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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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den Gesichtern der Geschworenen erschien die Mißbilligung unverhüllt.
    »Ah, Ihre alte wohlbekannte Taktik, wenn Sie auf einen Freispruch aus Mangel an Beweisen zusteuern!«
    Die Stimmung gefror im Nu.
    Der Gerichtspräsident mischte sich ein.
    »Angeklagter, ich empfehle Ihnen in Ihrem eigenen Interesse, dem Gericht Aufschluß zu geben, warum Sie keine Anzeige erstattet haben, obgleich Sie selbst schweren Schaden erlitten hatten, wie Sie uns nun erzählen wollen.«
    »Ich verweigere die Aussage.«
    Auf der Stirn des alten Präsidenten schwoll die Ader drohend. »Der Ankläger!«
    »Angeklagter! Auf welche Weise ist es zu dem Erdrutsch gekommen, der die gesamte Örtlichkeit verändert und offenbar auch die Leichen verschüttet hat?«
    »Ich habe ihn weder veranlaßt noch verursacht, noch war ich Zeuge. Ich kann darüber keine Aussagen machen.«
    Der Anklagevertreter nickte mehrfach vielsagend.
    »Wie wollen Sie Ihre eigene Darstellung beweisen?«
    »Alle genannten Gründe sprechen für mich. Die protokollierte Aussage des Lastkraftwagenfahrers, der mich als Fußgänger in meinem angeschlagenen Zustand auflas und nach New City mitfahren ließ, liegt dem Gericht vor.«
    »Wie wollen Sie beweisen, daß Sie bedroht waren, als Sie zuerst schossen?«
    »Ich bin bereit, diese Aussage unter Eid zu machen.«
    »Sie sind angeklagt, und Sie sind glücklicherweise nicht unser einziger Zeuge für den Vorgang. Ich schlage dem Gericht vor, daß Missis Dorothy Miller in bezug auf die Aussagen ihres verstorbenen Bruders Harold vereidigt wird.«
    Das geschah.
    Die Zuhörer saßen regungslos da, wie vereist. Auch Wakiya fröstelte von innen heraus. Er hatte Angst um Joe.
    Mary Booth wurde noch als Zeugin vernommen; es kam dabei nichts Neues zutage.
    »Was haben Sie noch zu sagen, Angeklagter?«
    »Ich stelle Antrag, mich freizusprechen. Ich habe in berechtigtem Interesse gehandelt, als ich die Pferdediebe anhielt, und in Notwehr, als ich schoß, denn sie legten trotz meiner Warnung schon auf mich an, und der dritte brachte mich mit seinem Schuß tatsächlich nahezu ums Leben. Die Erzählung des Harold Booth, der meine Unterschrift gefälscht und zwei Pferde widerrechtlich verkauft hat, ist so ungereimt, daß man ihr keinerlei Glauben schenken kann.«
    Der Ankläger beantragte, den Angeklagten zu fesseln. Die Verdachtsmomente seien auf Grund der Aussageverweigerung und des Verhaltens von Mr. King eindeutig, und der Stand der Verhandlung lasse befürchten, daß Joe King als einstiger Gangster, in allen Gewaltakten geschult, an Flucht aus dem Verhandlungsraum denken werde.
    Der Gerichtspräsident gab dem Antrag statt. Der kleinere der beiden Polizisten legte Joe King Handschellen an.
    Der Angeklagte hielt die Hände widerstandslos bereit. Das leise Knacken, mit dem das Schloß zuschnappte, traf Wakiya wie ein Stich ins Herz.
    Ein Angeklagter mit gebundenen Händen, das war für viele der Zuhörer und vielleicht auch für Geschworene schon ein schuldiger Angeklagter.
    Wakiya fürchtete, daß mit den Fesseln das Urteil gesprochen sei. Es ging wie ein Wehen durch den Saal. Zornig blickte Wakiya auf den Gerichtspräsidenten, der die Anordnung gegeben hatte. Ed Crazy Eagle war nicht anzusehen, was er dachte; seine toten Augen sprachen nicht mehr.
    Die Geschworenen zogen sich zur Beratung zurück.
    Joe wurde abgeführt. Die Gerichtspersonen verließen den Raum.
    Der Zuhörerraum aber leerte sich nicht.
    Alle warteten geduldig und mußten verstehen, daß das Urteil noch offen war. Eine Stunde, zwei Stunden vergingen. Wakiya saß auf seinem Stuhl und blickte vor sich hin. Er hatte seine Hand in die der Mutter gelegt, und er schaute, wie die Luft dick angefüllt war mit bösen Gedanken und Lügen, kleinen und großen, Stechmücken und Schlangen. Die guten Gedanken wurden fast erdrückt und erstickt. Wakiya gab immer wieder von seiner Kraft für sie her. Er war ganz bei Inya-he-yukan, der jetzt in dem kleinen Gerichtsgefängnis nebenan hinter einem vergitterten Fenster auf einem Hocker saß und mit niemandem sprechen konnte.
    Sie wollten ihn töten. Töten!
    Wakiya blieb wach und aufrecht, die erste, die zweite und auch die dritte Stunde. Nur einmal wagte er der Mutter etwas zuzuflüstern.
    »Wer ist der Mann, der immer gefragt hat und gar nicht versteht, wie es wirklich gewesen ist?«
    »Sidney Bighorn ist das. Dein Urgroßvater und sein Urgroßvater sind Brüder gewesen. Sidney hat auf einem College gelernt. Da werden sie so.«
    »Was ist das,

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