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Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)

Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)

Titel: Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Kelly
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oder?« Ich sah ihr Lächeln und erwiderte es. Fast hatte ich mit dieser langersehnten Einladung schon nicht mehr gerechnet. Im Gegensatz zu dem, was ich Kerry erzählt hatte, entwickelte sich die Nähe zu Tara nur langsam, und sie war hart verdient.
    Der einzige Fortschritt, den ich bisher gemacht hatte, war eine Begegnung mit Jake. Tara hatte mich als » Freund« vorgestellt, aber er wusste genau, was das bedeutete. Es gab eine offensichtliche Parallele zwischen seinem Leben und meinem, als ich in seinem Alter gewesen war: Eine ledige Mutter und ihr Sohn wohnten in einer kleinen Wohnung in Saxby. Aber damit war die Ähnlichkeit auch schon zu Ende. Jake war umgeben von Freunden, Cousins, Mannschaftskameraden, sogar Freundinnen. Er war so vernetzt wie ich isoliert, so körperbetont wie ich schwach und – wie ich nach den ersten paar Minuten unserer ersten Unterhaltung feststellen musste – so kenntnislos, wie ich wissbegierig gewesen war. Er war ein einziger physischer Impuls, beim Zappeln, beim Essen, beim Sporttreiben: Er war niemals still. Er lebte in seinem Körper, während ich meinen geleugnet hatte. Wären meine sportwissenschaftlichen Kenntnisse nicht gewesen, hätten wir einander nichts zu sagen gehabt, aber zum Glück interessierte er sich für eine intelligente Ernährungsweise, die ihm gegenüber anderen Kindern auf dem Platz einen Vorteil verschaffen würde. Nach seinem kurzen Einsatz als Protegé der Drogendealer weigerte Tara sich, einen Unterschied zwischen Protein-Shakes und anabolischen Steroiden zu machen, und deshalb schmuggelte ich ihm Sportdrinks und Energy-Riegel in die Jackentaschen. » Du bist so was von cool, Matt«, sagte er zu mir. Er versuchte gar nicht erst, seine Bewunderung für mich oder die Dinge, für die er sich begeisterte, zu verbergen. Ich sah, dass es ironischerweise gerade seine gesunde, naive Art war, was ihn an den Rand der Jugendkriminalität gebracht hatte; sie dürfte ihn für Jungen, die jemanden gesucht hatten, den sie ausbeuten könnten, attraktiv gemacht haben.
    Unmittelbar nach dieser Einladung zum Sonntagslunch war ich so entzückt darüber, wieder Zugang zu den Tagebüchern zu bekommen, dass ich überhaupt nicht an die Familie dachte, die da zwischen uns stand. Als der Sonntag aber näher rückte, wurde meine Begeisterung von der Angst überschattet, ich könnte enttarnt werden. In umgekehrter Reihenfolge befürchtete ich, Sophie könnte mich erkennen, dann vielleicht ihre Eltern, und meine Hauptsorge war, Felix könnte so etwas wie einen dramatischen Flashback erleben und mich plötzlich als seinen Angreifer identifizieren.
    Ich betrachtete mein Gesicht aus allen erdenklichen Blickwinkeln und suchte nach einer Eigenschaft, die mich als den Jungen kenntlich machen könnte, der ich gewesen war. Ich ging absichtlich an Spiegeln vorbei und drehte mich im letzten Moment um, weil ich auf diese Weise vielleicht einen kurzen Blick auf mein früheres Ich erhaschen könnte. Das geschah nie, aber ich konnte mich auf mein eigenes Urteil nicht verlassen. Ich brauchte eine zweite Meinung.
    Es war ein surreales Erlebnis, das Wettbüro Paddy Power wieder zu betreten. Die früher so glänzende Fassade war stumpf und mit Taubenscheiße bekleckert. Ein Make-up-Künstler hatte der Frau im Fenster Falten gemalt. Das Mobiliar im Innern war geschrumpft und die Männer ebenfalls. Er war klein und runzlig; das Sportsakko, das ihn einst nur knapp umspannt hatte, hing jetzt an ihm wie ein zu großer Blazer an einem Schuljungen. Sein Blick huschte zwischen zwei Rennen auf den Monitoren unter der Decke hin und her. Ich schob mich neben ihn an die Theke. » Was sagen Sie zum 2.17 in Goodwood?«, fragte ich.
    Kenneth sah mich an, und in seinem Blick lag weniger Interesse, als er den Bildschirmen entgegengebracht hatte. » Oh, wenn Sie schon fragen«, sagte er. » Wird hart heute. Also…« Und er ratterte eine Liste von Pferden mit lächerlichen Namen herunter.
    » Danke.« Ich schob mich mitten in seine Blickrichtung und gab ihm eine letzte Gelegenheit, seinen Ersatzsohn zu erkennen. Er sah mir ins Gesicht, und sein Blick wanderte über das Dreieck von Augen, Nase und Mund. Ich lächelte und beobachtete ihn die ganze Zeit aufmerksam, und ich wartete auf ein Aufflackern des Wiedererkennens. Aber ich sah nur Ratlosigkeit.
    » Alles in Ordnung?«, fragte er in dem herablassenden Ton, den er meiner Mutter gegenüber benutzt hatte. Er hatte keine Ahnung, wer ich war.
    » Alles super«, sagte ich

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