Das blaue Haus (German Edition)
Bewegung um sich. Dann hörte er ein Geräusch. Er hatte starke Kopfschmerzen und wollte sich bewegen, konnte es aber nicht. Dafür konnte er seine Augen etwas öffnen und sah eine verschwommene Gestalt um sich herumwirbeln. Er roch plötzlich ihren Duft. Das ließ ihn etwas mehr zu sich kommen. Julie!, schrie seine innere Stimme, die keiner hören konnte. Dann hörte er einen Türknall, und Julie war verschwunden. Alles war wieder still in dem Haus in Salina. Draußen brauste ein Motor auf. Auch das Geräusch verschwand viel zu schnell.
Dane fühlte sich von Teufelshand geschlagen. In seinem Kopf rebellierte ein grausamer Schmerz. Langsam konnte er seine Arme bewegen, die mühsam an seinen Kopf griffen und die Wunde berührten. Ein erneuter Schmerz durchzuckte ihn. In seinen Gedanken spielte sich plötzlich die ganze Szene noch einmal ab, und sie erstarb mit dem lauten Knall des Schusses, der seinen Körper erneut durchzuckte. Er versuchte, sich an das zu erinnern, was die Situation ausgelöst hatte, doch es blieb nur ein trauriges Gefühl. Er fühlte sich haltlos, hinabgestürzt und alleingelassen. Von Vertrauen war nicht mehr die Rede. Ragee, der ihm so sehr mit seinen Weisheiten imponiert hatte, war zu einem Fremden geworden. Durch diesen Schuss war die Mauer der Hoffnung zu einem Trümmerhaufen zusammengefallen.
Dane schloss die Augen. Er wollte die beiden nie wieder sehen – Ragee und auch Julie nicht. Ihm war nicht mehr nach ihrer Hilfe. Er wollte so gerne den Hass spüren, um überhaupt etwas zu empfinden, das ihm Kraft geben konnte, jetzt aufzustehen und von hier zu verschwinden. Doch nichts geschah. Kraftlos fiel sein Körper wieder zu Boden, und er fühlte eine aufkommende Müdigkeit.
*
Julie war beruhigt, dass keiner von beiden so richtig wach geworden war. Ragee war auf dem Sofa gut versorgt. Mehr hätte ein Arzt auch nicht für ihn tun können. Und der Fußboden war auch warm genug, um Dane mit der Decke dort liegen zu lassen.
Der Schuss war in zu viele Richtungen losgegangen. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass Ragee und Dane ihre Anzeigen finden würden. Sie hatte auch nicht damit gerechnet, dass Dane dieses Buch finden würde. Mein Gott, sie hatte überhaupt nicht aufgepasst! Er musste geschickt recherchiert haben, um diese Tatsachen zusammenzubringen.
Dann war der plötzliche Besuch bei ihr auch kein persönliches Interesse gewesen, sondern sollte nur der Suche nach Beweisen dienen. Sie hatte sich zum Idioten gemacht! Hatte geglaubt, dass er endlich auf sie reagieren würde. Mein Gott, wie dumm war sie gewesen!
Eins war jetzt völlig klar: Mit dieser Tat war ihre Aktion beendet. Was war zwischen den beiden nach ihrer Abreise aus Junction City passiert?
Julie hatte keine Kampfspuren im Haus gesehen. Alles war so wie immer gewesen. Wer hatte wen angegriffen? Hatte überhaupt jemand angegriffen? Auch davon war nichts zu sehen. Die Waffe war Ragees Waffe. Die kannte sie noch. Hatte Dane die Waffe gefunden und ihren alten Herrn damit bedroht? Dann hatte ihr Herr sie ihm geschickt entwendet und abgedrückt? Mein Gott! Dann würde Dane versuchen, auch sie zu töten. War es das, wovon Sarah gesprochen hatte: Er beseitigt seine Probleme anders. Dann war es gut, dass Ragee die Waffe wieder in seine Gewalt gebracht hatte. Er musste sicherlich schießen. Dane hatte ihm keine andere Wahl gelassen. Dann war Ragee in einen Schockzustand gefallen, weil er nicht töten konnte und es doch versucht hatte.
Jetzt war Julie wieder in ihrem Apartment und vollkommen am Ende. Sie heulte über sich, über Ragee und über Dane. Aber am meisten über ihr eigene Dummheit und Unachtsamkeit.
Es war unmöglich, den beiden noch einmal unter die Augen zu treten.
Mai 1997. Salina. Markley Road. Bei Ragee.
In Salina brachte ein überraschender Sonnenschein eine starke Hitze in das Haus. Die Hyazinthen in Ragees Garten blühten und verschwanden mittlerweile in knöchelhohem Unkraut.
Dane erwachte erst wieder am späten Nachmittag, erneut mit starken Kopfschmerzen und einer großen Hitze im Körper. Um ihn herum wimmelte es von Kissen. Verschwommen nahm er seine Umgebung wahr. Er versuchte, sich hochzustemmen, was ihm nur unter großer Mühe gelang. Sein Kopf stand kurz vor dem Zerbersten. Sein Blick schweifte langsam durch das Zimmer. Er erinnerte sich an etwas, das ihm einen teuflischen Schlag verpasst haben musste, aber alles, was er sah, war Ragee unter einer Decke auf dem Sofa – so friedlich, als sei er tot. Dann kam die
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