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Das blaue Buch - Roman

Das blaue Buch - Roman

Titel: Das blaue Buch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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weiße Flagge flattern. Steht für Kapitulation und Unentschlossenheit – leeres Blatt.
    Es kostet sie Mühe, den Gang entlangzugehen – gegen den Strich.
    Wollte er uns hier haben, weil wir beide so tun, als ob? Hat er gedacht, unter so vielen Lügen würde ich mich zu Hause fühlen?
    Und sie würde auf Holz klopfen, wenn welches da wäre – ob Furnier zählt? – sie würde Salz über ihre Schulter werfen, eine ganze Spur, wenn sie glaubte, es würde helfen.
    Es riecht wie in einem guten Hotel, das ist alles – kein Grund, hysterisch zu werden.
    Arthur sammelt gute Hotels.
    Es war nicht so unwahrscheinlich, ihn in einem zu treffen. Zum Beispiel im verfluchten Beverley.
    Im verfluchten Beverley hatte Beth vor dem Zimmer ihrer Mutter gezögert, hatte den richtigen Moment verpasst, ihr einen Gutenachtkuss zu geben oder sie in den Arm zu nehmen, irgendetwas Mitfühlendes. Schließlich hatte Cath ihr für die schöne Zeit gedankt, die sie eindeutig nicht gehabt hatte, und knapp und steif genickt.
    »Du musst mir nicht danken. Ich wollte dir … Es ist gut, wenn wir … Und im Büro war in letzter Zeit so viel zu tun, und …«
    »Du kannst nicht die ganze Zeit arbeiten.« Nur eine leise Feststellung, kein Vorwurf – weshalb sich Beth natürlich erst recht angeklagt fühlte und den Tadel gleich noch auf töchterliche Vernachlässigung, das Verschwenden ihrer akademischen Ausbildung in hirnlosen Verwaltungsjobs, einen für jeden erkennbaren brennenden Mangel an Zielstrebigkeit ausdehnte – die üblichen Themen.
    Beth konnte nicht erklären, dass sie beschäftigt sein wollte, nicht erfüllt: Der Erfüllung nachzujagen wäre gefährlich, würde sie wecken. »Doch, ehrlich gesagt glaube ich, dass ich die ganze Zeit arbeiten kann . Ich glaube … Entschuldige.« Beth beobachtete die Lippen ihrer Mutter, an denen sich ihre Traurigkeit einen Augenblick lang ablesen ließ, und dann der Ärger. Als Beth weitersprach, klang sie kindisch, jammernd: »So mache ich das eben, Mum … Damit fertig werden … Tut mir leid …« Sie hatte nicht die Kraft, freundlich zu sein, es besser zu machen. »Entschuldige. Ich sollte nicht … Wir sollten morgen zusammen ein spätes Frühstück nehmen – der letzte Tag. Oder jeder für sich im Bett – das ginge auch.«
    »Ich würde lieber mit dir frühstücken.«
    Früher hatte sie nie das Bedürfnis, Beth um sich zu haben; jedenfalls nicht in dieser traurigen, gierigen Ausprägung. Beth wäre am liebsten weggegangen.
    Was sie also tat. »Dann machen wir das. Und ich gehe jetzt ins Bett. Müde. Tut mir leid.« Nicht mehr im Zimmer ihrer Mutter sitzen und ein schlechtes Fernsehprogramm ignorieren, beide ein Buch lesend, um nicht gesellig sein oder sich unterhalten zu müssen. »Wir sehen uns morgen früh. Schlaf gut.« Aber immerhin wären sie zusammen gewesen, was für Cath erträglich gewesen wäre, aber Elizabeth konnte nicht damit umgehen, noch nicht. Sie hatte ihre Mutter immer nur mit ihrem Vater gesehen. Jetzt kann sie nicht neben der einen sitzen und nicht auch den anderen erwarten, annehmen, dass er mit Entschuldigungen über einen Auftritt nerven wird, der viel länger als erwartet gedauert hat, ein anstrengendes Publikum, ein weinendes Geburtstagskind.
    Ich sollte ihr eine größere Hilfe sein. Werde ich aber nicht. Wie immer bin ich kein jolly good fellow. Aber ich halte nur aus, was ich aushalten kann.
    Und so war sie nach oben in ihr eigenes Zimmer gegangen, über den Teppich getappt, zwischen den Fluchtlinien beruhigender, Zen-farbiger Bilder, Türrahmen, Türen.
    Habe gehört, wie eine Tür aufging, und mich umgeschaut. Kein Grund dafür – ich hatte niemanden erwartet.
    Ein Mann, der in einem Türrahmen steht.
    Und ich kann mich nicht erinnern, über seinen Anblick überrascht gewesen zu sein. Ich glaube, ich habe gar nichts gefühlt – kein Absacken in der Magengrube, kein Schwanken – es war nur so, als wäre ich plötzlich in einem weiten, hohen, leeren Raum und bekäme keine Luft.
    Arthur stand in seinem Türrahmen, barfuß in einem exklusiven Anzug – dünner, als sie ihn in Erinnerung hatte, blasser, müder, glatt rasiert und mit einem Armenhaus-Haarschnitt, hinten und an den Seiten kurz geschoren. Er hielt ein Bitte-nicht-stören-Schild in der Hand, wollte sich gerade für die Nacht zurückziehen.
    Er sah sie an.
    Ich glaube, er fühlte auch nicht viel. Obwohl das Schild in seiner Hand zitterte. Das bemerkte ich: ein Zucken, dann hatte er sich in der Gewalt.
    Und

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