Das Blut - Del Toro, G: Blut - The Fall
Unterarm, in den sich der Blutwurm gebohrt hatte. Der Kammerjäger hatte ordentlich was abbekommen, aber er würde wohl keine bleibenden Schäden davontragen - abgesehen vielleicht von einem leicht tauben und einem leicht dröhnenden Ohr. Vasiliy war hart im Nehmen. Selbst als Eph den Splitter aus seinem Bein zog, gab er
keinen Laut von sich. Eph bewunderte ihn dafür; in Vasiliys Gegenwart kam er sich vor wie ein Muttersöhnchen, fühlte er sich trotz all seiner Qualifikationen und wissenschaftlichen Kenntnisse nutzlos für den Kampf, der ihnen bevorstand.
Doch das, das wusste er, würde sich bald ändern.
Später an diesem Tag zeigte Vasiliy Setrakian seinen Giftschrank: die Köder, Fallen, Halothanflaschen und blauen Giftpellets. Ratten, erklärte er dem alten Mann, fehlt die biologische Fähigkeit, sich zu erbrechen, und da es die Hauptfunktion des Übergebens ist, den Körper von Giftstoffen zu befreien, konnte man Ratten also ziemlich leicht vergiften. Die Evolution hatte jedoch Mechanismen entwickelt, um diesen Nachteil auszugleichen; beispielsweise konnten Ratten so ziemlich alles verdauen, auch Baumaterial wie Lehm oder Beton, und diese Substanzen minderten den Effekt des Gifts im Rattenkörper, bis es mit dem Kot wieder ausgeschieden wurde. Außerdem waren Ratten äußerst intelligent, wandten bei der Nahrungssuche komplexe Strategien an, die ihr Überleben sicherten.
»Ist schon komisch«, sagte der Kammerjäger. »Als ich dem Vampir den Stachel rausgerissen habe, habe ich ihm mal tief in den Hals geschaut.«
Der alte Professor hob die Augenbrauen. »Und?«
»Ich würde wetten, dass diese Kreaturen auch nicht kotzen können.«
Setrakian nickte. »Ich glaube, Sie haben Recht. Wie ist die chemische Zusammensetzung dieser Rodentizide denn genau?«
»Kommt drauf an. In denen hier ist Thalliumsulfat, ein Schwermetallsalz, das direkt auf die Leber, das Hirn und die Muskeln wirkt. Es ist geruchlos, farblos und sehr giftig. Das Zeug da drüben dagegen ist ein ganz gewöhnlicher Säugetierblutverdünner.«
»Blutverdünner? So etwas wie Warfarin?«
»Nicht so was wie - es ist Warfarin.«
Setrakian sah sich die Flasche an. »Also schlucke ich jetzt schon seit mehreren Jahren Rattengift.«
»Genau. Wie Millionen andere Menschen auch.«
»Und was bewirkt es bei den Tieren?«
»Dasselbe wie bei Ihnen, wenn Sie zu viel davon nehmen. Das Antigerinnungsmittel führt zu inneren Blutungen. Die Ratten verbluten. Kein schöner Anblick.«
Als Setrakian eine weitere Flasche in die Hand nahm, um das Etikett darauf zu studieren, fiel ihm etwas im Regal dahinter auf. »Ich will Sie ja nicht beunruhigen, Vasiliy. Aber sind das dort etwa Mäuseköttel?«
Der Kammerjäger sah sich die Bescherung an. »Verdammt! Wie konnte denn das passieren?«
»Ist sicherlich nichts Ernstes«, sagte Setrakian.
»Ernst oder nicht, das ist völlig egal. Für die Viecher ist das hier eigentlich wie Fort Knox.« Vasiliy räumte einige Flaschen zur Seite. »Das ist, als würden Vampire in eine Silbermine einbrechen.«
Während Vasiliy damit beschäftigt war, die Rückseite des Schränkchens auf weitere Spuren zu untersuchen, beobachtete Eph, wie Setrakian eine der Flaschen in seiner Jackentasche verschwinden ließ und sich dann mit unschuldiger Miene entfernte.
Er folgte dem alten Mann in den nächsten Raum. »Was haben Sie denn damit vor, Professor?«, fragte er ihn dort.
Setrakian schien nicht besonders überrascht zu sein, dass man ihn ertappt hatte. »Sie haben ja gehört - das ist Blutverdünner. Die Apotheken sind größtenteils geplündert, und ich wüsste nicht, woher ich sonst Nachschub bekommen könnte.«
Eph beäugte den alten Mann: die eingefallenen Wangen, die gräulich-blasse Haut. Er konnte sich nicht vorstellen, weshalb Setrakian ihn anlügen sollte.
»Benötigen Dr. Martinez und Zachary noch etwas für ihre Reise nach Vermont?«
Eph räusperte sich. »Ich glaube, sie haben alles. Allerdings fahren sie nicht nach Vermont. Das Haus dort gehört Kellys Eltern, und vielleicht will sie denen auch irgendwann mal einen Besuch abstatten … Nein, sie fahren stattdessen zu einem Feriencamp, das Nora noch aus ihrer Kindheit in Philadelphia kennt. Ein Paar Hütten auf einer kleinen Insel in einem See. Die Saison ist vorbei, da sind sie ganz für sich.«
»Sehr gut. Das Wasser wird sie beschützen. Wann bringen Sie sie zum Zug?«
»Bald.« Eph sah auf die Uhr. »Wir haben noch etwas Zeit.«
»Wieso fahren sie eigentlich
Weitere Kostenlose Bücher