Das Blut - Del Toro, G: Blut - The Fall
die Typen wirklich? Angel konnte weder Schnarchen noch überhaupt irgendein Atmen hören. Aber tot waren sie auch nicht. Er wusste, wie der Tod roch.
In diesem Moment ging über der Ostküste der Vereinigten Staaten die Sonne unter - und die am Boden liegenden Körper reagierten unverzüglich auf diese astronomische Veränderung. Sie erwachten. Angel, auf der Leinwand einst der hippste Vampirkiller südlich des Rio Grande, war in ein Vampirnest gestolpert. Echte Vampire.
Er musste nicht in ihre Gesichter sehen, um zu erkennen, dass das, was hier geschah - Leute, die sich in Scharen vom Boden eines düsteren Kellers erhoben -, nichts Gutes bedeutete. Er drückte sich in eine Wandnische vor dem Gang zur
Mietskaserne. Diesen Korridor hatte er nie passiert, obwohl er ihn oft genug von beiden Seiten gesehen hatte. Jetzt entdeckte er dort weitere von diesen Typen, die ihm den Weg versperrten. Die auf ihn zukamen.
Er machte sich keine große Mühe, sie zu warnen, sondern feuerte gleich drauflos. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, dass der Revolver in dem niedrigen Durchgang einen solchen Krach machen würde.
Seine Gegner offenbar ebenso wenig. Der Lärm und der blendende Lichtblitz bei jedem Schuss schienen sie stärker in Mitleidenschaft zu ziehen als die Kugeln, die sich in ihre Körper bohrten. Angel schoss dreimal - immer mit demselben verblüffenden Effekt -, dann drehte er sich um und feuerte noch zweimal auf die Angreifer aus der anderen Richtung.
Dann war die Waffe leer.
Jetzt blieb nur noch ein Ausweg: eine kleine uralte Holztür in der gegenüberliegenden Wand, die er noch nie geöffnet hatte, da sie weder Knauf noch Klinke hatte und in dem von der Mauer zusammengestauchten Holzrahmen verkeilt war. Angel redete sich einfach ein, sie wäre eine Filmkulisse aus federleichtem Balsaholz. Er warf den Revolver weg, hielt das Handy fest, senkte die Schulter und rannte, das schmerzende Bein ignorierend, mit voller Wucht dagegen.
Die Tür zerbrach nicht nur - sie explodierte förmlich in einer Wolke aus Holzsplittern und Mörtel. Angel stürzte in den dahinterliegenden Raum …
… und landete in einem Haufen Gangster.
Die Männer, obwohl ganz offensichtlich beeindruckt von seinem Auftritt und seiner schieren Körpermasse, hoben ihre Kanonen und zielten auf ihn.
»Madre Santissima!« , rief Angel. Heilige Mutter Gottes!
Gus Elizalde wollte den Vampirmotherfucker, der die Tür zu Klump geschlagen hatte, gerade in die ewigen Jagdgründe befördern, als er diese Worte vernahm. Gute alte mexikanische
Worte. »Wartet, Leute!«, rief er den Jersey Sapphires zu. Dann sagte er zu Angel: »Me lleva la chingada - que haces tu aca, muchachon?« Was zum Geier machst du hier, du Riesenfurz?
Angel musste nichts erwidern, sein Gesichtsausdruck sprach Bände - es genügte, dass er sich umdrehte und auf die Tür deutete.
»Ah, Blutsauger. Genau wegen denen sind wir hier.« Gus starrte den großen Mann an. Irgendwie kam er ihm bekannt vor. »Te conozco?« Kenn ich dich?
Der ehemalige Wrestler zuckte kurz mit den Schultern und blieb weiter stumm.
In diesem Moment stürmte Alfonso Creem, bewaffnet mit einem schweren Rapier, durch die zerbrochene Tür. Der glockenförmige Handschutz der Waffe war ebenso wie die Klinge aus massivem Silber. Seine andere Hand war leer - abgesehen von einem Silberring an jedem Finger, auf denen falsche Diamanten das Wort CREEM bildeten. Sofort ging er wie wild auf die Vampire los.
Gus folgte Creem, die UV-Lampe in der einen, das Silberschwert in der anderen Hand. Die restlichen Sapphires hielten sich dicht hinter ihnen.
Kämpfe nie in Kellern! Das war eine eiserne Regel des bewaffneten Straßenkampfes, und sie galt für Soldaten ebenso wie für Gangs, aber wenn die Feinde Vampire waren, konnte man sich diese Regel sonst wohin stecken. Gus hätte den Schuppen ja am liebsten niedergebrannt, doch er wollte sich persönlich davon überzeugen, dass auch keiner der Motherfucker überlebte.
Mit einem Nest dieser Größe hatten sie allerdings nicht gerechnet. Das weiße Blut spritzte nur so in alle Richtungen, und es dauerte eine ganze Weile, bis sie fertig waren. Dann gingen sie zu Angel zurück, der hinter der aufgebrochenen Tür an der Wand kauerte.
Der alte Wrestler stand unter Schock. Auch die Guptas -
das, was aus den Guptas geworden war - waren dem Gemetzel zum Opfer gefallen, und Angel kam einfach nicht über ihre furchtbaren Fratzen, ihr Geheule und die Tatsache hinweg, dass die
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