Das Bildnis der Novizin
Umständen entsprechend gut, dem Herrn sei Dank«, antwortete er vorsichtig. Sein Blick wanderte beinahe gegen seinen Willen durch das kostbar ausgestattete Büro, über den großzügigen Stapel Feuerholz neben dem Kamin. Unbewusst verirrte sich seine Hand zu seinem Geldbeutel und er befingerte die letzten beiden Silberstücke. De Valenti kam sofort zum Thema.
»Ich sehe mich in der erfreulichen Lage, Euch einen Auftrag anbieten zu können«, begann er. »Einen recht lukrativen Auftrag sogar. Vierzig Florin.« Der Kaufmann hob sein Glas an die Lippen. »Genug, um Eure Frau und das Kind zu versorgen, zumindest eine Zeitlang.«
Der Mönch war verblüfft. Seine Gebete in der Kapelle vom Heiligen Gürtel waren erhört worden – und das so rasch!
»Ein großes Altarbild für die Bankiersgilde«, erklärte de Valenti. »Sie möchten eine Madonna mit Kind, umgeben von Engeln, dazu ihren Schutzpatron, den heiligen Matthäus, kniend zu ihren Füßen.«
Er holte einen Pergamentbogen aus seinem Schreibtisch und las die vollständigen Angaben der Bankiersgilde vor. Unter dem Mittelstück wünsche man einen Unterbau mit Szenen aus dem Leben des Heiligen; auf den Seitenflügeln sollten jeweils der heilige Matthäus und der heilige Hieronymus abgebildet sein. Man wolle ein prächtiges, großes Altarbild, betonte de Valenti, und man wolle es rechtzeitig zum Namensfest der Maria Magdalena, an dem die neuen Räumlichkeiten der Gilde eingeweiht würden.
»Man wollte ursprünglich einen anderen Maler, aber ich habe Euch vorgeschlagen, weil Ihr der beste seid. Das stimmt, mein Freund«, fügte de Valenti hinzu. Da er kein Mann leerer Worte war, quittierte Fra Filippo dies mit einem dankbaren Nicken. »Das Geld erhaltet Ihr nach Fertigstellung. Sie wollen es drei Wochen nach Mittsommer, rechtzeitig vor dem Fest.«
»Unmöglich«, rief Fra Filippo erregter, als er beabsichtigte.
»Passt Euch der Termin nicht?«, fragte de Valenti stirnrunzelnd.
»Nein, nein, der Termin ist in Ordnung, Ottavio. Aber ich brauche Materialien, Blattgold, Lapus, neue Pappelplatten. Das alles kostet bare Münze, das bekommt man nicht auf Kredit. Ich kann nicht aus nichts ein Werk schaffen, das die Herrlichkeit Gottes reflektieren soll!«
De Valenti nickte.
»Nun, wenn es nicht anders geht«, räumte er zögernd ein. Er wusste, dass dies der Gilde ganz und gar nicht passen würde. »Dann erhaltet Ihr die Hälfte als Vorschuss, aber man erwartet von Euch Ergebnisse, regelmäßige Fortschritte! Und man wird hinter Euch her sein, Filippo.«
Aber Fra Filippo hörte nur noch mit halbem Ohr zu. Im Geiste sah er Lucrezia in den kostbaren Gewändern, die ihr zukamen, das Kind in echte Seide gehüllt, nicht in billige Tücher und Stoffreste. Er malte sich ein neues Strohdach aus, hübsche Vorhänge an den Fenstern und vielleicht sogar ein richtiges Himmelbett fürs Schlafzimmer, dazu eine bestickte Tagesdecke. Die unfertigen Domfresken und das halbfertige Altarbild für den König von Neapel huschten einen Moment lang durch seine Gedanken, doch er drängte sie entschieden beiseite. Nein, dieser Auftrag war ein Geschenk der Gottesmutter, deren heiliger Gürtel dieses Wunder bewirkt hatte.
»Ihr könnt gleich morgen früh zur Gilde gehen, den Vertrag unterzeichnen und Euch den Vorschuss abholen«, sagte de Valenti und sah den Maler dabei durchdringend an. »Aber denkt daran: Diese Männer erwarten rasche und pünktliche Arbeit und sie sind nicht zimperlich, Filippo.«
Fra Filippo streckte dem Kaufmann seine Pranke hin.
»Ich danke Euch, Signore Ottavio. Vielen Dank! Gottes Segen und gutes Gelingen für all Eure Unternehmungen.«
Früh am nächsten Morgen ging Fra Filippo ins Gildenhaus und holte sich seine zwanzig Goldflorin. Mit schwerer Hand unterzeichnete er den Vertrag und ließ sich den Vorschuss vom Notar der Bankiersgilde aushändigen. Auf dem Weg nach draußen kam er an einem Büro vorbei, dessen Türe offen stand, und sah einen kleinen Mann in einer roten Robe darin sitzen, der ihn über einen Papierstapel hinweg scharf ansah.
Am Haupteingang des Gildenhauses standen zwei bullige Aufpasser in schwarzen Tuniken Wache. Doch Fra Filippo verschwendete keinen weiteren Gedanken an sie. Das beruhigende Gewicht des Goldsäckchens an seinem Gürtel ließ ihn frohen Mutes in die Zukunft blicken.
Sein erster Gang führte ihn zum Metzger, wo er das fetteste Kaninchen für Lucrezia heraussuchte. Lucrezia bereitete das Kaninchen noch am selben Abend in einer
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