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Das blaue Zimmer

Das blaue Zimmer

Titel: Das blaue Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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Luftballons, Pappnasen und Papierhüte.
    Jan sagte, mit dem Viertel gehe es aufwärts, aber es war ein fach so, daß die Leute es sich nicht mehr leisten konnten, Grundbesitz in Fulham oder Kensington zu erwerben, und nun ihr Glück weiter draußen versuchten.
    Jan und Jill hatten ihr Haus gekauft, als sie vor drei Jahren heirateten, aber noch hing ihnen der Mühlstein der Hypothek am Hals, und seit Robbie geboren war und Jill zu arbeiten auf gehört hatte, waren ihre finanziellen Probleme noch prekärer geworden. Und das schlimmste war, daß jetzt wieder ein Baby unterwegs war. Sie hatten sich ein zweites Kind gewünscht, aber vielleicht nicht gar so bald.
    „Macht nichts“, hatte Ian gesagt, als er über den Schreck hinweg war. „Wir bringen alles in einem Aufwasch hinter uns, und denk nur, wieviel Spaß die Kinder zusammen haben wer den, bloß zwei Jahre auseinander.“
    „Aber wir können es uns nicht leisten.“
    „Babys kriegen kostet nichts.“
    „Nein, aber es kostet eine Menge, sie aufzuziehen. Und ihnen Schuhe zu kaufen. Weißt du, was ein Paar Sandalen für Robbie kostet?“
    Jan sagte, er wisse es nicht und wolle es nicht wissen. Irgend wie würden sie es schon schaffen. Er war ein unverbesserlicher Optimist, und das Beste an seinem Optimismus war, daß er an steckte. Ian hatte seiner Frau einen Kuß gegeben, war in die Spirituosenhandlung um die Ecke gegangen, um eine Flasche Wein zu kaufen. Den tranken sie an jenem Abend zum Essen, das aus Würstchen und Kartoffelbrei bestand.
    „Wir haben wenigstens ein Dach überm Kopf“, sagte er zu Jill, „auch wenn es zum größten Teil der Bausparkasse ge hört.“
    Ja, sie hatten ein Dach über dem Kopf, aber sogar ihre besten Freunde fanden, daß es ein eigenartiges Haus war. Denn die Straße machte am Ende einen scharfen Knick, und Nummer 23, wo Jill und lan wohnten, war ein hohes und schmales Ge bäude, keilförmig, um sich in die Biegung einzupassen. Eben diese Eigenartigkeit war es, die sie von vornherein ebenso ge reizt hatte wie der Preis; denn man hatte das Haus arg verfallen lassen, und es mußte viel daran gemacht werden. Seine Eigen artigkeit bildete einen Teil seines Charmes, aber der Charme nützte nicht viel, als ihnen die Zeit, die Kraft und die Mittel ausgingen, um sich des Außenanstrichs anzunehmen oder einen Rauhputz auf die schmale Frontseite aufzutragen.
    Paradoxerweise glänzte nur das Souterrain. Hier wohnte Delphine, ihre Untermieterin. Delphines Miete trug zur Abzahlung der Hypothek bei. Sie war Malerin und hatte sich mit einigem Erfolg der kommerziellen Kunst verschrieben. Das Souterrain benutzte sie als ihre Londoner Zweitwohnung. Sie pendelte zwischen dieser und einem Cottage in Wiltshire hin und her, wo eine verfallene Scheune zu einem Atelier umgebaut worden war und ein überwucherter Garten zum schilfbewachsenen Ufer eines Flüßchens abfiel. Jill, Ian und Robbie wurden hin und wieder übers Wochenende in diese Idylle eingeladen, und diese Besuche waren jedesmal die größte Wonne – eine bunt zusammengewürfelte Gästeschar, enorme Mahlzeiten, Unmengen Wein und endlose Diskussionen über esoterische Themen, die meistens über Jills Begriffsvermögen gingen. Diese Ausflüge waren eine nette Abwechslung, wie lan gerne betonte, wenn sie in ihr eintöniges Londoner Viertel zurückkehrten.
    Delphine, die in ihrem wallenden Kaftan ungeheuer dick aussah, saß vor ihrer Eingangstür und aalte sich in dem Strei fen Sonnenlicht, das um diese Tageszeit in ihre Domäne drang. Jill hob Robbie aus dem Sportwagen, und Robbie steckte den Kopf durch die Geländerstäbe und sah zu Delphine hinunter, die ihre Zeitung weglegte und durch ihre runde, schwarze Son nenbrille zu ihm hinaufschaute.
    „Hallo, ihr zwei“, sagte sie. „Wo seid ihr gewesen?“
    „Im Park“, erwiderte Jill.
    „Bei dieser Hitze?“
    „Man kann nirgends anders hingehen.“
    „Ihr solltet euch den Garten herrichten.“
    Das hatte Delphine in den letzten zwei Jahren in Abständen immer wieder gesagt, bis Ian ihr eröffnete, wenn sie es noch einmal sagte, würde er sie mit seinen eigenen Händen erwür gen. „Fällt den gräßlichen Baum.“
    „Fang nicht wieder damit an“, bat Jill. „Es ist alles so kom pliziert.“
    „Ihr könntet wenigstens sehen, daß ihr die Katzen loswerdet. Ich konnte heute nacht vor lauter Geschrei kaum schlafen.“
    „Was können wir tun?“
    „Allerhand. Nehmt ein Gewehr und erschießt sie.“
    „Ian hat kein Gewehr. Und selbst

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