Das blaue Zimmer
hinter sich zu. „Wollen wir nach oben gehen?“
Sie ging voran, Edwin folgte ihr, Stufe für Stufe, und sie hörte seinen schweren Atem. Im Wohnzimmer setzte sie den Kleinen ab und bot Edwin einen Sessel an. „Möchtest du dich hierher setzen?“
Er nahm vorsichtig Platz. Ian bot ihm einen Sherry an, und Jill ließ sie allein, um Robbie nach oben ins Bett zu bringen.
Kurz bevor er den Daumen in den Mund steckte, sagte er: „Nase“, und sie war voller Liebe für ihn, weil er sie zum La chen bringen wollte.
„Ich weiß“, flüsterte sie. „Er hat wirklich eine große Nase, nicht?“
Er lächelte, und die Augen fielen ihm zu. Sie klappte die Seite des Gitterbettchens hoch und ging hinunter. Edwin redete noch immer von seinem alten Freund. „Wir waren im Krieg zusammen beim Militär. Army Pay Corps. Nach dem Krieg ist er nach Insurance zurückgekehrt, aber wir sind immer in Ver bindung geblieben. Einmal haben wir zusammen Urlaub ge macht, Gladys, Edgar und ich. Er hat nie geheiratet. Wir waren in Budleigh Salterton.“ Er sah Ian über sein Sherryglas hinweg an. „Warst du schon mal in Budleigh Salterton?“
Ian sagte nein, er sei nie in Budleigh Salterton gewesen.
„Nette Ortschaft. Prima Golfplatz. Edgar hat sich aller dings nie viel aus Golf gemacht. Er hat Tennis gespielt, als wir jünger waren, und später Bowls. Hast du schon mal Bowls ge spielt, Ian?“
Ian sagte nein, er habe nie Bowls gespielt.
„Hab ich mir fast gedacht“, sagte Edwin. „Du spielst Kricket, stimmt’s?“
„Wenn ich dazu komme. “
„Du hast wohl viel zu tun.“
„Ja.“
„Spielst am Wochenende, nehm ich an.“
„Manchmal.“
„Ich hab das Testmatch im Fernsehen gesehen.“ Er nippte vorsichtig an seinem Sherry, spitzte die Lippen. „Mit den Paki stani war nicht viel los.“
Jill stand auf und ging nach unten in die Küche. Als sie hin aufrief, das Essen sei fertig, redete Edwin immer noch über Kricket, er erinnerte sich an ein Wettspiel im Jahre 1956, das ihm besonders gut gefallen hatte. Das Geleier dieser langen Geschichte wurde durch Jills Ruf unterbrochen. Sogleich kamen die zwei Männer die Treppe herunter. Jill stand am Tisch und zündete die Kerzen an.
„In so einem Haus war ich noch nie“, bemerkte Edwin, als er sich setzte und seine Serviette auseinanderfaltete. „Wieviel habt ihr dafür bezahlt?“
Nach einigem Zögern sagte Ian es ihm.
„Wann habt ihr’s gekauft?“
„Als wir geheiratet haben. Vor drei Jahren.“
„Gar nicht übel.“
„Es war ziemlich verfallen. Es ist immer noch nichts Welt bewegendes, aber mit der Zeit kriegen wir es schon hin.“
Jill sah Edwins verstörenden starren Blick auf sich gerichtet. „Deine Schwiegermutter hat mir gesagt, du kriegst wieder ein Baby.“
„Oh. Ja… ja, das stimmt.“
„Soll doch nicht etwa ein Geheimnis bleiben, oder?“
„Nein. Nein, natürlich nicht.“
Mit Topfhandschuhen an den Händen schob sie ihm den Schmortopf hin. „Es ist Hühnchen.“
„Hühnchen eß ich immer gern. Während des Krieges in In dien hat’s auch immer Hühnchen gegeben… “ Schon legte er wieder los. „Komisch, wie gut die Inder Hühnchen kochen konnten. Hatten wohl jede Menge Übung. Die Kühe durften sie ja nicht essen. Die sind heilig, wißt ihr…“
Ian machte den Wein auf, und danach lief es etwas lockerer. Edwin wollte keinen Obstsalat, aß aber fast den ganzen Brie. Und er redete die ganze Zeit; er brauchte anscheinend keine Reaktionen außer hier und da einem Kopfnicken oder einem höflichen Lächeln. Er erzählte von Indien, von einem Freund, den er in Bombay kennengelernt, von einem Tennismatch, das er einst in Camberley bestritten hatte, von Gladys’ Tante, die zu weben begonnen und auf der Bezirksausstellung einen Preis gewonnen hatte.
Der lange, heiße Abend zog sich hin. Die Sonne sank am dunstigen, trockenen Himmel und verlieh ihm rosa Flecken. Edwin beklagte sich jetzt über die Unfähigkeit seiner Putzfrau, anständige Spiegeleier zu braten, und unversehens entschul digte sich Ian und begab sich in die Küche, um Kaffee zu kochen.
Edwin, in seinem Redefluß unterbrochen, sah ihm nach. „Ist das da eure Küche?“ fragte er.
„Ja.“
„Die will ich mir ansehen.“ Und bevor Jill ihn zurückhalten konnte, hatte er sich hochgehievt und heftete sich an Ians Fer sen. Jill folgte ihm, aber er ließ sich nicht nach oben umleiten.
„Viel Platz habt ihr nicht, wie?“
„Es reicht“, sagte Ian. Edwin ging zu der Glastür
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