Das Blutband: Der 11. Handyman Jack Thriller (German Edition)
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Er versteckte sich im Wandschrank, damit das Licht von der Straße aus nicht zu sehen war, und begann, es rückwärts durchzublättern. Die meisten der neueren Einträge bezogen sich auf seine Beziehung zu Dawn – wie er sie hofiert und verführt hatte –, aber dann wurden sie merkwürdig. Er stieß auf einen Eintrag, in dem Bolton von seinem Plan berichtete, Stammgast im Tower Diner zu werden, weil er sie dort treffen wollte.
Wie hatte er das wissen können?
Jack hatte ein mulmiges Gefühl, als er weiter zurückblätterte, durch die Einträge über die klinische Studie und wie er seine neue Identität geschaffen hatte. Jack kam zu einer Seite, die ihn erstarren ließ. Nichts außer dem Wort »Dawn«, das da mindestens 100-mal stand, die Seite von rechts nach links, von oben nach unten komplett ausfüllte. Es stand kein Datum dabei, aber der Eintrag auf der Seite daneben war sechs Monate alt.
Jack starrte auf die Worte. War das der Grund, warum er nach Rego Park wollte? Nur, um mit Dawn Pickering anzubandeln?
Es ergab keinen Sinn. Wie konnte er von ihr wissen?
Jack fand die Antwort auf der Seite davor:
Hank hat sie gefunden!
Sie heißt Dawn!
Dawn Pickering!
Sie wohnt in Queens!
Alles wird wahr, so, wie Daddy es versprochen hat!
Hank hatte sie gefunden? Hank Thompson?
Hatte er sie aufgespürt, um seinem Bruder einen Gefallen zu tun, oder hatte er selbst auch ein Interesse an ihr?
Jack schüttelte den Kopf, um seine Gedanken zu klären. Das war wie beim sprichwörtlichen Zwiebelschälen. Jedes Mal, wenn man …
Er erstarrte beim Klang einer zuschlagenden Tür. Er schob die Tür zum Wandschrank auf und hörte dröhnende Schritte auf den Stufen ins Zwischengeschoss. Für Dawn klangen sie zu schwer. Das konnte nur Bolton sein.
Scheiße! Und jetzt?
Jack legte das Notizbuch zurück in die Blechdose, stellte sie an ihren Platz auf dem Regalboden zurück und ging dann zum Fenster hinüber. Der Miata in der Auffahrt hatte noch nicht da gestanden, als er vorher an dem Haus vorbeigefahren war.
Er schlich sich zur Tür in den Flur hinüber. Von irgendwo unten kam das Geräusch von Würgen, gefolgt vom Klang von Flüssigkeit, die auf Flüssigkeit trifft.
Wer da auch hereingerauscht war, er erzeugte gerade ein Jackson-Pollock-Kunstwerk in der Toilette im Hauptgeschoss. Jack musste aus dem Haus raus. Er konnte nicht auf dem Weg zurück, auf dem er hereingekommen war, also musste er improvisieren. Vielleicht würde ihm das Kotzen genug Deckung verschaffen, um sich am Bad vorbeizuschleichen und ungesehen auf die Terrasse zu gelangen.
Er bewegte sich, sobald er Würgen und Stöhnen hörte, und blieb still stehen, wenn das aussetzte, und kam so ins Erdgeschoss. Links von ihm lockten ihn die Stufen zur Haustür. Direkt neben ihm führte eine Tür in einen Abstellraum, dann kam ein langer Schuhschrank, dann das Badezimmer. Dahinter das Wohn-Esszimmer mit Küche und dahinter die Schiebetüren zur Terrasse.
Dummerweise stand aber die Badezimmertür offen. Er glaubte nicht, dass es möglich war, sich mit offenen Augen zu übergeben; also wenn er den Zeitpunkt richtig erwischte, konnte es ihm gelingen, mitten in einem Kotzanfall daran vorbeizuzischen, ohne gesehen zu werden.
Er schob sich auf die Tür zu und wartete auf den richtigen Moment, als er die Spülung rauschen hörte. Gar nicht gut. Er riss die Tür zur Abstellkammer auf, sprang hinein und schloss sie wieder hinter sich – ließ sie aber einen winzigen Spalt offen stehen. Als er hindurchspähte, sah er Bolton aus dem Badezimmer stolpern und in das Wohnzimmer schwanken. Wenn er jetzt nur noch einen Abstecher in die Küche machte, um sich ein Glas Wasser zu besorgen …
Aber nein, er ließ sich in einen Sessel fallen, von wo aus er den ganzen Flur im Blickfeld hatte. Es war für Jack unmöglich, sich so ungesehen hinauszuschleichen.
Er wog seine Möglichkeiten ab. Er konnte warten und darauf hoffen, dass Bolton einschlafen würde. Oder bis Dawn nach Hause kam und sie nach oben ins Bett gingen – und natürlich hoffen, dass keiner von ihnen auf dem Weg dahin die Tür zur Abstellkammer öffnete.
Eine andere Möglichkeit schob sich in den Vordergrund.
Er tastete nach hinten und berührte den Griff seiner Glock. Er konnte aus der Abstellkammer kommen, zu ihm hinübergehen und ihm ein paar 9-mm-Patronen in den Schädel ballern.
Warum nicht? Er würde der Welt damit einen Gefallen tun. Der Kerl war eine ungesicherte Bombe, die jeden Moment hochgehen
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