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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Krieger durch den Hohepriester angewiesen, jedem getöteten Feind und jedem Gefangenen ein Ohr abzuschneiden.
    Zweitausend Ohren lagen auf dem Boden.

34
    Auch wenn wir den Tolteken ihre Hinterlist heimgezahlt und etwas Land in Anáhuac erhalten hatten, war unsere Bestimmung als Herrscher der einen Welt noch immer nicht erfüllt.
    Da wir der kleinste der nördlichen Stämme waren, fiel auch unser Anteil an dem Tal, ein Stück Land am See Texcoco, dementsprechend gering aus. Auf dem fruchtbaren Boden gediehen Mais und andere Gemüse, doch fast die Hälfte des uns zugeteilten Gebiets bestand aus Sümpfen, in denen nur Schilf und Seerosen wucherten.
    Man hatte den Mexicas den Sumpf gegeben, um sicherzugehen, dass sie nicht so schnell wie andere Stämme wuchsen und zu Wohlstand kamen. Obwohl die übrigen Stämme vor nicht allzu langer Zeit ebenfalls Barbaren gewesen waren und die Tierhäute erst kürzlich mit Baumwollkleidung vertauscht hatten, wurden wir selbst von unseren Verbündeten gehasst. Sie lehnten es ab, dass wir unsere Gefangenen opferten, um die Götter zufrieden zu stellen, anstatt sie als Sklaven in den Feldern oder beim Hausbau arbeiten zu lassen.
    Trotz des minderwertigen Landes nahm unser Reichtum zu. Da wir direkt am See lebten, lernten wir, Fische zu fangen und Entenfallen aufzustellen. Bald tauschten wir diese Waren gegen die auf höher gelegenem Gelände angebauten Feldfrüchte. Dank der ausreichenden Nahrung und weil wir immer wieder die Frauen anderer Stämme raubten, verdoppelte sich unsere Bevölkerung innerhalb einer Generation.
    Während unsere Kraft wuchs, gewann ein größerer Stamm die Vormachtstellung im Tal. Die Azcapotzalco waren mächtig, und wir mussten ihnen Tribut zahlen.
    Der Herr von Culhuacan trieb im Auftrag der Azcapotzalco die Tributzahlungen ein und wäre am liebsten Herrscher des ganzen Tals geworden. Die Azcapotzalco griffen uns in großer Zahl an. Doch weil wir in unseren Booten die Herren des Sees waren, gelang es uns, den Feinden zu entfliehen. Im See gab es zwei kleine felsige Inseln, auf die niemand Anspruch erhob. Da es sonst keinen Ausweg gab, legte mein Volk dort an.
    Als man mein Totem auf eine der Inseln brachte, sah ich auf einem Kaktus einen Adler, der eine Schlange im Schnabel hielt.
    Es war ein Zeichen, eine Botschaft der Götter, dass wir uns für den richtigen Ort entschieden hatten.
    Ich nannte die Insel Tenochtitlán.
    Auf unser Land konnten wir nicht zurückkehren, da die Azcapotzalco es in Besitz genommen hatten. Die Hälfte unseres Volkes wurde eingefangen und versklavt.
    Doch ich sagte meinem Volk, es sei nun an dem Ort angekommen, an dem sich sein Schicksal erfüllen würde. Ich war empört über die Azcapotzalco. Wie die anderen Stämme im Tal verehrten sie ihre Götter nicht, wie es sich geziemte. Und außerdem hatten sie den Gott der Mexicas beleidigt. Wir schworen Rache, aber diese würde warten müssen, bis wir stark genug waren, um den Feind zu besiegen.
    Die Inseln waren leicht zu verteidigen und schwer anzugreifen. Der See schenkte uns einen Reichtum an Fischen, Fröschen und Wasservögeln, den wir gegen Mais und Bohnen eintauschen konnten.
    Als wir bemerkten, dass sich rings um die Bäume im flachen Wasser winzige Inseln bildeten, lernten wir, schwimmende Gärten anzulegen.
    Große Weidenkörbe, jeder länger und breiter als ein erwachsener Mann, wurden am Grund des Sees verankert und mit Erde gefüllt. In der fruchtbaren Erde gediehen die Pflanzen gut. Und im Laufe der Zeit wurde die Insel durch diese Körbe immer größer.
    Als Gott des Krieges war es meine Pflicht, mein Volk darin zu unterweisen, wie es seine Bestimmung erfüllen konnte, jetzt, nachdem es an dem ihnen von Tenoch verheißenen Ort angekommen war. Wir würden ein Volk von Kriegern sein und alle Anstrengungen darauf verwenden, die tapfersten Kämpfer der einen Welt hervorzubringen.

35
    Von der Spitze eines hohen Tempels aus beobachtete ich, wie Generationen geboren wurden und starben und wie sich Tenochtitlán zu einer stolzen Stadt entwickelte. Durch Eheschließungen und Kriege war mein Volk mächtig geworden, doch wir waren noch immer von größeren Königreichen umgeben. Außerdem litten wir Unterdrückung durch die Azcapotzalco, deren Vassallen wir weiterhin waren.
    Die von mir gegründete Kriegergesellschaft hatte das tapferste Heer der einen Welt hervorgebracht. Trotz ihrer geringen Größe war die Armee der Mexicas schneller, durchhaltefähiger und mutiger als die aller

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