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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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schmälerten, ließen sie ihn ein wenig derb wirken.
    Ohne nachzudenken, folgte ich der Kusche, die im dichten Verkehr nicht schneller vorankam als ein rasch dahinschreitender Fußgänger. Ich wollte wissen, wo Luis wohnte, denn er war nicht nur ein Freund von Ramón, sondern auch ein Verwandter der alten Frau.
    An der Steinmauer, neben dem Tor des palastähnlichen Gebäudes, vor dem die Kutsche hielt, prangte dasselbe Wappen. Das Haus stand in der Nähe der Alameda in einer Straße, wo sich einige der prächtigsten Villen der Stadt befanden. Offenbar war Luis der Spross einer bedeutenden neuspanischen Familie.
    Ich prägte mir das Haus ein und nahm mir vor, es zu einem späteren Zeitpunkt gründlich in Augenschein zu nehmen.
    Nachdem die Kutsche auf das Grundstück gerollt war, wandte ich mich zum Gehen. Als ich mich entfernen wollte, fuhr eine weitere Kutsche vor. Ich hielt inne und tat, als betrachte ich etwas auf dem Boden, in der Hoffnung, einen Blick auf die alte Dame zu erhaschen, die sicher in dieser Kutsche saß.
    Die Kutsche blieb vor dem Haupttor stehen, und eine junge Frau stieg aus. Ich näherte mich und spielte schon mit dem Gedanken, meine Fähigkeiten als Bettler zu erproben, als sie sich umdrehte und mich ansah.
    Heilige Muttergottes! Ich starrte in das Gesicht eines Geistes.
    In den Jahren seit unserer letzten Begegnung war sie eine Frau geworden. Und was für eine! Eine Schönheit, so als hätte Michelangelo sie gemalt, während ihm Gott den Pinsel führte.
    Der Mund blieb mir offen stehen, und ich taumelte auf weichen Knien auf sie zu. »Ich dachte, Ihr wäret tot!«
    Sie stieß einen leisen Schrei aus, als ich in meiner Verkleidung auf sie zugestürzt kam.
    »Nein, nein, ich bin es - aus Veracruz. Man hat mir gesagt, Ihr wäret tot.«
    Der Torhüter ging mit einer Peitsche auf mich los. »Schmutziger Bettler!«
    Ich fing den Schlag mit dem Unterarm ab. Bevor ich zu meinem Kreuzzug gegen die Aufständischen aufgebrochen war, hatte ich mir auf Mateos Rat hin die Arme gepanzert. Nachdem ich die Peitsche mit dem rechten Unterarm abgewehrt hatte, trat ich einen Schritt vor und hieb dem Wärter die Metallplatte an meinem linken Arm ins Gesicht.
    Elénas Kutscher sprang vom Bock, und ich hörte Fußgetrappel auf dem Hof. Also lief ich um die Kutsche herum, rannte über die Straße und flüchtete mich zwischen die Häuser.
    Ich kehrte nach Hause zurück, um mir den Bart abzurasieren und meinen schmutzigen, zerschlissenen Hut und das Hemd mit anderen Lumpen zu vertauschen, bevor ich meine Ermittlungen unter den Sklaven fortsetzte. Meine Nase würde zwar erst in ein paar Tagen abschwellen, doch niemand würde mich erkennen, da alle einen bärtigen lépero suchten. Gewiss würde man glauben, dass ich Eléna hatte überfallen wollen. Und ein lépero, der einen Spanier angriff, wurde für den Rest seines Lebens in die Silberminen geschickt.
    Ich wünschte, ich hätte Luis, nicht dem Wachmann ins Gesicht geschlagen. Allerdings war ich so begeistert, Eléna gefunden zu haben, dass ich die Gefahr fast vergaß.
    »Sie lebt!«, dachte ich mit klopfendem Herzen.
    Warum hatte der Diener behauptet, sie sei tot? Hatte er sich geirrt oder stellte das Gemälde gar nicht Eléna dar? Nachdem ich eine Weile gegrübelt hatte, kam ich zu dem Schluss, dass sich Eléna und das Mädchen auf dem Bild zwar sehr ähnelten, aber eher so, wie man es bei Schwestern erwartete. Ganz gleich, wie die Lösung des Rätsels lautete, jedenfalls war Eléna am Leben.
    Doch wie sollte ich, ein Halbblut, ein Wesen, das noch unter den Schweinen angesiedelt war, Anspruch auf eine spanische Schönheit, die Verlobte eines Adligen, erheben? O Gott, fiel es mir schlagartig ein, vielleicht war sie ja schon mit Luis verheiratet. Wenn das stimmte, würde ich ihn töten müssen, um seine Witwe zur Frau nehmen zu können.
    Aber sie kannte mich nur als lépero auf der Straße. Wann würde ich die Lumpen endlich ablegen dürfen? Welche Möglichkeit hatte ich, schmutzig und verwahrlost, wie ich war, das Herz einer dunkeläugigen spanischen Schönheit zu erobern? Konnte ich Eléna dazu bringen, mich, den Prinzen der Bettler, zu lieben?
    Sie würde mich nur als ebenbürtig anerkennen, wenn ich über Reichtum und Macht verfügte.
    Ich grübelte darüber nach, wie ich wohl zu Geld kommen könnte. Mateo, der ständig über unsere leeren Taschen jammerte, hatte erzählt, er habe früher gut mit dem Handel mit verbotenen Büchern verdient.
    Wahrscheinlich würde ich

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