Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen
sicheren Geleit von Joes Indianerpaß die canadische Grenze überschritten hatten, warteten neue ablenkende Erlebnisse und Überraschungen auf sie. Im Gebiet der sanften waldigen Hügel jenseits der Grenze fanden sie ihre Verwandten, stolze freie Rancher, und sie wurden reiche Reisende, denn sie erhielten die Pachtgelder für ihre Wiesen, die Inya-he-yukan der Alte aus seinem Besitz seinem Wahlsohn Joe King vermacht hatte.
»Was tun wir mit soviel Geld, Inya-he-yukan?«
»Das nehmen wir mit nach Hause. Für die Reise haben wir genug mitgebracht.«
Hanska schrak zusammen. Inya-he-yukan wunderte sich über sich selbst. Er hatte aus der Gewohnheit heraus gesprochen. Queenie, die Ranch, die Zwillinge, die Schüler hatten ihn im Besitz. Aber das Gespenst geisterte darum umher und suchte den Schlüssel, um einzudringen.
Joe ging mit den Kindern zu jener Blockhütte auf der Höhe, die des alten Inya-he-yukan Wohnstatt gewesen war, ehe er in das Tal der weißen Felsen zurückgekehrt war, um sich in der alten Heimat einen Sohn zu suchen, nachdem sein leiblicher Sohn umgekommen war. Joe, Hanska und Wakiya blickten wieder über das weite Land, und die Größe der ehemaligen Heimat der Indianers wollte den beiden Kindern fast den Atem nehmen. Sie schliefen miteinander in dieser Hütte, in der die Erinnerung an den Toten noch lebendig war. Viele alte Beutestücke, Büchsen, Flinten, Bogen, Felle, Hörner und Geweihe hingen an den Wänden. Die Kinder wären gern dageblieben. Aber Joe drängte ohne Ruhe und setzte die Reise westwärts fort. Am Horizont erschienen die Umrisse des großen Felsengebirges. Die Wanderer fanden neue Unterkunft bei ihren Verwandten vom Stamme der Siksikau. Die Schwester des alten Inya-he-yukan hatte einst in diese Familien eingeheiratet. Was dort die Sinne und Gedanken in Anspruch nahm, waren nicht Land, Wiesen und Wälder. Es waren die Werke des Menschen, des Indianers. Ein großes Stammesrathaus, ein überdachter Sportplatz, für den Winter, lichte Ranchhäuser, eine Siedlung für die Alten mit Elektrizität, Wasser, Gas erschienen vor Wakiyas und Hanskas staunenden Augen. Hunderte von Kühen weideten auf den Wiesen des Vetters Collins, und die Herde seiner bucking horses flog über die Prärie.
Hanska war in seinem Element wie der Fisch im Wasser. Collins lachte, und es war an ihm zu staunen.
»Joe, du hast deinen Nachfolger für Calgary!«
»Habt ihr auch Büffel?« Mit dieser Frage lenkte Wakiya geschickt auf die Leistung seines Wahlvaters hin, die neben der des großen Ranchers nicht im Schatten stehen sollte.
»Büffel!? Nein, noch nicht. Gedeihen die euren?«
»Ja. Sie haben Kälber.«
»Gut, gut.«
Mitten in diese klare Luft der Arbeit, der Leistung, des Erfolges und der neuen Eindrücke, die von Joe und seinen beiden Pflegesöhnen allmählich tief eingeatmet wurde, gelangte eines Abends ein merkwürdiges Gesicht.
Collins hatte einen Gast, den er mit großer Ehrerbietung behandelte. Es war ein Mann in mittleren Jahren. Sein Blick hatte jenen Ausdruck, der die Augen der Zaubermänner zu kennzeichnen pflegte und der gleicherweise aus einem starken Willen, die Fähigkeit, in andere hineinzuschauen und sie zu beeinflussen, sowie aus Askese, geheimgehaltenen Künsten und einer Abschließung von allen anderen Menschen zu stammen pflegte.
Hanska graute sich vor den Augen des Mannes, Wakiya forschte im stillen und dachte an den Alten mit den toten Augen, Joe begegnete der fremden Erscheinung wie ein Gleichberechtigter, der nicht weniger Geheimnisse kennt und besitzt. Eben die Haltung von Hanska und die von Joe schienen den Alten zu reizen und zu locken, wenn er das zunächst auch nur mit den Wellen seiner stummen Aufmerksamkeit verriet und lange kein Wort an die beiden richtete.
Der Grund seines Kommens war und blieb unklar. Vielleicht hatte er nichts beabsichtigt, als die Gäste in Augenschein zu nehmen, und das war erreicht.
Collins brachte das Gespräch auf Joes weitere Reisepläne. Joe wünschte sich als Abschluß eine Jagdpartie in dem stammeseigenen Jagdgebiet der Siksikau. Dort hatte er Jahre zuvor mit Inya-he-yukan dem Alten zusammen zwei Luchse erlegt.
Die Erinnerung belebte und befreite. Joes Gesicht leuchtete bei der Erzählung auf.
»Kommst du mit, Vetter Collins?«
»Leider kann ich jetzt nicht weg. Aber du kennst die Strecke zum Revier, und du kennst das Tal und die Höhe, bei denen du mit Inya-he-yukan Harry Okute gewesen bist. Geh mit den Buben dorthin. Irgendein Wild
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