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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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veranstalten, zu der alle blaublütigen Familien der Kolonie eingeladen waren, sollte es nur eine schlichte Trauung in den Gemächern des Vizekönigs geben, die der Erzbischof vornehmen würde.
    »Du machst ein Gesicht wie Montezuma, der gerade festgestellt hat, dass Cortés doch kein Aztekengott ist.«
    »Heute heiratet Eléna. Bestimmt wird sie in diesem Moment getraut.«
    »Außerdem ist heute unser Tag des Jüngsten Gerichts. Die Männer des Vizekönigs werden uns überall auf den Straßen suchen. Wenn unser Plan fehlschlägt und es nicht zu einem Aufstand kommt, ist es aus und vorbei mit uns.«
    Jaime, der lépero, kannte zwar einige unserer Sünden, wusste aber nicht, was wir weiter vorhatten. Ramón, Luis und der Vizekönig würden vielleicht dahinter kommen, dass ich das Lagerhaus angezündet hatte, doch sie hatten keine Ahnung, welchen Zweck ich damit verfolgte.
    Als léperos verkleidet und die Schwerter unter zerlumpten Mänteln versteckt gingen wir auf die Straße. Wir steuerten auf den Marktplatz zu, auf dem der Mais verkauft werden würde. Dort herrschte bereits Tumult. Vor den Buden der Maishändler hatte sich eine große Menschenmenge versammelt. Die Händler versteigerten buchstäblich ihren Mais an den Meistbietenden. Und die Bieter waren die Diener der wohlhabendsten Familien in der Stadt.
    »Für uns bleibt nichts mehr übrig«, hörte ich die Leute murren.
    »Es ist ungerecht!«, rief Mateo. »Meine Kinder verhungern! Essen und Gerechtigkeit!«
    »Meine Familie hungert!«, brüllte ich. »Was soll ich ihr zu essen geben? Meine Schuhsohlen?«
    »Die Männer des Vizekönigs haben das Lagerhaus angezündet, um die Preise zu erhöhen!« Dieser Einwurf kam vermutlich von jemandem, den wir dafür bezahlten.
    Zehn Wachen des Vizekönigs standen am Rand der Menge und schienen sich sichtlich unwohl zu fühlen, denn die Leute auf dem Platz waren ihnen zahlenmäßig ums Zehnfache überlegen. Ein berittener Offizier beobachtete mich und Mateo.
    »Wir alle werden verhungern!«, schrie Mateo. »Das ist die Schuld des Vizekönigs. Er stopft sich mit gemästeten Kälbern voll, während unsere Kinder weinend in unseren Armen sterben!«
    »Ich brauche Nahrung für meine kleinen Kinder!«, kreischte eine alte Frau. Obwohl die letzte Geburt bei ihr sicher schon einige Jahrzehnte zurücklag, stimmte ich in ihr Klagen ein, und bald forderten auch andere Frauen Lebensmittel.
    Zwischen den Händlern und den Leuten, die verlangten, den Mais zu vernünftigen Preisen kaufen zu können, brach Streit aus. Es kam zu Rempeleien und Handgemengen, und die Wut schaukelte sich zunehmend hoch. Die Bevölkerung war bereits erbost, und ihr Zorn steigerte sich mit jeder neuen Demütigung. Die Menschen gaben einander Mut, und auch solche, die sonst wie geprügelte Hunde vor der Peitsche eines Sporenträgers geflohen wären, riefen nun nach Nahrung und Gerechtigkeit.
    Der Offizier befahl seinen Männer, ihm zu folgen, bahnte sich einen Weg durch die Menge und hielt schnurstracks auf Mateo und mich zu. Wir rissen Steine aus dem Pflaster und warfen sie. Als der Offizier seinem Pferd die Sporen gab, teilte sich die Menge. Mein Stein ging daneben, doch der von Mateo traf den Helm des Mannes. Als er nah genug herangekommen war, zerrte Mateo ihn vom Pferd. Ein Schuss fiel, und die alte Frau, die wegen ihrer nicht vorhandenen Kinder geklagt hatte, sank zu Boden.
    »Mord!«, rief Mateo. »Mord!«
    Hunderte von Kehlen stimmten in den Ruf ein. Die Gewalt breitete sich aus wie das Feuer im Lagerhaus. Die anderen Soldaten rückten vor und drängten sich durch die Menge zu ihrem Offizier, doch die Leute packten sie und prügelten sie ordentlich durch.
    Zorn und Wut hatten sich nicht nur wegen der Lebensmittelknappheit entladen wie ein Vulkan, sondern auch, weil diese Menschen ein Leben lang behandelt worden waren wie Abschaum. Bald stürmten die Leute die Buden der Maishändler.
    Mateo stieg auf das Pferd des Offiziers und hob sein Schwert. »Zum Palast des Vizekönigs«, verkündete er. »Für Nahrung und Gerechtigkeit!«
    Er half mir hinter sich in den Sattel. Die Leute folgten uns vom Marktplatz, und es wurden von Meter zu Meter mehr. Es dauerte nicht lange, bis eine zweitausendköpfige Menschenmenge über den Platz tobte und die Läden der Kaufleute plünderte.
    Rasende Wut hatte das Volk ergriffen, als es sich dem Palast näherte.
    »Gold!«, schrie Mateo und wies auf den Palast. »Gold und Nahrung!«
    Tausende von Stimmen wiederholten seinen

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