Das bisschen Haushalt
programmiert. Bei zwei Jungs sieht die Sache meistens so aus, dass die vorpubertären Racker Rebecca zum Opfer erklären, sie entweder direkt erschießen oder sie zumindest in einen Hinterhalt bringen, um sie dann zu fesseln. Und bei zwei Mädchen wird Paul ständig als Untersuchungsobjekt für Arztspiele angefordert oder muss aus Pferdebüchern vorlesen. Besser ist es da, wenn jede Partei gleich viele Personen umfasst, damit kein Ungleichgewicht entsteht.
Viel muss ich üblicherweise nicht tun, wenn Freunde da sind, außer in viertelstündlichen Abständen Apfelsaftschorle nachfüllen und gelegentlich Butterbrote, Kekse oder Gummibärchen bereitstellen. Selbiges hatte ich heute getan, doch aus Versehen viel zu viele Gummibärchen aus der Tüte in das Schälchen getan. Da ich zu faul bin, die überzähligen Goldbären wieder in die Verpackung zu stopfen, überreiche ich das orangefarbene Müsli-Schüsselchen mit der Ermahnung: „Die dürft ihr nur zur Hälfte essen, ich hab’ nämlich unbeabsichtigt zu viel reingetan!“ „Och, Papa, das ist doch nicht zu viel.“ „Ist es doch, sonst habt ihr beim Abendessen wieder keinen Hunger. Ende der Diskussi-on!“, verabschiede ich mich aus dem Kinderzimmer und begebe mich an den Computer, um ein Redemanuskript zu verfassen.
Eine Stunde später beende ich meine Arbeit, gehe wieder nach oben und will den Gummibärchenrest mitnehmen. Auf dem Treppenabsatz steht auch das Schälchen. Es ist leer. „Paul, Rebecca, was habe ich euch gesagt? Ihr solltet die Gummibärchen nicht komplett futtern!“ „Haben wir auch nicht“, entrüstet sich Paul. Und Rebecca beschwert sich sogar, dass sie gar nichts abbekommen hätte. „Hört bitte auf mit den Lügengeschichten!“ „Das sind keine Lügengeschichten! Das ist die Wahrheit. Wir haben wirklich nur die Hälfte gefuttert“, gibt Paul beleidigt zur Antwort. „Nie glaubst du uns was“, setzt er noch nach. Mir fällt es in der Tat schwer, ihm abzunehmen, dass er sich an meine Vorgabe gehalten hat, weshalb ich umgehend Sanktionierungsmaßnahmen ergreife: „Ihr habt drei Tage absolutes Süßigkeitenverbot!“ „Du bist so was von fies!“ „Gut, dann vier Tage!“ „Das ist ja obergemein!“ „Fünf Tage!“ Jetzt traut sich Paul nicht mehr zu widersprechen.
Als ich abends die Katzentoiletten säubern will und dazu in den Keller gehe, sehe ich im Halbdunkeln eine undefinierbare Masse vor der Heizungskellertüre liegen. Irgendwie riecht’s hier auch so komisch. Vorsichtig nähere ich mich dem amorphen Klumpen. Je geringer der Abstand zu meiner Nase, desto größer wird die Gewissheit: Es muss sich um Absonderungen eines Lebewesens handeln. Da bin ich mir sicher. Ich schalte das Licht ein. Ähhhgggs! Ein Haufen in Kuhfladengröße liegt vor mir und verbreitet einen Geruch wie in Schwefel eingelegte Gummibärchen. Ah! Jetzt weiß ich, wer der Gummibärchendieb war. Janosch, dieser verfressene Köter. Offensichtlich war sein Stuhldrang größer als das Bedürfnis, sein Revier sauber zu halten. Na, das soll mir eine Lehre sein - nichts werde ich mehr in Hundeschnauzenhöhe liegen lassen!
Nach den letzten intensiven Wochen als Hausmann und Vater muss ich vor allem eines feststellen: Mit meiner Autorität ist es nicht weit her - egal, was ich sage, egal, wie ich es sage, ob bestimmt oder freundlich, stets beantworten Paul und Rebecca meine Ermahnungen oder Aufforderungen mit einem: „DOCH!“ So geht’s nicht weiter. Nicht mit mir. Da muss was passieren. Ich schreibe jetzt eine Liste und hänge sie deutlich sichtbar in der Küche auf. Ein für alle Mal werde ich jetzt klarstellen, was ich meine!
Wenn Papa NEIN sagt, dann heißt das, dass ...
• ihr euer Frühstück, Mittagessen, Zwischenmahlzeiten und Abendessen sitzend, entweder am Küchen- oder Esszimmertisch, nicht jedoch im Gehen, in den Kinderzimmern oder vor dem Fernseher einnehmen dürft!
• ihr am Wochenende und in den Ferien nicht bis 14:00 Uhr in euren Schlafanzügen herumlaufen dürft, sondern euch nach dem Frühstück umziehen sollt!
• ihr nicht unmittelbar nach dem Aufstehen Nintendo, Wii oder PC spielen dürft, sondern erst, nachdem ihr gefrühstückt habt und angezogen seid!
• ihr unsere Katzen und Janosch nicht als Übungsobjekte für Friseurspiele benutzen dürft! Außerdem sollt ihr unseren Tieren keine Puppenkleider anziehen oder sie im Puppenkinderwagen anschnallen.
• ihr bei Regenwetter nicht die Sandalen anziehen
Weitere Kostenlose Bücher