an ihrer Stirn machte sich durch ein Pochen bemerkbar.
    »Du verlässt mein Haus nicht, solange der Doktor dich nicht noch mal gesehen hat. Du hättest tot sein können, verstehst du? Genau das hat er gesagt.«
    »Wirklich? Ich erinnere mich nicht. Miss Warrender, ich muss Ihnen danken, dass Sie sich so um mich sorgen.«
    »Überhaupt nicht. Ich fühle mich dadurch zurückversetzt in die Zeiten, als ich mit dem Krankenwagen an der Front unterwegs war.«
    »Erzählen Sie!«
    »Ich war mit der FANY drüben in Belgien. Du hast bestimmt von uns gehört – die ›First Aid Nursing Yeomanry‹. Wir haben entsetzliche Dinge gesehen, und doch war es die aufregendste Zeit meines Lebens. Wenn ich morgens aufgewacht bin, wusste ich nie, was mich an diesem Tag erwartete.«
    Während der Gespräche beim Abendessen sammelte Beatrice häppchenweise Informationen über Catherine Warrender. Sie erfuhr, dass sie in einem herrschaftlichen Haus mit Dienerschaft geboren worden war. Ihr Vater war gestorben, als sie vierzehn Jahre alt war. Er hatte nichts als Schulden hinterlassen, und so war ihre Familie in dieses kleine Haus gezogen. Sie hatte ihre Mutter bis zu ihrem Tod gepflegt und später Freiwillige aus dem Ort in Erster Hilfe unterrichtet.
    Von ihrem Innenleben hatte Miss Warrender bisher wenig preisgegeben. Beatrice sah, dass sie ihren Garten und ihre Tiere liebte, und hörte oft, wie sie beim Melken beruhigend auf ihre »Mädchen« einsprach oder sie mit duftendem Kleeheu fütterte. Sie war eine Frau, die ihre Aufgaben bereitwillig und ohne Klagen verrichtete.
    »Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Freundlichkeit«, sagte Beatrice zu Miss Warrender, und sie spürte die Wärme der Zuneigung im Lächeln dieser Frau.
    »Ich glaube, es geht dir besser, Beatrice. Ich bin sehr erleichtert. Du bist ein tapferes Mädchen im Umgang mit diesen Pferden. Übrigens, ein Corporal Shaw war hier und hat nach dir gefragt.«
    Beatrice hörte, was sie sagte, aber es kam bei ihr an wie aus weiter Entfernung. Schlagartig blitzte vor ihrem inneren Auge eine Erinnerung auf: Sie sah Sergeant Dally, wie er mit seiner Gerte den verängstigten Bert schlug – und den bösartigen Ausdruck in den Augen des Mannes.
    Ihr Fehler war, dass sie etwas gesagt hatte.
    Mit ausdrucksloser Miene hörte ihr der dickliche Captain

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