Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Blut von Magenza

Das Blut von Magenza

Titel: Das Blut von Magenza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Platz
Vom Netzwerk:
aufgestanden, ging in die Knie und senkte den Kopf.
    „Hast du dich von dem Überfall erholt?“, fragte er und deutete auf den Stuhl, damit sie sich wieder setzte. Er nahm neben ihr Platz.
    Beschämt senkte sie den Kopf. „Ja, ich danke Euch nochmals für Eure Hilfe. War das der Grund, warum Ihr mich holen ließet?“
    „Nicht nur, ich will dich näher kennenlernen“, gab er unumwunden zu. „Mir lässt das Erlebnis vom St. Stephanstag nach wie vor keine Ruhe. Mich wundert immer noch, wohin die Angreifer so schnell verschwanden.“
    Griseldis senkte den Blick. „Das sagte ich doch bereits: Sie rannten in aller Eile durch den Torbogen, als sie Eure Soldaten kommen hörten. Mehr kann ich dazu nicht sagen.“
    Ruthard meinte, ein Zögern zu erkennen und fragte sich, ob sie die Wahrheit sagte. Aber selbst wenn sie es nicht tat, würde er es dabei belassen. „Dann waren meine Wachleute wohl nicht schnell genug“, wiegelte er ab.
    „Kann ich jetzt wieder gehen?“, fragte Griseldis.
    „Hast du es so eilig, von mir fortzukommen? Nun, wo du schon einmal hier bist, könnten wir doch noch etwas plaudern. Du bist eine willkommene Abwechslung zu den Herren des Domkapitels, die ansonsten meine Gesprächspartner sind“, bemerkte er.
    „Wenn Ihr es wünscht, bleibe ich selbstverständlich“, entgegnete sie höflich.
    „Du lebst also noch nicht lange in der Stadt und kommst direkt vom kaiserlichen Hof?“, erkundigte er sich.
    „Das ist richtig.“
    „Und wie stehen dort die Dinge?“
    „Der Kaiser war bei meiner Abreise wohlauf. Allerdings scheinen ihn die andauernden Kämpfe gegen die päpstlichen Truppen zu ermüden. Sie kosten Kraft und Geld und die lange Abwesenheit vom heimischen Boden macht ihn grüblerisch. Man sagt, er fürchtet außerdem, dass sich einer seiner Söhne gegen ihn wenden und mit einem mächtigen Fürsten oder gar dem Feind verbünden könnte, um ihn zu stürzen. Aber über beides spricht er nicht offen.“
    „Woher weißt du dann davon?“
    „Hofklatsch“, lachte sie. „Geredet wird immer, das kennt Ihr doch gewiss auch. Und dahinter verbirgt sich meist ein Körnchen Wahrheit.“
    Ruthard meinte nachdenklich: „Seine Sorgen sind durchaus verständlich. Allein die Erfahrungen aus seiner Kindheit erinnern ihn daran, wie angreifbar seine Position als Herrscher ist. Als sein Vater starb, war er ein Knabe und seine Mutter mit der Erziehung überfordert. Diese Schwäche nutzte Bischof Anno II. von Köln und ließ Heinrich entführen. Offiziell, um dem Elfjährigen eine gute Ausbildung angedeihen zu lassen, in Wirklichkeit aber, um seinen eigenen Machthunger auszuleben. Er plünderte den kindlichen Regenten genauso aus, wie andere es zuvor getan hatten. Heinrich verlor etliche Besitztümer und Einnahmequellen, die er erst später durch lange Kämpfe wiedererlangte. Diese Entführung hat ihn geprägt und seitdem hegt er gegenüber Dritten Misstrauen. Außerdem ist seine Mutter nach wie vor eine schwache Frau und hält zu Papst Urban, seinem ärgsten Feind!“
    „In diesem Zusammenhang habe ich das noch gar nicht gesehen und muss Euch zustimmen“, pflichtete Griseldis ihm bei. „Dennoch halte ich die Angst vor einem Sturz durch seine Söhne für übertrieben. Konrad ist ein junger Mann, der bislang treu zu seinem Vater steht, und Heinrich entwächst gerade erst dem Knabenalter.“
    „Ich sehe das ebenso, auch wenn der Kaiser ein gebranntes Kind ist.“
    Kaiser Heinrich IV. hatte bereits früh erfahren müssen, was es bedeutete, wenn die Fürsten von ihm abfielen. Sein Gegenspieler, Rudolf von Rheinfelden, war ausgerechnet von Bischof Siegfried I. in Mainz zum König gekrönt worden und das, während Heinrich noch Herrscher war. Ganzunbelastet war das Verhältnis der Mainzer Erzbischöfe zum Kaiser also nicht. Nur durch den Gang nach Canossa und den Sieg in der Schlacht bei Hohenmölsen, in der Rudolf von einem Ritter Heinrichs IV. tödlich verletzt wurde, konnte er seine alte Macht wiedererlangen.
    „Ihr meint, solange die Fürsten loyal zu ihm halten, ist seine Position nicht gefährdet?“, fragte sie.
    „So ist es.“
    „Tun das denn auch alle? Jeder von ihnen verfolgt doch auch seine eigenen Interessen, die sich nicht immer mit denen des Kaisers decken, was sich in der Vergangenheit mehr als einmal bewahrheitet hat. Es gab Allianzen gegen ihn. Das könnte jederzeit wieder geschehen.“
    Zwischen Ruthards Augenbrauen zeichnete sich eine Zornesfalte ab. Ihre Äußerung verärgerte ihn.

Weitere Kostenlose Bücher