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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
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meiste Zeit geschlafen hatte, und doch hatte sie bei ihm ein erstaunlich lebhaftes Interesse geweckt, ohne dass er sich dessen zunächst bewusst war.
    Verliebte er sich jetzt etwa auch noch in sie?
    Beatrice konnte nicht älter als Anfang zwanzig sein, sie war anmutig, wohlgestalt und alles andere als gewöhnlich, sowohl was das Äußere als auch ihren Charakter anging. Sie verfügte über eine lebhafte Intelligenz und schnelle Auffassungsgabe und hatte eine liebenswürdige Art, wie sie eher selten unter Frauen aus dem Volk anzutreffen war. Er fand sie anziehend, keine Frage, aber wenn er in sich hineinhorchte, konnte er ausschließen, dass er sie als Frau begehrte.
    Nein, es waren eher väterliche Gefühle, die er ihr gegenüber hegte, eine Art fürsorgliche Zärtlichkeit, die ganz frei war von erotischen Anklängen, er wollte sie glücklich und zufrieden sehen und in Sicherheit vor den vielen Gefahren dieser an Heimsuchungen reichen Zeit.
    Das war der Grund, weshalb der Großmeister gutmütig die Tiraden der jungen Frau über die zahlreichen charakterlichen Mängel ihres Verehrers ertrug.
    Eine ganz neue und unerwartete Erfahrung für ihn, die sein wissbegieriges Wesen faszinierte, ihn aber nicht sonderlich aus der Ruhe brachte.
    Denn schließlich, sinnierte Melchiorri, konnte man hier nur von einer glücklichen Übereinstimmung von Denken und Wesensart sprechen. Es war nichts Ernstes.

KAPITEL L
     
    Zornentbrannt stürmte Fulminacci aus Melchiorris Werkstatt. Er war wütend auf Beatrice, die seit ihrer Rettung nicht aufhörte, ihn mit ihrer ungerechten Kritik und ihren absurden Ansprüchen zu quälen. Er war wütend auf Melchiorri, der sich wie alle anderen Bewohner des Pavillons obendrein über ihn lustig machte. Er war wütend auf diejenigen, wer sie auch waren, die ihn in diesen vermaledeiten Schlamassel hineingezogen hatten, der ihn schon mehrfach beinahe das Leben gekostet hätte. Er war wütend auf die ganze Welt.
    Vor allem aber war er wütend auf sich selbst und auf seine Unfähigkeit, Beatrices Eigensinn und Launenhaftigkeit mit Gelassenheit und Humor zu begegnen.
    Irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Jedes Mal wenn das Gespräch ruhig und freundlich wurde und sich in die von ihm gewünschte Richtung bewegte, machte er durch sein Verhalten alles kaputt.
    Aber er konnte offenbar nichts dagegen tun, denn je mehr er sich anstrengte, heiter und gleichgültig zu wirken, desto mehr brachte sie ihn auf die Palme, indem sie an irgendeinen Nerv seiner widerborstigen, übermäßig stolzen Natur rührte.
    Es war, als würde er sich mit einem geschickten Gegner duellieren, der einen kostbaren Degen aus Toledo als Waffe führte, während er nur einen Zahnstocher in der Hand hielt - ein hoffnungsloses Unterfangen.
    Nur im ersten Moment nach Beatrices Befreiung aus den Kerkern der Inquisition hatten sie beide ihren Gefühlen freien Lauf gelassen. Doch das hatte leider nicht lange angehalten. Kaum war die Freundin in Sicherheit, hatte sie wieder ihr sprödes, schwer durchschaubares Verhalten an den Tag gelegt. Mit solch verzwickten Gedanken beschäftigt, hatte der Maler nicht bemerkt, dass er auf eine Gruppe von Männern zuging, die unter einem großen Maulbeerbaum Schutz vor der brennenden Mittagssonne gesucht hatte. Das war zumindest der erste Eindruck des verärgerten Fulminacci, den aber die verstohlenen Bewegungen der Fremden widerlegten, als sie seiner ansichtig wurden.
    Zwei von ihnen beeilten sich, etwas in einem Gebüsch zu verstecken, waren jedoch nicht schnell genug.
    Der Maler erhaschte ein vertrautes Aufblitzen und erkannte sofort, dass es sich um lange Stichwaffen handelte.
    »Was macht Ihr da?«, verlangte er zu wissen. »Was habt Ihr da gerade versteckt?«
    Er hatte den Satz noch nicht beendet, als er auch schon von den Männern umstellt war und sich ein halbes Dutzend Klingen auf seine Kehle richteten. Fulminacci versuchte auszuweichen, aber der Angriff hatte ihn überrascht, und nun wurden ihm mit eisernem Griff die Arme auf den Rücken gedreht.
    Ein hochgewachsener Mann mit langen Haaren und grau melierten Schläfen trat auf ihn zu und musterte ihn drohend.
    »Wer seid Ihr, Messere?«, fragte er mit starkem französischem Akzent. »Eurer Kleidung nach gehört Ihr nicht zum Dienstpersonal. Haltet ihn gut fest, ich will dieser Sache auf den Grund gehen.«
    »Wie könnt Ihr es wagen, mich gegen meinen Willen festzuhalten?«, brüllte der Maler. »Das ist ein Übergriff! Für diesen Affront werdet Ihr teuer

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