Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)
hochnahm.« Ihre Stimme fing ein bisschen an zu zittern. » Meine Eltern und Will und Sophie haben sich eingeschaltet, und langer Rede, kurzer Sinn, jetzt geht Jake auf die Privatschule.« Sie warf mir einen abwehrenden Blick zu, als rechne sie damit, dass ich sie verurteilte oder ihr widersprach. Vielleicht hätte ich das auch getan, wenn es eine Neuigkeit gewesen wäre, aber es bestätigte nur, was ich schon über die MacBrides wusste: wie sie die Reihen schlossen, wenn es darum ging, einen der Ihren zu beschützen. » Vermutlich wollte ich irgendetwas beweisen, auch wenn ich nicht weiß, was. Und ich weiß nicht, warum ich dachte, ich könnte Jake dazu benutzen. Mutter des Jahres, das bin ich. Na ja. Die Cath wird was Richtiges aus ihm machen. Er braucht Strukturen, Disziplin, er braucht eine verdammte Uniform . Ich sage dir, eine Liberale machst du am schnellsten zur Konservativen, wenn du ihr einen Teenager zum Erziehen gibst.«
Ich ließ mein Bier um die Zähne spülen und behielt es im Mund, bis mir das Zahnfleisch brannte. » Ich mein’s nicht unverschämt, Tara, aber wie kannst du dir das mit einem Lehrerinnengehalt leisten?«
» Die MacBrides haben Mittel und Wege.« Sie tippte sich mit der Bierflasche seitlich an die Nase. Es war ein Echo der Geste, die Felix in der Cathedral Passage gemacht hatte, aber diesmal war ich diszipliniert genug, um die aufschäumende Wut zu unterdrücken. » Was hast du denn da?«, fragte sie und schaute nichts ahnend auf meine Hände.
» Keine Ahnung, hab’s nicht angesehen«, sagte ich. » Entschuldige– ist das dein Tagebuch oder so was?«
Tara nahm mir das Buch ab, verlagerte das Gewicht von einer Handfläche auf die andere und ließ die leeren Seiten aufblättern. » Das hat meine Mum mir gegeben. Sie meint, es ist gut für mich, eine Familientradition weiterzuführen. Aber mir geht’s am Arsch vorbei. Ich meine, wer schreibt denn heute noch Tagebuch? Wenn du willst, dass Leute es lesen, dann bloggst du, und wenn du in Erinnerungen schwelgen willst, gehst du zu Facebook.«
» Aber deine Mum schreibt eins?« Es war anstrengend, die Vernehmung in unbeschwertem Tonfall durchzuführen– wie wenn ein Betrunkener sich bemüht, nüchtern zu erscheinen.
» Sie ist Saxbys Antwort auf Samuel Pepys. Sie hat immer schon geschrieben, schon als ich ganz klein war. Und immer in solche Bücher hier. Sie droht ständig damit, ihre kompletten Memoiren zu schreiben, mit Warzen und allem.« Tara kicherte.
» Was ist daran komisch?«
» Es ist klar, dass du meine Familie nie kennengelernt hast«, sagte sie. » Meine Mum und Leichen im Keller? Wohl kaum. Sie ist so… gut . So geduldig und nachsichtig. Du hast keine Ahnung, wie es ist, sich an jemandem wie ihr orientieren zu müssen, zumal wenn ich so, na ja… Nicht dass ich mir wünschte, sie wäre anders. Die Welt wäre besser, wenn jeder so eine Mutter hätte wie ich.«
ZWEIUNDDREISSIG
Kerry war im Bad und bearbeitete ihr Haar. Ihr warmer, weiblicher Duft, gemischt mit dem süßlichen, chemischen Prickeln des Haarsprays, verteilte sich in dem Dampf, der den Korridor erfüllte. Sie hatte ihre Frisur so verändert, dass ihr Haar über die Ohren fiel. Das wirkte sich auf ihre ganze Haltung aus: Sie drückte die Schultern nach vorn und machte einen runden Rücken. Ich wünschte, sie würde das lassen. Es ließ die teuren Sachen, die ich ihr gekauft hatte, billig aussehen.
Ich schloss die Bürotür und rief Rikesh an. Ich hatte ein paar Dinge mit ihm zu besprechen: eine Erhöhung meiner Investition in Rorys Wellness-Hotel– ich hatte ihm ein paar Wochen zuvor ein Angebot vorgelegt–, und außerdem wollte ich wissen, ob die Firma es rechtfertigte, wenn ich eine Wohnung in Saxby mietete, vorgeblich, um in der Nähe des Ladens zu sein. Rikesh gab zu beidem grünes Licht.
» Das wird eine Menge Papierkram und einiges an kreativer Buchführung nötig machen, aber wenn du das durchziehst, bist du ein sehr reicher Mann. Jedenfalls reicher als jetzt. Hast du noch irgendwelche anderen großen Pläne oder Tricks in der Mache? Denk an das, was ich dir immer sage: Ich bin wie ein Strafverteidiger, ich kann dir nicht helfen, wenn du mir nicht die Wahrheit sagst.«
Rikesh ging mir allmählich auf die Nerven, aber mich aus der Verstrickung mit ihm zu lösen wäre ein riskanter und komplizierter Prozess, den ich am besten aufschob, bis ich mit den MacBrides fertig wäre.
» Na ja, es gibt etwas, das du wahrscheinlich wissen solltest–
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