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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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die Stuhlkanten fester. Seine Füße reichten erst knapp zum Boden. Der Mann hatte >verdammt< gesagt. Dieses Wort hatte er aus der Geistersprache entnommen. Verdammt war Joe King! Wußten denn das schon alle?
    »Es ist gut für uns, daß er den Preis gemacht hat.«
    »Gut, ja. Aber was wird er sonst noch alles machen? Mit den Kings gibt es niemals Ruhe.«
    »Der Alte, den er sich aus Canada geholt hat von seiner Mütter Seite, hat geschossen, als einer von uns eine Flasche Brandy trinken wollte.«
    »So sind sie. Saufen und schießen. Das sind die Kings und ihre Frauen.«
    »Aber reiten kann er.«
    »Und wenn er es mit dem Teufel macht?«
    »So sind die Cowboys alle.«
    »Er bringt den ganzen Stamm durcheinander. Auto und Calgary und ein Brunnen! Er ist kein Indianer mehr. Paßt auf, wenn er jetzt den Preis in der Hand hat, läuft er wieder fort.«
    »Er wird durch den Sonnentanz gehen.«
    »Der?«
    »Hüte deine Zunge. Das Sonnenopfer reinigt jeden Mann.«
    Wakiyas Augen wurden groß. »Läßt der Medizinmann ihn zu?« »Er ist schon angenommen.«
    »Noch hat er nicht bestanden. Vielleicht ist er des Teufels.« Im Kopf der Männer mischte sich alte und neue Religion, wie es für sie zusammenpaßte. Manches schien einander nicht fremd.
    »Verdammt.«
    Das war das letzte Wort, das einer der Männer zu der Sache Inya-he-yukan sprach. Wakiya ahnte nicht, wie leichtfertig die Geister dieses Wort gebrauchten und überall verbreiteten. Für ihn lag darin ein unbestimmtes, darum um so drohenderes Grauen.
    Der Reihe nach ging nun jeder zu dem frei im Raum stehenden Stuhl, und bei einem nach dem anderen fielen die abgeschnittenen schwarzen Haare auf das weiße Tuch. Als letzter kam Wakiyas jüngerer Bruder an die Reihe. Er hielt still.
    Eine Woche später sollte das Fest des Sonnentanzes gefeiert werden. Drei junge Männer hatten sich bereit gefunden, das Opfer zu bringen und die Qualen auf sich zu nehmen. Einer von ihnen war Inya-he-yukan.
    Eliza Bighorn wußte nicht, was sie tun sollte. Mit ihrem Mann zusammen war sie immer zu den großen Kulttänzen gegangen, nach seinem Tode noch zuweilen. Aber der Weg war weit, und Wakiya hatte wieder einen stärkeren Anfall gehabt. Sie mochte ihn nicht mitnehmen, da er das Fest stören konnte. Sie mochte ihn nicht allein zu Hause lassen, auch nicht allein mit der kleinen Schwester, und sie wollte die heißen Bitten des jüngeren Bruders, ihn mitzunehmen, nicht abschlagen.
    Es war schwierig, das Rechte zu finden.
    Endlich wußte sie, was sie tun mußte. Sie schickte den jüngeren Bruder zum weit entfernten Nachbarn. Man sah sich selten, aber das Kind würde der Nachbar zu der Feier mitnehmen. Die Mutter blieb mit Wakiya und der kleinen Schwester zu Hause.
    Wakiya sagte nichts zu der Entscheidung. Er hatte nicht mit einem einzigen Wort gebeten, zu dem Sonnentanz gehen zu dürfen.
    Als der Tag der Opferfeier begann, lief er vor Sonnenaufgang hinaus in die Prärie, und die Mutter sah ihn bis zum Abend nicht mehr. Er suchte seinen alten zerstörten Platz auf. Die Erde hatte das Feuer nicht fressen können; den Himmel hatten die Flammen nicht erreicht. Erde und Himmel waren geblieben; die Prärie dehnte sich gelb und dürstend wie in jedem späten Sommer und jetzt weithin ohne irgendeinen Baum und Strauch. Die Einsamkeit war nur stärker geworden durch das Feuer.
    Wakiya blieb Stunde um Stunde an seinem Platz. Die Sonne zog mit rotgolden glänzender Macht herauf, als wisse sie, daß dies der Tag sei, an dem sie geehrt wurde. Sie konnte das Gras aus der Erde locken und Tieren und Menschen die Nahrung geben. Sie konnte das Gras verbrennen und das Wasser austrocknen und Tiere und Menschen sterben lassen. Seit den ältesten Zeiten hatte sie das Opfer der braunhäutigen Männer empfangen.
    Wakiya wußte genau, wie der Tag verlief. Die Mutter hatte es ihm gesagt. Jetzt, um diese Stunde, waren die Opfernden noch im Gebet, ohne Speise und Trank, vom Dufte des heiligen Tabaks gestärkt, den an solchem Tag zu rauchen einen Gruß an die mächtige Sonne bedeutete.
    Wakiya hatte vom Vater gelernt zu denken, ohne mit den Gedanken abzuirren. Er saß an seinem Platz regungslos und blickte nach Osten.
    Er war bei denen, die an diesem Tag der Sonne ihr Leben weihten und es wieder empfangen konnten. Es war aber auch schon geschehen, daß die Sonne ein Leben festhielt und es nicht wieder herausgab. Die Strahlen konnten töten oder neues Leben schenken.
    Inya-he-yukan wollte heute um sein neues Leben ringen. Sein

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