Das Blut - Del Toro, G: Blut - The Fall
schwarzen Gips. Das Fleisch wuchs nicht nach, vielmehr machten die äußeren Hautschichten einer tiefer liegenden, von Gefäßen durchzogenen Epidermis Platz, ja, an manchen Stellen war inzwischen sogar die Muskelstruktur zu erkennen - sie schillerte in allen Schattierungen, von tiefem Rot bis zu eitrigem Gelb. Blutwürmer schwammen direkt unter der Haut durch den gesamten Körper, doch vor allem schienen sie sich in seinem Gesicht zu versammeln.
Der Meister wuchtete seine gewaltigen Beine über die Kante des Sarges und stellte sich in seiner ganzen Größe auf. Weitere Erdbrocken und Hautfetzen fielen von ihm herab - ganz im Gegensatz zu normalen Vampiren, die so sauber aus
der Erde stiegen wie ein Mensch aus einem heißen Bad. Dieser Wirtskörper, Jusef Sardu, würde ihm nicht mehr lange zu Diensten sein.
Er richtete den Blick auf Gabriel Bolivar. Dessen Körper wäre ein naheliegender und durchaus akzeptabler Ersatz, und der Meister fragte sich, ob er seinem Jünger diese große Ehre zuteil werden lassen sollte. Bolivar hatte niemand aus seiner Vergangenheit als Mensch, zu dem er sich hingezogen fühlte - eine wichtige Voraussetzung für einen Wirtskörper. Andererseits hatte er eben erst das zweite Stadium der Verwandlung erreicht. Noch war er nicht ausgewachsen …
Es konnte warten. Es musste warten. Andere Dinge waren wichtiger.
Der Meister verließ die Kammer und ging schnell durch die langen, gewundenen Tunnel. Bolivar folgte ihm beflissen.
Nach einer Weile erreichten sie einen größeren Raum, der näher an der Oberfläche lag und dessen Boden mit weicher, feuchter Erde bedeckt war wie in einem Garten.
Draußen, unsichtbar für sie und doch in ihrem tiefsten Inneren spürbar, verschwand die Sonne am Horizont. Und langsam begann sich der Boden zu bewegen. Gliedmaßen tauchten auf, eine kleine Hand hier, ein dünnes Bein dort, wie die ersten zarten Sprossen von Pflanzen. Kleine Köpfe, manche noch mit Haaren bedeckt, kamen aus der Erde. Die Gesichter ausdruckslos oder - je nachdem, wie weit die Verwandlung fortgeschritten war - schmerzverzerrt.
Es waren die Kinder aus dem Bus.
Wie kleine Maden krabbelten sie aus dem Boden. Die Sonne hatte sie zweimal verflucht: Erst hatte sie ihnen das Augenlicht geraubt, und nun mussten sie sich vor ihren ultravioletten Strahlen in Acht nehmen. Der Meister hatte ihnen in seiner ständig wachsenden Armee den Platz von »Spähern« zugewiesen - Kreaturen, deren Sinneswahrnehmung diejenige der anderen Clanmitglieder bei weitem überstieg. Was sie zu idealen Kundschaftern machte. Und Attentätern.
Sieh.
Unvermittelt war der Meister in Bolivars Bewusstsein eingedrungen und ließ ihn durch Kelly Goodweathers Augen auf Ereignisse blicken, die sich vor kurzem zugetragen hatten. Auf einem Dach in Spanish Harlem stand sie dem alten Mann gegenüber. Abraham Setrakian.
Sein Wärmebild war von einem fahlen Grau, doch das Schwert in seiner Hand leuchtete so grell, dass Bolivar die Augen zusammenkneifen musste.
Bolivar beobachtete, wie Kelly über die Dächer entkam. Dann erzeugte der Meister in ihm eine intuitive Vorstellung von der Lage des Hauses, sodass er es auf seiner Reise durch die Tunnel unter der Stadt jederzeit finden würde.
Der alte Mann - er gehört dir.
South Ferry Inner Loop Station
Vasiliy erreichte das Lager der Tunnelmenschen vor Anbruch der Nacht. Den Sprengstoff samt Uhr sowie die Nagelpistole trug er in einem Seesack mit sich. Er hatte die Tunnel an der Bowling Green Station betreten und war den Gleisen bis zur Haltestelle South Ferry gefolgt.
Er musste einige Zeit suchen, bis er Cray-Zs Zeltplatz wiederfand. Das Zelt selbst war verschwunden, nur Bürgermeister Koch und einige Holzpaletten lagen noch herum. Zumindest konnte sich Vasiliy nun einigermaßen orientieren. Er marschierte in Richtung der Tunnel, die unter dem Fluss hindurchführten.
Nach einer Weile vernahm er ein lautes metallisches Scheppern und eine krächzende Stimme.
Vasiliy zog die Nagelpistole und ging vorsichtig in Richtung des Lärms. Es war Cray-Z. Der verrückte Alte war gerade dabei, ein zerschlissenes Sofa auf die Gleise zu zerren.
Er hatte sich bis auf die verschmutzte Unterwäsche ausgezogen, und seine braune, dreckverschmierte Haut glänzte vor Schweiß. Der verfilzte Pferdeschwanz baumelte hin und her.
Cray-Z hatte seine wenigen Habseligkeiten und die seiner Nachbarn auf die Gleise gestellt, um ein Hindernis zu bilden. An einer Stelle, wo er einige zerbrochene
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