Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)
leicht, ihnen wehzutun, wenn sie dich liebten. Willst du noch Kaffee?« Sie rutschte von meinem Schoß und lief in die Küche, und gleich darauf fing die Espressomaschine an zu rülpsen und zu zischen. Ich blieb bewegungslos sitzen; nur meine rechte Hand klickte durch das Fotoalbum bis zu einem Bild mit Tara, Jake und diversen anderen Eltern mit ihren Kindern bei irgendeinem Sportfest. Tara schien immer noch auffallend solo zu sein, und langsam keimte eine Idee in meinem Kopf. Kerrys Worte hallten in meinen Ohren wider. » Es wäre ja ganz leicht, ihnen wehzutun, wenn sie dich liebten.«
Ja! Nein. Konnte ich das? Es wäre die Lösung für alles. Waghalsig– aber wenn ich Erfolg hätte, wäre der Lohn spektakulär. Ich dachte an Kerry, und eine weitere blitzartige Eingebung ließ mich auf das Fotoverzeichnis namens » Felix« klicken. Der Monitor füllte sich mit Miniaturvorschaubildern, und zum ersten Mal wurde mir klar, dass ich noch nie ein Foto von ihm mit einer Freundin gesehen hatte. Kerry könnte ihre eigene Rolle spielen, spiegelbildlich zu meiner eigenen.
Sie kam mit meiner Tasse zurück, und hastig rief ich eine Kalkulationstabelle auf den Bildschirm. Meine Fantasie war dem, was sicher möglich war, weit vorausgeeilt. Ich konnte nicht verlangen, dass Kerry ins Wasser sprang, bevor ich nicht geprüft hatte, wie tief es war.
NEUNUNDZWANZIG
April 2012
Als ich in den Gemeindesaal kam, hatte Tara sich bereits vor der Gruppe niedergelassen. Aus einer verschlissenen, wurstförmigen Tasche aus einer Art Sari-Stoff holte sie eine pinkfarbene Yogamatte, rollte sie auseinander und verbrachte die Minuten vor Beginn des Kurses in einer abwärts blickenden Hundestellung– Arsch in der Luft, Hände und Fußsohlen auf dem Boden, und das alles offensichtlich eher zum Zweck zukünftiger, nicht gegenwärtiger Anmut.
Nachher bekamen wir alle einen Lakritztee, der aussah und roch wie Pflanzendünger.
» Toller Kurs«, sagte ich zu Tara. » Ich fühle mich ein paar Zentimeter größer.«
» Sie sind sehr geschmeidig für einen kräftigen Mann«, sagte sie. Ich zog eine Augenbraue hoch, und ihre Wangen fingen an zu glühen. » Ich meine, hier kommen Riesenkerle herein, die ihr eigenes Körpergewicht stemmen können, aber wenn es um Gleichgewicht und Flexibilität geht, sind sie alle aus dem Lot. Sie sind es nicht gewohnt, ihr eigenes Gewicht als Widerstand zu nutzen… Gott, was rede ich. Wie finden Sie den Tee?«
» Eklig«, sagte ich.
Sie lachte. » Er wirkt stark reinigend. Ich entgifte gerade.«
» Schade. Ich wollte Sie fragen, ob Sie Lust haben, ein Glas Wein oder so was mit mir trinken zu gehen. Aber ich will natürlich keinen schlechten Einfluss ausüben.«
Sie wurde wieder rot. » Es wäre mir ein Vergnügen. Es ist bloß– ich muss nach Hause zu meinem Sohn.«
» Ich verstehe«, sagte ich und beließ es dabei. Aber im Kopf zählte ich: eins, zwei, drei, vier…
» Vielleicht nächste Woche?«, fragte sie. » Giftnachschub?«
» Ich will Sie nicht von Ihrem kleinen Jungen fernhalten.«
» Oh, so klein ist er nicht. Er könnte sich sogar selbst sein Essen machen, aber ich habe nichts im Haus… Es ist ihm recht, wenn er weiß , dass ich nicht da bin. Nur Spontaneität, das ist heikel. Ich heiße übrigens Tara.«
» Und ich bin Matt.« Ich schüttete meinen Lakritztee in einen übergroßen Grünpflanzenkübel. » Und was den Drink nächste Woche angeht, nehme ich Sie beim Wort.«
In der Woche darauf hatte sie sich die Zehennägel perlmuttrosa lackiert und roch nach Parfüm, und ich wusste, alles würde so laufen, wie ich es wollte. Bei einem Glas scheußlichem Pub-Wein erzählte sie mir ein paar Dinge über sich, die ich schon wusste, und ich erzählte ihr ein bisschen von mir, zum Teil auch die Wahrheit.
» Wenn Sie in London wohnen, was machen Sie dann hier in Saxby?«
» Letzte Woche war es was Geschäftliches«, sagte ich. » Ich bin an einem neuen Wellness-Hotel hier in der Gegend beteiligt, und ich suche Mitarbeiter. An einem Yogakurs teilzunehmen ist viel besser, als Yogalehrerinnen zu interviewen.«
» Und wieso sind Sie diese Woche wieder hier?« Sie strich mit dem Zeigefinger über den Rand ihres Weinglases. Die Angelschnur war so offensichtlich, dass meine Antwort mich selbst verlegen machte.
» Ihretwegen.«
Sie lächelte. » Jake übernachtet heute bei meinen Eltern.«
Eine halbe Stunde später betraten wir ihre Wohnung. Ich hatte kaum Zeit, einen Blick auf die Einrichtung zu
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