Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)
werfen– Stoffe überall, Teppiche, Tagesdecken, Kelims an den Wänden und auf dem Boden–, als ihre Hände schon an meiner Gürtelschnalle hantierten. Eine halbe Minute später lagen meine Hände auf ihren Schultern, ihre Beine umschlangen mein Kreuz, und das Prickeln der Grenzüberschreitung war nur vergleichbar mit meinem ersten Eindringen in das Haus in der Cathedral Terrace.
Als Tara schlief, erforschte ich die Wohnung. Der Kühlschrank war lückenlos mit Fotos der MacBrides tapeziert. Die Regale waren vollgestopft mit Ethno-Nippes, von Buddhafiguren über indische Schnitzereien kleiner Götter und Göttinnen bis hin zu afrikanischen Masken. Ein Tagebuch, das aussah wie Lydias, lag auf der Seite, schwer genug, um als Buchstütze für eine Reihe Paperbacks zu dienen. Die Hoffnungen, die ich mir wider Willen gemacht hatte, brachen jäh zusammen, als ich das Buch aufschlug und sah, dass die Seiten weiß waren.
Am nächsten Morgen weckte Tara mich mit einer Tasse Tee.
» Bist du nachher noch da?«, fragte sie. » Jake hat nach der Schule Krickettraining. Da hätte ich die Wohnung noch mal zwei Stunden für mich.«
» Ich bin ein viel beschäftigter Mann«, sagte ich. » Ich habe ein Imperium zu lenken, ich habe ein Volk vor seiner morbiden Fettleibigkeit zu retten. Ich muss heute Nachmittag wieder in London sein.«
» Nächste Woche?«, fragte sie.
» Das wäre schön.«
Ich fuhr per Autopilot nach London zurück. In Gedanken war ich bei Kerry und der Frage, wie ich ihr meinen Plan verkaufen sollte. Das gewünschte Ergebnis würde ihr einleuchten– meine Träume waren ihre Träume… Aber die Methode? Wenn es nur eine Möglichkeit gäbe, sie im Spiel zu halten, irgendeine großartige Erklärung, die ihr zeigen würde, dass diese Sache mit Tara nur ein Mittel zum Zweck war. Wenn man eine Idee doch nur in Geschenkpapier einwickeln könnte, wenn Überredung so leicht anzubringen wäre wie eine Halskette oder ein…
Die Lösung kam mir mit so verblüffender Klarheit in den Sinn, dass ich auf der Straße ins Schleudern geriet, als wäre sie mir ohne Blinkzeichen in die Quere gekommen.
DREISSIG
Mai 2012
Der Standesbeamte hielt eine kleine Ansprache und erklärte, der Erfolg einer Ehe komme nicht daher, dass man einander in die Augen starrte. Man müsse stattdessen gemeinsam zum selben Horizont schauen. Besser hätte ich es auch nicht ausdrücken können.
Meine Frau war ein fleischgewordenes Gemälde von Klimt in ihrem paillettenbesetzten Goldkleid, und ihr Haar war eine weiche dunkle Kapuze. Sie hatte sogar ihre billigen Zigeunerohrringe gegen einen ähnlichen Schmuck aus gehämmertem Messing ausgewechselt. Das Ehegelübde sprach sie mit sorgfältiger, wohlbedachter Diktion. Nach der Trauung gingen wir Sushi essen. Kerry brauchte drei Glas Champagner, bevor sie den Mut aufbrachte, die Sashimi zu essen, und dann tat sie es ungeschickt und amüsiert.
» Mrs Kerry Rider«, sagte sie und bewunderte ihre rechte Hand. » Steht mir gut.«
» Der Name oder der Ring?«
» Beides.«
Formal betrachtet war sie natürlich nicht Kerry Rider– sie hatte ihr Leben soeben Darcy Kellaway geweiht–, aber sie wusste, dass ich den Namen, den meine Mutter mir gegeben hatte, nur zu sehr ernsten Gelegenheiten benutzte. Ich ging auf das Thema nicht weiter ein: dass sie ihren eigenen Namen änderte, war das Letzte, was ich wollte. Wenn der Augenblick käme, da sie sich an Felix heranmachte, durfte es keinen äußerlichen Hinweis auf eine Beziehung zwischen uns geben. Aus meiner Erfahrung mit Tara wusste ich, wie viel Konzentration nötig war, um immer bar oder mit meiner Firmenkreditkarte zu bezahlen, nie etwas in der Tasche oder in der Brieftasche zu haben, das meinen wirklichen Namen verriet, und meinen Führerschein im Kofferraum des Autos zu verstecken. Ich sah zu, wie Kerry mit dem Essstäbchen ungeschickt eine Reiskugel aufspießte und dabei vor Konzentration schielte. Ich verlangte so schon genug von ihr.
» Danke«, sagte sie plötzlich. » Ich dachte nie, dass ich mal eine Hochzeit erleben würde. Viele Männer würden mich gar nicht wollen, weißt du?«
» Weil…?«
» Weil ich beschädigte Ware bin, oder? Meine Vergangenheit ist doch die reine Katastrophe.« Champagner und Glückseligkeit sorgten dafür, dass sie ihre Deckung sinken ließ, und ihre Verletzlichkeit war tatsächlich bezaubernd.
» Meine aber auch. Deswegen passen wir so gut zusammen. Ein gutes Zeichen für die Zukunft.«
» Und es stört dich
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