Das Blut - Del Toro, G: Blut - The Fall
selbst wenn ganze Stadtviertel in der Umgebung dem Chaos anheim fielen.
Abraham Setrakian stellte sich als Kaufinteressent für eine der kommenden Auktionen vor, und nachdem ihnen ebenfalls Masken ausgehändigt worden waren, wurden er und Vasiliy in das Gebäude gelassen.
Sie betraten eine riesige Halle, die zehn Stockwerke hinauf reichte: zehn mit Geländern versehene Galerien. Ein Sicherheitsmann begleitete Setrakian und Vasiliy zum Aufzug und brachte sie bis zu einem Büro im fünften Stock.
Als sie eintraten, zog sich die junge Angestellte die Papiermaske vor das Gesicht. Sie machte keinerlei Anstalten, ihren Platz hinter dem Schreibtisch zu verlassen - es
war momentan nicht angeraten, jemandem die Hände zu schütteln.
Setrakian wiederholte sein Anliegen, worauf die Angestellte nickte und ihm einen Stift und einen Stapel Formulare überreichte. »Ich benötige den Namen und die Telefonnummer Ihres Kommissionärs«, sagte sie. »Außerdem eine Liste Ihrer Effektenkonten. Um Ihren Bietanspruch zu gewährleisten, müssen Sie uns eine Vollmacht in Höhe von einer Million Dollar zukommen lassen. Das ist der Standardbetrag für Auktionen dieser Größenordnung.«
Setrakian spielte nervös mit dem Kugelschreiber in seinen krummen Fingern. »Leider bin ich gerade dabei, meine Kommissionäre zu wechseln. Ich bin jedoch im Besitz einiger interessanter Antiquitäten und wäre nur zu gern bereit, diese als Pfand zu hinterlegen.«
»Das ist bei uns nicht üblich, tut mir leid, Sir.« Die Angestellte machte sich daran, die Formulare wieder einzusammeln.
»Gestatten Sie«, sagte Setrakian und wollte ihr den Stift zurückgeben, doch auch hier vermied sie es, ihn erneut zu berühren. »Ich würde mir gerne die im Katalog verzeichneten Gegenstände ansehen, bevor ich eine Entscheidung treffe.«
»Tut mir leid, aber das ist allein den Bietern vorbehalten. Wie Sie wissen, erfordern bestimmte Gegenstände höchste Sicherheitsvorkehrungen und …«
»Das Occido Lumen , nehme ich an?«
Sie schluckte leise. »Ganz recht. Dieses Objekt ist sehr … sagen wir, geheimnisumwittert. In Anbetracht der gegenwärtigen Situation in der Stadt und der Tatsache, dass es in den letzten zwei Jahrhunderten keinem Auktionshaus gelungen ist, das Occido Lumen erfolgreich zu versteigern - nun, man muss nicht abergläubisch sein, um unsere Wachsamkeit nachvollziehen zu können.«
Setrakian räusperte sich. »Finanzielle Überlegungen spielen
sicher ebenfalls eine nicht unerhebliche Rolle. Weshalb sollten Sie sich sonst zu einer solchen Auktion entschließen? Offensichtlich ist Sotheby’s der Meinung, dass der Erlös die Risiken, die eine Versteigerung des Occido Lumen mit sich bringt, aufwiegen wird.«
»Über unsere Geschäftspolitik kann ich Ihnen leider keine Auskunft geben.«
»Bitte.« Setrakian legte die Hand so vorsichtig auf die Tischplatte, als würde er ihren Arm berühren. »Nur ein einziger Blick? Einem alten Mann zuliebe?«
Ihre Augen über der Maske blickten ihn teilnahmslos an. »Tut mir leid, das geht nicht.«
Setrakian seufzte. Dann sah er Vasiliy an und nickte.
Als hätte er nur darauf gewartet, kam der Kammerjäger nach vorne, zog sich die Maske vom Gesicht und zeigte seinen Dienstausweis vor. »Ich bedaure, Sie damit zu belästigen, aber ich muss sofort den Leiter der Gebäudeverwaltung sprechen.«
Etwa fünfzehn Minuten später führte der Leiter der Gebäudeverwaltung Setrakian und Vasiliy in das Büro des Direktors der New Yorker Niederlassung von Sotheby’s.
»Was hat das zu bedeuten?«, fragte der Direktor empört.
»Dieser Gentleman hier besteht darauf, das gesamte Gebäude evakuieren zu lassen«, erwiderte der Gebäudeverwalter, der unter seiner Maske schwer atmete.
»Wie bitte?«
»Er ist bevollmächtigt, das Gebäude für zweiundsiebzig Stunden räumen zu lassen und eine Generalinspektion durchzuführen.«
»Zweiundsiebzig Stunden … Und die Auktion?«
»Die ist abgesagt«, sagte Vasiliy und zuckte bekräftigend mit den Schultern. »Es sei denn …«
Die Miene des Direktors verfinsterte sich hinter seiner Maske. »Die ganze Stadt geht vor die Hunde - und Sie haben nichts Besseres zu tun, als sich bestechen zu lassen?«
Der Kammerjäger grinste breit. »Um die Wahrheit zu sagen - aber das sieht man wahrscheinlich ohnehin auf den ersten Blick -, bin ich ein großer Kunstliebhaber.«
Und so wurde Vasiliy und Setrakian ein beaufsichtigter Zugang zum Occido Lumen gewährt, das in einem
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