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Das blaue Zimmer

Das blaue Zimmer

Titel: Das blaue Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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Hochzeitsreise verbrachten sie in einem Erholungsort in den Bergen von Kaschmir. Als sie zu rückkamen, kündigte Angus bei Ironsides, und nach einigem Suchen fand er eine bescheidene Stellung im Geschäft eines hart arbeitenden Tamilen. Er zog mit Amita in ein kleines Haus in einem Viertel, das weitab von den englischen Residen zen lag. Die lange Verbannung in die Einöde hatte begonnen.
    Drei Jahre später, 1938, kamen sie nach Hause. Die Tollivers hatten sich unterdessen zur Ruhe gesetzt und wohnten nun ständig in ihrem Haus in Cornwall. Sie waren älter geworden, hatten ein wenig von ihrem Glanz verloren. Sir Henry ver brachte seine Tage mit dem Schreiben seiner Memoiren und dem Jäten der Blumenbeete. Lady Tolliver ging mit einem Körbchen Einkäufe machen und spielte nachmittags Mah Jongg. Daisy Tolliver versenkte sich in gute Werke und leitete mit ihrer Violine das Orchester des Ortes.
    Doris und Arthur Penfold heirateten, und Jassy und ich waren Brautjungfern, in weißen Organdykleidern mit blauen Schärpen. Auf dieser Hochzeit erzählte uns Lady Tolliver von Angus und Amita.
    „Er kommt mit ihr für einen kurzen Besuch nach Europa. Sie besuchen Amitas Großeltern in Lyon, und dann kommen sie für ein paar Tage zu uns.“ Ihr Gesicht, das nun ganz runzlig war, blähte sich bei dieser Aussicht vor Freude, und ich dachte, wie schön für sie, daß sie ihr Glück zeigen kann, ohne Angst, jemanden zu beleidigen oder ihren Mann in Schwierigkeiten zu bringen. Sie mußte froh sein, fand ich, wieder ein normaler Mensch zu sein, frei von all den gesellschaftlichen Zwängen ihres früheren feudalen Lebens.
    „Er möchte dich und Jassy sehen. Er hatte euch beide immer gern. Ich spreche mit eurer Mutter, es läßt sich bestimmt etwas arrangieren.“
    Jassy war jetzt vierzehn. „Bist du aufgeregt“, fragte ich sie, „weil du Angus Tolliver wiedersehen wirst?“
    „Nicht besonders“, sagte Jassy obenhin. „Ich wünschte, er würde sie nicht mitbringen.“
    „Du meinst Amita?“
    „Ich will sie nicht sehen. Ich will nichts mit ihr zu tun haben.“
    „Weil sie mit Angus verheiratet ist oder weil sie Halbinderin ist?“
    „Halbinderin“, spottete Jassy, „sie ist eine Chi-Chi. Ich weiß nicht, wie Lady Tolliver es ertragen kann, sie im Haus zu haben.“
    Es verschlug mir die Sprache. Ich konnte verstehen, daß Jassy eifersüchtig war, aber nicht gehässig. Entrüstet ließ ich sie allein.
     
     
    Es wurde verabredet, daß Lady Tolliver und Daisy mit Angus und Amita zu uns zum Tee kamen, und als der festgesetzte Tag nahte und Jassys Verfassung keine Besserung zeigte, bangte mir mehr und mehr davor. Ich stellte mir Angus vor, schäbig in einem schlecht geschneiderten Anzug, mit seiner ärmlichen Frau im Schlepptau. Vielleicht wußte sie nicht mal, wie man das Buttermesser benutzt. Vielleicht kühlte sie ihren Tee durch Blasen ab. Vielleicht hatte Angus schon genug von ihr und schämte sich ihrer und bereute seine vorschnelle Heirat. Und seine Verlegenheit würde uns alle anstecken, wie eine quä lende, lähmende Krankheit.
    Am Tag der Teegesellschaft gingen Jassy und ich nach dem Mittagessen mit ein paar Freundinnen zum Schwimmen an den Strand. Die Freundinnen hatten ein Teepicknick mitge nommen, aber um drei Uhr verabschiedeten wir beide uns und ließen sie allein, gingen über den Golfplatz nach Hause, unsere nassen Badesachen unterm Arm, unsere Beine und Füße mit Sand überkrustet.
    Es war ein warmer, windiger Tag. Zu unseren Füßen wuchs Thymian, und wenn wir darauf traten, verströmte er einen sü ßen, minzigen Geruch. An der Kirche blieben wir stehen, um unsere Schuhe anzuziehen, dann eilten wir weiter. Die sonst so redselige Jassy war stumm. Wie ich sie so ansah, wurde mir klar, sie konnte nichts dafür, daß sie die ganze Zeit so unaus stehlich gewesen war. Sie war genauso nervös und gespannt wie ich wegen der Begegnung mit Angus und Amita, aber es berührte uns auf verschiedene Weise.
    Unsere Mutter war in der Küche und bestrich frischgebackene Hörnchen mit Butter. „Nach oben, umziehen“, befahl sie uns. „Macht schnell. Ich habe euch alles auf die Betten gelegt.“
    Mutter trug ihr türkisgrünes Leinenkleid mit der Hohl saumstickerei und den blauen Glasperlen, das mein Vater ihr zum Geburtstag geschenkt hatte. Ihr bestes Kleid. Für uns hatte sie Baumwollkleider mit passenden Schlüpfern heraus gelegt, metzgerblau mit weißen Blümchen, dazu frische weiße Socken und rote Schuhe mit

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