Das Blut-Skelett
seinem Kopf festsetzen, und sie setzten sich fest, was jedoch im Kopf fast eine Explosion auslöste.
Warum nicht? schrien zahlreiche innere Stimmen. Warum bewegt es sich nicht? Warum lebt es nicht? Ich habe jedes Wort des Textes gesprochen! Ich habe nichts falsch gemacht. Ich habe die einzelnen Knochen miteinander verbunden, ich habe ihnen die Farbe des Schwarzen Tods gegeben, die Beschwörungen müssen geholfen haben.
Trotzdem blieb es starr liegen!
Warlock spürte einen inneren Druck wie schon lange nicht mehr. Obwohl er sich nicht rührte, überfiel ihn ein Schwindel, so daß er das Gefühl hatte, sich auf der Stelle zu drehen.
Warlock zwang sich zur Ruhe, auch wenn es ihm nicht leichtfiel. Er durfte nicht durchdrehen, nicht schreiend davonlaufen, sondern mußte noch einmal genau nachdenken.
Vielleicht hatte er eine Zeile überschlagen. Zumindest ein paar Wörter. Oder sie nicht richtig betont. Bei diesen geheimnisvollen Beschwörungen war eben alles wichtig. Aber das konnte es nicht sein. Er kannte sich, die Übung hatte aus ihm den Meister gemacht.
Er hob seine Arme an, bis die Hände sein Gesicht erreicht hatten. Er strich langsam über seine schweißnasse Haut hinweg, hielt dabei die Augen geschlossen und öffnete sie erst wieder, als seine Hände das Gesicht nicht mehr berührten.
Wieder starrte er das Skelett an.
Er schaute hin.
Noch immer.
Es war wie in einem Märchen oder wie in einem Traum, der endlich wahr geworden war.
Die Beschwörung hatte ausgereicht. Von ihm war kein Fehler begangen worden. Zwar bewegte sich das Skelett selbst nicht, es traf auch keine Anstalten, sich zu erheben, aber zwischen den Knochen und innerhalb der Lücken zeigte sich etwas verändert.
Beim ersten Hinsehen sah es so aus, als wäre der Teppich dabei, sich zu bewegen, denn der Samt hatte Falten geworfen, und er ließ sich auch nicht durch den Druck der Knochen stören.
Warlock beugte den Oberkörper jetzt vor und stützte seine Hände auf den Boden. Die Haut berührte den weichen Samt, aber mehr auch nicht. Er hütete sich, Kontakt mit den Knochen zu bekommen.
Etwas quoll und drückte sich aus dem Samt hervor. Oder drang es aus den dunklen Knochen? So genau ließ sich das nicht feststellen, auch wenn sich Warlock konzentrierte. Er atmete angespannt, er sah die schleimige und leicht dicke Flüssigkeit zwischen den Knochen, und er sah auch ihre Farbe.
Sie war rot!
Rot wie Blut!
Warlock’s Herz schlug schneller. Er hatte sich immer als Meister angesehen, nun aber fühlte er sich überfordert. Die Lippen seines offenstehenden Mundes zitterten. Er stellte sich die Frage, wieso Knochen oder Gebeine bluten konnten, denn aus dem Skelett war innerhalb kurzer Zeit ein Blut-Skelett geworden.
Warlock zitterte. Damit hatte er nicht rechnen können. Er hatte gehofft, den Schwarzen Tod an seiner Seite zu haben und kein Skelett, das blutete, was eigentlich schon unwahrscheinlich war.
Bisher war er von den Rätseln des alten Kontinents Atlantis fasziniert gewesen. Das hatte sich in den letzten Sekunden zwar nicht radikal verändert, doch es hatte für ihn einfach eine andere Wertung erhalten. Faszination reichte nicht unbedingt. Es gehörte auch ein entsprechendes Wissen dazu, und das fehlte ihm leider.
War er der Zauberlehrling, der sich übernommen hatte?
Noch immer kniend wich er vom Rand des Samtteppichs zurück.
Dabei ließ er das Objekt nicht aus den Augen, und das Skelett hatte keinen schwarzen Knochen mehr. Überall hatte sich das Blut verteilt, vergleichbar mit einem magischen Schmierstoff, der auch nichts ausgelassen hatte. Er rann über das Gesicht hinweg, hinein in die Augen, drang in den Mund und war so das ideale Schmiermittel.
Und das Blut roch!
Nein, es stank sogar. Es sonderte nicht den Geruch des normalen menschlichen Blutes ab, dieser hier war einfach anders. Ein schwerer, süßlicher Gestank wehte durch den Keller. Er roch alt, nach Verwesung, Grab und Moder. Als hätten die Leichen in den Gräbern nicht nur ihre Knochen abgegeben, sondern auch ihr Blut.
Die gesamte Unterlage war von diesem Blut bedeckt. Und Warlock wußte nicht einmal, woher es so plötzlich gekommen war. Es blieb ihm nur das Raten, und da gab es nur eine Lösung.
Aus den Knochen!
In ihnen war das Blut versteckt gewesen oder hatte sich durch die Worte der Beschwörung bilden können.
Der Knöcherne schwamm im Blut...
Er lag dabei noch immer auf dem Rücken. Seine Lage hatte sich um keinen Deut verändert. Er selbst war nicht
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