Das bisschen Haushalt
hat, möge das Geld bitte bis spätestens Freitag bei Stefanie abgeben.
PS: Wir suchen noch Helfer für den Auf- und Abbau beim Abschiedsfest für die Vorschulkinder - bitte bei Cornelia melden!
Ich habe mir den Wecker zwanzig Minuten früher als sonst gestellt, um all das zusammenzutragen. Mist, wir haben keine Isomatte. Was soll ich machen? Mein Kind an diesem feuchten, nur mäßig warmem Tag den Unbilden der Natur aussetzen? In Kauf nehmen, dass sich Rebecca erkältet, gar eine heimtückische Unterleibsverkühlung einhandelt, Hämorriden bekommt? Nein, das kann ich natürlich nicht riskieren. Ich prüfe die Alternativen: Sofakissen? Zu schnell durchgeweicht und sicherlich nicht in Carolas Sinn. Plastiktüte? Nur Schutz gegen Feuchte, nicht jedoch gegen Kälte. Sofakissen in Plastiktüte stecken? Mac Gyver hätte das gemacht oder James Bond, aber ich? Sieht vielleicht doch ein bisschen zu komisch aus. Hätten wir doch nur eine Gymnastikmatte. Halt, natürlich - haben wir doch. So eine blaue, die Carola extra für die Schwangerschaftsgymnastik gekauft hatte. Wo ist sie? Anruf bei Carola im Büro: „Schatz, wo ist die Gymnastikmatte, die du immer beim Nilpferdturnen dabei hattest?“ Das Computergedächtnis meiner Frau spuckt aus: Auf dem Speicher, im Faltschrank, oberstes Fach. Tatsächlich
- ordentlich zusammengerollt liegt sie da. Ich breite die leicht angestaubte Matte aus und erkenne, dass sie viel zu groß für Rebecca zum Mitnehmen ist. Da bleibt nur Eins: der Griff zur Schere. Carola wird das verstehen. Wenn sie wirklich nochmals ein Kind haben wollte und zur Schwangerschaftsgymnastik gehen müsste, dann würde ich ihr eine neue Matte spendieren.
Durch die Suchaktion sind wir spät dran, schaffen es aber trotzdem, pünktlich am Schützenhaus zu sein. Die etwa 50 Kinder sehen aus, als ob sie zu einer sechswöchigen Erkundung des Amazonasbeckens oder zu einer West-Ost-Durchquerung Papua Neuguineas aufbrechen wollten. Ich schaue mich um, ob irgendwo geländegängige Begleitfahrzeuge, Schlauchboote oder Hubschrauber stehen. Tun sie nicht, also werden sie wohl doch keine größere Expedition unternehmen.
Ich verabschiede mich heute besonders herzlich von Rebecca - man kann ja nicht wissen, ob sie jemals wiederkehrt. Die Gefahren mitteleuropäischer Wälder werden gemeinhin unterschätzt! Bedrohungen lauern überall: herabfallende Äste, tollwütige Füchse, aufgebrachte Bachen, die ihre Frischlinge verteidigen, besoffene Jäger, die . - ach, ich darf gar nicht daran
denken .
Meine Sorgen habe ich mir - wie immer - völlig umsonst gemacht. Um 14:00 Uhr, wie angekündigt, kehren die Forschungsreisenden von ihrer Expedition zurück. Vollzählig und unverletzt. Ihre Kleidung scheinen die Kinder allesamt einem Belastungstest ausgesetzt zu haben. Wahrscheinlich haben sie sich auch in der Disziplin Extremschlamming geübt und die Klebefähigkeit von Matsch an Regenjacken getestet. Meine Wiedersehensfreude weicht sogleich der Sorge um das Interieur unseres Autos. Wie bekomme ich diesen wandelnden Lehmbatzen nach Hause, ohne die Rücksitzbank anschließend entsorgen zu müssen? Ich ziehe Rebecca die Gummistiefel und den Regenoverall aus und stopfe alles in den Altpapierkarton, den ich zufällig noch im Kofferraum stehen habe. Aus dem Verbandskasten entnehme ich die goldglänzende Isolierdecke und lege sie auf den Kindersitz - so sieht das zwar nach dem Transport eines Brandopfers aus, erspart mir jedoch eine aufwendige Innenraumreinigung.
Auf dem Nachhauseweg will ich wissen, wie es war. „Es war mega-geil, Dad. Wir haben uns ein Tipi gebaut, eine Tannenzapfenschlacht gemacht und sogar ein Lagerfeuer angezündet.“ Rebecca sprudelt nur so - sie scheint ein echtes Naturkind zu sein. All die Tiere, die sie gesehen hätten: Eichhörnchen, Marienkäfer, Ameisen, Kröten, Buntspechte und noch viel mehr Kreaturen, an deren Namen sie sich nicht mehr erinnern könne.
Nachdem sie noch in der Garage alle Kleidungsstücke - bis auf die Unterwäsche - ausgezogen hat, wird Töchterlein von mir auf direktem Weg unter die Dusche befördert und einer Generalreinigung unterzogen. Danach darf sie wieder von der Zivilisation kosten und ein wenig Fernsehen schauen. In der Zwischenzeit knöpfe ich mir ihren Rucksack vor. Ein Blick in selbigen offenbart den Inhalt: eine leere Pausenbrotdose, ein zerknülltes Kinderriegelpapier, drei Fichtenzapfen, ein Holzstück in Pistolenform, ein etwa fünfzehn Zentimeter langes Holzstück,
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