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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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kleinere folgten, flohen die Leute panisch in die Kirchen.
    Obwohl wir den Mitarbeiter des Münzamtes beschatteten, kamen wir nicht dahinter, an wen er die Liste mit den Karawanen weitergab. Allerdings war es eindeutig wieder geschehen, denn es fand abermals eine Reihe von Überfällen statt. Die Banditen hatten genau gewusst, welche Maultierkarawanen das Silber beförderten.
    Je länger wir den Mann beobachteten, desto mehr zweifelten wir an seiner Schuld. Dennoch verfügte außer ihm niemand über Zugang zu dem Wissen. Der Bote, der die Listen überbrachte, erhielt von ihm versiegelte Umschläge. Hätte der Bote diese geöffnet, hätten es die Empfänger sofort bemerkt.
    Der Verdächtige lebte allein in einem bescheidenen Haus und hatte nur einen einzigen Diener. Mateo und ich behielten die beiden abwechselnd im Auge: Keiner von ihnen hatte Gelegenheit, das Verbrechen zu begehen.
    Mateo ließ sich einen Bart wachsen, und ich hörte auf, meinen zu stutzen. Schließlich war uns beiden wenig daran gelegen, als Verfasser der abgesetzten Stücke erkannt zu werden, über die die ganze Stadt sprach.
    Ein Besuch in einer Goldschmiede verriet mir schließlich, an wen der Mitarbeiter des Münzamtes die Listen weitergab. Don Julio hatte mich geschickt, um eine Goldkette und ein Medaillon abzuholen, die er Isabella zum Geburtstag schenken wollte. Während ich im Laden wartete, kam ein Mann herein und bestellte einen Ring für seine Frau. Es handelte sich um einen sehr teuren Ring - und der Mann war der Bote, der die Listen nach Norden zu den Bergwerken brachte.
    Der Bote konnte die vollständige Liste einzig und allein vom Mitarbeiter des Münzamtes erhalten haben. Und endlich ging mir ein Licht auf, wie die beiden es angestellt hatten. Der Mitarbeiter des Münzamtes, den wir beschatteten, steckte mit dem Boten unter einer Decke. Er händigte ihm nicht nur die Listen für die Bergwerksbesitzer aus, sondern auch eine zusätzliche Abschrift, die für die Banditen bestimmt war. Die Übergabe selbst hatten wir nie beobachten können, weil sie im Gebäude des Münzamtes stattfand.
    Als die neue Liste fertig war, folgten Mateo und ich dem Reiter nach Norden. Wir wussten genau, in welcher Reihenfolge er die Bergwerke aufsuchen würde. Doch seinen Treffpunkt mit den Banditen kannten wir nicht.
    Wir ritten in nördlicher Richtung nach Zacatecas und hefteten uns an die Fersen des Boten. Da auf der Straße reger Verkehr herrschte, konnten wir uns unter die Kaufleute, Maultierkarawanen und Regierungsbeamten mischen, die zu den Bergwerken unterwegs waren.
    Da sich alle Überfälle auf die Silbertransporte in der Umgebung von Zacatecas ereignet hatten, waren wir ziemlich sicher, dass der Bote die Liste erst nach Ankunft in der Stadt weitergeben würde, die man die Silberhauptstadt der Welt nannte.
    Zacatecas galt als heißes Pflaster. Eine Spielkarte konnte darüber entscheiden, ob man ein Vermögen machte oder eines verlor, und ein Menschenleben war keinen Pfifferling wert. Obwohl Mateo hier eigentlich in seinem Element hätte sein müssen, hielt sich seine Vorfreude zu meinem Erstaunen in Grenzen.
    »Angeblich soll es eine Großstadt sein, doch es fehlt das gewisse Etwas. Barcelona, Sevilla, Rom, Mexiko - das sind richtige Städte, die die Jahrhunderte überdauern werden. Wie der Don sagt, ist Zacatecas ein Heringsfass. Wenn die Fische aufgegessen sind, ist es vorbei mit Zacatecas. Außerdem kommen hier hundert Männer auf eine Frau. Wie kann sich Zacatecas eine Stadt schimpfen, wenn ein Mann sich mit sich selbst begnügen muss. Es ist eine Stadt ohne Liebe und Ehre.«
    Eigentlich hätte ich wissen müssen, dass er eine Stadt nach ihren Frauen beurteilen würde. Es lag nun einmal im Wesen eines Ritters, für die Liebe und die Ehre zu leben und im Kampf für diese Werte zu sterben.
    Zacatecas war in eine Senke zwischen einigen Hügeln gebaut worden, die um einiges höher lag als das Tal von Mexiko. Auf den Hügeln wucherten Gebüsch und verkrüppelte Bäume. Das gesamte Bergbaugebiet war eine verdorrte Einöde, in der es nur wenige Flüsse und auch kaum bewirtschaftete Felder gab. In der Mitte der Stadt lag ein großer Platz, über dem sich eine Kirche und der Palast des Alcalde erhoben. Die Häuser der Wohlhabenden, von denen einige Palästen ähnelten, standen in den Seitenstraßen, die davon abgingen. An der Stadtgrenze drängten sich die Elendsviertel der Indios, der ehemaligen Sklaven und der Mulatten.
    Unterwegs hatten wir Abstand zu

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