Das Blut der Azteken
Rechtschaffenheit und Ehrbarkeit bürgen könne. Allerdings ist bei unserem Unternehmen große Verschwiegenheit vonnöten, und darüber hinaus müssten wir über die finanzielle Lage jedes Investors im Bilde sein.«
Mit anderen Worten, vertrauten sie mir nicht - und sie waren nicht sicher, ob ich die Schuld klaglos auf mich nehmen würde.
»Tja, amigo , dann vielleicht beim nächsten Mal…«, antwortete ich.
Soto tätschelte mir den Arm. »Möglicherweise könnten wir beide ja gemeinsam etwas in die Wege leiten.«
Ich konnte mir ein Grinsen kaum verkneifen.
»Meine Geschäftspartner verfügen - wie soll ich es ausdrücken - über mehr flüssige Mittel als ich. Im vergangenen Jahr habe ich eine große Hacienda in der Gegend von Taxco gekauft, was ein ziemliches Loch in meine Barschaft gerissen hat.«
»Was schlagt Ihr vor, Don Miguel?«
Er breitete viel sagend die Hände aus. »Dass wir Partner werden. Ich verkaufe Euch ein Stück von meinem Anteil am Geschäft.«
»Erzählt mir mehr über dieses Geschäft, an dem ich mich beteiligen soll.«
»Mein guter Freund, obwohl ich Euch kaum kenne, liebe ich Euch wie einen Bruder. Ich werde Euch die Unternehmung bis in die kleinste Einzelheit schildern. Allerdings muss ich vorsichtig sein. Schließlich sind wir uns erst vor ein paar Tagen begegnet.«
»Aber, Don Miguel, wir Ihr bereits gesagt habt, sind wir wie Brüder.«
»Schon, doch Abel hatte ebenfalls einen Bruder. Zuerst werden wir ein paar Mal zusammen essen und trinken und uns ein wenig näher kennen lernen. Doña Maria Luisa, meine Frau, würde Euch morgen Abend gern an unserer Tafel begrüßen. Jemand, den Ihr kennt, wird auch zugegen sein.«
Für Überraschungen hatte ich gar nichts übrig, vor allem wenn sich herausstellen sollte, dass Eléna der geheimnisvolle Gast war. Doch ich konnte die Einladung nicht ablehnen. Soto würde mich erst in seine Geschäfte einweihen, wenn er mich besser kannte.
»Ich fühle mich geehrt. Aber sagt mir bitte, welcher meiner Freunde noch da sein wird. Nicht etwa mein Schwiegervater, der Schweinezüchter?«
Soto lachte auf. »Wenn er sich in Neuspanien blicken lässt, nähen wir ihn in eine Schweinsblase ein und schicken ihn postwendend nach Hause. Nein, es ist ein alter Freund Eures Vaters, Don Silvestre Hurtado.«
Es war, als täte sich ein Abgrund vor meinen Füßen auf. Offenbar sah man mir die Bestürzung an.
Soto klopfte mir auf den Rücken. »Ihr habt vergessen, dass Don Silvestre ebenfalls hier lebt. Aber Ihr wart ja ein Junge, als er Spanien verlassen hat. Ihr müsst siebzehn oder achtzehn gewesen sein.«
»Ja, so ungefähr.«
»Sorgt Euch nicht, Amigo. Ich habe mit dem Don gesprochen. Die Angelegenheiten, über die Euer Vater ihm geschrieben hat, bleiben unser Geheimnis. Es war sehr schlau von Euch, Euer Vermögen mit der Mitgift einer Schweinehirtin zu erklären. Meine Lippen sind versiegelt, Amigo. Die Sache ist zwar sehr ernst, doch nun genug vom Geld…« Er zuckte die Achseln. »Wenn wir mit unseren Geschäften genug verdient haben, könnt Ihr eine Verhaftung vermeiden, indem Ihr das Geld zurückzahlt. Außerdem könnt Ihr die geschändete Ehre des Mädchens wiederherstellen oder wenigstens dafür sorgen, dass sie und das Kind in besseren Umständen leben.«
Ich verließ Soto, nachdem ich ihm versprochen hatte, am Samstag bei ihm zu erscheinen. Da heute Donnerstag war, blieb mir noch ein Tag, bevor mich eine wütende Menge für meine Betrügereien in Stücke reißen würde. Ich hatte keine Ahnung, wovon Soto gesprochen hatte. Geheimnisse? Mitgift? Die geschändete Ehre eines Mädchens? Ach, du meine Güte!
Jaime, der lépero, kauerte wartend da, als ich auf die Straße trat. Ich winkte ihn zu mir.
»Ich brauche später deine Hilfe. Komm zum Gasthof, wenn es dunkel ist.«
»Sí, Señor. Aber ich will mehr Geld, denn meine Mutter ist sehr krank.«
»Du hast keine Mutter, du wurdest vom Teufel gezeugt.« Ich warf dem kleinen Lügner einen Real zu. »Bring mich zu einem Indiozauberer, der Tränke verkauft.«
Er grinste mich an. »Braucht Ihr einen Liebestrank?«
Ich stöhnte auf. »Nein, etwas, um die Wogen zu glätten.«
Ein alter Freund der Familie also. Soto hatte mir erzählt, der alte Mann lebe bei seiner Tochter. Er sei halb blind und könne nur noch mithilfe eines Monokels sehen. Doch ganz gleich, wie schlecht seine Augen auch sein mochten, er würde mich als Betrüger enttarnen. Außerdem war der alte Mann nur eines meiner vielen Probleme.
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