Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)
mir so leid«, sagte sie, bevor ich ein Wort herausbringen konnte. » Ich wollte dich nicht ärgern. Selbstverständlich machen wir weiter. Bitte verlass mich nicht. Bitte wirf mich nicht hinaus.« Ihre Entschuldigung ließ meinen Zorn dahinschmelzen. Ich wartete noch einen Herzschlag lang, falls noch mehr kommen sollte. » Bitte, Matt. Ich liebe dich. Ich würde alles für dich tun.«
Sie kroch auf das Bett und sank in meine Arme.
» Ist okay«, sagte ich und strich ihr über das Haar, in dem jetzt ein abgestandener Hauch von antiseptischem Krankenhausgeruch hing. » Ich weiß, es wird nicht wieder vorkommen.«
EINUNDDREISSIG
Mai 2012
» Kein Jake heute Abend?« Ich öffnete zwei Flaschen Bier und reichte Tara eine davon.
» Er ist wieder bei meinen Eltern«, sagte sie. Ihre Ohrläppchen waren makellose Blütenblätter mit einem einzelnen rosa Einstichloch in der Mitte. » Er hat schon miterlebt, wie Männer mich verletzt haben, und das verletzt ihn. Deshalb habe ich es mir zum Grundsatz gemacht, ihn erst dann mit jemandem bekannt zu machen, wenn ich weiß, dass es ernst ist.«
Ihr neutraler Ton machte es mir unmöglich, aus ihren Worten zu schließen, ob ich potenziell zu dieser Kategorie gehörte oder nicht. Die Intimität zwischen uns war schwer zu fassen, und das war vielleicht unvermeidlich angesichts dessen, dass meine Offenheit ihr gegenüber ihre Grenzen hatte. Tara war vorsichtiger, als ich ursprünglich vermutet hatte, und sie gab nur zurück, was ich anfangs angeboten hatte.
Wie gedankenverloren strich ich mit der Fingerspitze an den Bücherregalen entlang und tastete wachsam nach dem ledernen Klotz des Tagebuchs. Ich stieß etwas über die Kante und musste einen Satz machen, um es noch aufzufangen.
» Gut gemacht«, sagte Tara. Ich sah mir an, was ich gefangen hatte. Es war ein rechteckiger Holzschild mit einer goldenen Plakette in der Mitte, ein Preis, den Tara und Jake erhalten hatten, nachdem sie Geld für eine Organisation gesammelt hatte, die junge Leute mit Sichelzellenanämie unterstützte.
» Das tut Jake zum Andenken an seinen Dad«, sagte sie. » Er hatte Sichelzellenanämie.«
» Hatte?«
Sie schaute die Trophäe an. » Er ist gestorben, als ich schwanger war.« Ich dachte an die Umarmung, bei der ich die beiden gesehen hatte. Da hatte er keineswegs anämisch gewirkt, sondern strotzend von heißem rotem Blut. » So schrecklich lange haben wir uns nicht gekannt.«
» Das tut mir leid zu hören«, sagte ich. Ich wollte Taras kranken Schulfreund ebenso wenig in der Geschichte meines Lebens haben wie Conor Watson und seinen ungeborenen Vorgänger, aber ich war doch neugierig zu hören, ob diese Anfälligkeit zur nächsten Generation weitergewandert war.
» Ich weiß nicht viel über Sichelzellen. Hat Jake…?«
Sie schüttelte den Kopf. » Nein, das kriegt man nur, wenn beide Eltern das Gen in sich tragen, und das kommt in kaukasischen Familien so gut wie nie vor. Jake ist unverschämt gesund. Allzu unverschämt, manchmal.« Sie lächelte wehmütig. » Aber die Cath– entschuldige, das ist die große Schule bei der Kathedrale– ist schon auf dem besten Wege, ihn aufs richtige Gleis zu setzen. Er hat letztes Jahr mit der Vorschule angefangen und geht auf die große Schule, wenn er dreizehn ist.«
Ich stellte den Preis wieder ins Regal und nahm das Tagebuch heraus, um meinen Händen etwas zu tun zu geben. Alles, was sich um die Cath drehte, hatte meine volle Aufmerksamkeit. » Wir waren da alle«, erzählte sie weiter. » Ich hatte lauter linke Ideale und wollte ihn auf die staatliche Schule schicken. Das war okay, als er klein war und ich dort unterrichtete und ein Auge auf ihn haben konnte. Aber komischerweise änderten sich meine Grundsätze entschieden, als er auf die örtliche Gesamtschule kam. Das war alles ein bisschen viel für ihn, und anfangs wurde er schrecklich herumgeschubst, weil er spricht wie wir alle und nicht wie die anderen Kids dort. Im zweiten Trimester kam er dann unter den Einfluss eines abscheulichen Zehntklässlers. Es fing damit an, dass Jake sich von ihm ein Nike-Swoosh ins Haar rasieren ließ. Das war an sich schon schlimm genug, aber als Nächstes fing er an zu reden wie ein blöder Rapper, dann kam er nach Hause und roch nach Zigaretten, und ehe ich mich versah, ließen sie ihn ihr verdammtes Marihuana transportieren. Das war das Einzige, was sie von ihm wollten; er sollte ihr kleines Muli sein, denn sie waren nirgends zu sehen, als die Polizei ihn
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