Das Blut der Azteken
verärgerte und beleidigte er Tezcatlipoca, den Gott der Hexenmeister und Zauberer, und dieser rächte sich an ihm. Er machte Quetzalcóatl betrunken, und als der nicht mehr Herr seiner Sinne war, lag er bei seiner eigenen Schwester. Beschämt von dieser Sünde, floh er aus Tula und segelte ins östliche Meer hinaus. Aber er schwor, eines Tages zurückzukehren und sich sein Königreich zurückzuholen.
Quetzalcóatl ist einer deiner göttlichen Vorfahren, doch es gibt noch viele andere. Der wichtigste ist Huitzilopochtli, der Kriegsgott der Azteken. Er nahm die Gestalt eines Kolibris an und sprach mit der Stimme eines Vogels zu seinem Volk. Huitzilopochtli wird dich leiten.«
Huitzilopochtli. Krieger, Gott, Kolibri, Hexenmeister.
Als ich in den schwarzen Himmel hineinschoss, erkannte ich das Wesen der Dinge. Ich bin Huitzilopochtli.
32
Die Tür, die der Trank mir öffnete, führte mich in eine ferne Welt und Zeit, in der ich ein Aztekenherrscher war.
Und als ich im Sterben lag, sah ich den Weg, den mein Volk einschlagen musste.
Ich bin Huitzilopochtli, und das Volk namens Mexica ist mein Stamm.
Wir kommen aus dem Norden, dem bitteren Land, wo die Erde heiß und trocken ist und der Wind uns den Staub in die Münder weht. Nahrung ist knapp im bitteren Land, und deshalb wandern wir nach Süden, weil wir gehört haben, dass es dort grüne Täler gibt, in denen der Mais so üppig gedeiht, dass ein Mann einen dicken Maiskolben nicht mit beiden Armen umfassen kann. Viele Jahre hat sich der Regengott geweigert, unserem Land Wasser zu geben. Die Menschen litten Hunger, bis sie die Jagd entdeckten. Seither jagen wir mit Pfeil und Bogen nach Wild, das unseren Geschossen nicht entrinnen kann.
Wir Mexica sind ein kleiner Stamm, nur zweihundert Kochfeuer groß. Weil das Land uns nicht ernährt, ziehen wir auf der Suche nach einer Heimat umher. Unser Ziel ist der fruchtbare Süden, wo wir auf Menschen treffen, die bereits dort leben. Das gute Land ist schon verteilt, und unser Stamm ist nicht groß genug, um die anderen von ihren Feldern zu vertreiben.
Ständig sind wir auf der Wanderschaft, auf der Suche nach einem Zufluchtsort. Da wir keine Lasttiere besitzen, müssen wir unsere Habe auf dem Rücken tragen. Vor Morgengrauen stehen wir auf und marschieren, bis die Sonne untergeht. Jeder Mann muss mit Pfeil und Bogen und Messer losziehen, um Wild für unsere einzige Mahlzeit am Tag zu erlegen. Unsere Kinder sterben in den Armen ihrer Mütter an Hunger. Unsere Krieger sind von Hunger und Erschöpfung so geschwächt, dass es einem Mann allein nicht gelingt, einen Hirsch zu tragen, wenn es den Göttern gefällt, dass er einen tötet.
Wohin wir auch kommen, werden wir verachtet. Wir brauchen Sonne und Wasser, doch überall stellen sich uns Menschen in den Weg, und sie verjagen uns, sobald wir einen Ort finden, an dem wir uns ausruhen und Mais anbauen könnten.
Die Leute, die eine Heimat haben, nennen uns Chichimecas, Hundemenschen, und verspotten unsere einfache Lebensweise. Sie bezeichnen uns als Barbaren, weil wir anstelle von Baumwolle Tierhäute tragen, jagen, anstatt Felder zu bestellen, und rohes Fleisch essen, ohne es über dem Feuer zu braten. Sie verstehen nicht, dass wir nicht anders können, wenn wir überleben wollen.
Wir verlangen doch nur ein Stück Land mit Sonne und Wasser, auf dem wir Lebensmittel anbauen können. Wir sind keine Narren, wir suchen kein Paradies. Man sagt uns, dass es im Süden Berge gibt, die manchmal brüllen und Himmel und Erde mit Rauch und Feuer bedecken. Wasser stürzt bächeweise vom Himmel, fließt die Berge hinunter und reißt alles mit, was sich ihm in den Weg stellt. Die Götter lassen den Boden unter den Füßen erbeben, bis sich Spalten auftun und ganze Dörfer verschlingen. Die Winde heulen wild wie Wölfe. Doch in diesem Land gedeihen auch die Früchte des Feldes, und es gibt ausreichend Fisch, Geflügel und Wild. Dort können wir uns niederlassen und überleben.
Für uns ist alles lebendig - die Felsen, die Winde, die Vulkane und die Erde selbst. Alles wird von Geistern und Göttern beherrscht. Wir leben in Furcht vor den zornigen Göttern und versuchen, sie zufrieden zu stellen. Die Götter haben uns aus dem Norden vertrieben. Einige sagen, Mictlántecuhtli brauche unser Land für die Toten, ich aber glaube, dass wir die Götter beleidigt haben. Wir sind ein armes Volk und können ihnen kaum Opfer darbringen.
Ich liege im Sterben.
Als wir aus einem Dorf verjagt werden,
Weitere Kostenlose Bücher