Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)
Sie das schaffen. Mein Büro schickt mich auf absehbare Zeit jeden Montag und Dienstag nach London. Ich gehe jeden Montagabend ins selbe Hotel. In manchen W ochen mache ich mir gar nicht mehr die Mühe, meinen Koffer auszupacken. Ich komme mir vor wie dieser Dingsda aus Tod eines Handlungsreisenden .«
» Willy Loman«, sagte ich, und einen Moment lang hob Darcy sein hässliches Haupt.
Rowan warf mir einen scharfen Blick zu, aber nicht, weil er mich erkannte, sondern weil er überrascht war.
» Du solltest dich nicht beklagen, nicht in Zeiten der Rezession«, sagte Lydia.
» Wohl wahr«, sagte W ill. » Das ist die andere Sache… Matt, wie halten Sie die Unsicherheit aus?«
» Ehrlich gesagt, ich genieße sie. Und das Einkommen ist der Mühe wert.« Ich sah ihren Gesichtern an, dass es falsch angekommen war. Mein Reichtum schien sich gegen mich zu wenden und mich in ihren Augen herabzusetzen, statt mich zu erhöhen. Ich fühlte mich verletzt, wie man sich vielleicht fühlt, wenn man von einem guten Freund verraten worden ist. Zum ersten Mal seit Jahren spürte ich die kratzenden V orboten eines extremen Durstes, und ich trank meine Tasse leer, um einen Hustenanfall zu verhindern. Ich schob meinen Stuhl zurück und dachte gerade noch im letzten Moment daran zu fragen: » Entschuldigung, wo ist das Klo?«
» An der Treppe im ersten Stock, erste Tür«, sagte Tara mit dem Mund voll Bratkartoffeln.
Der Schreibtisch, der in Sophies Zimmer gestanden hatte, diente jetzt als Telefontisch in der gefliesten Diele. Das Holz sah altersmürbe aus. Auf einem schwarzen, gespitzten Bleistift stand » The Lomond Hotel«. Impulsiv nahm ich ihn in die Hand und ritzte damit meine angenommenen Initialen in die Tischplatte. Die Treppe kam mir schmaler vor, zweifellos, weil ich so viel breiter geworden war. Mein Herz hämmerte gegen meine Rippen, als ich die Tür des Arbeitszimmers betrachtete. Nur sie trennte mich noch von Lydias Tagebüchern. Der Türknauf ließ sich widerstandslos drehen, und ich schaute in das Zimmer eines kleinen Jungen: Thomas, die kleine Lokomotive, auf dem Bettbezug, ein kugelrundes Nachtlicht und an der W and ein Riesenposter mit einem Raumschiff.
» Falsche Tür!«, sagte Sophie und kam hinter mir heran, wie sie mich zehn Jahre zuvor schon einmal gestört hatte. Der kleine Junge auf ihrer Schulter hatte einen nassen Fleck im Schritt seiner Hose, und der Geruch ließ ahnen, dass Schlimmeres bevorstand. Sophie wurde ein wenig sanfter. » Das passiert leicht. Alle Türen sehen gleich aus, all die Korridore und Treppen. Sogar ich vertue mich manchmal, und ich wohne hier seit fünfunddreißig Jahren.«
Die Cognac-Vorräte ergaben plötzlich einen verstörenden Sinn.
» Sie wohnen noch hier? Sie alle wohnen hier noch?«
» Du lieber Gott, nein! Es ist eng genug für uns allein. Und es wird bald noch enger.« Sie klopfte sich mit der flachen Hand auf den Bauch. » Mum und Dad wohnen in einem Apartment in der Schule, schon seit Dad Direktor wurde und ich mit Toby schwanger war. All ihre Sachen wurden aus dem Haus und in die Schule gekarrt, unser ganzer Mist wurde hergebracht, und der Zyklus beginnt von Neuem. Bitte entschuldigen Sie.« Sie deutete mit der gerümpften Nase auf die nasse Hose des Kindes und schloss die Zimmertür hinter sich.
Im Bad hielt ich die Handgelenke unter das kalte W asser und zwang mich zur Ruhe. Die Tagebücher konnten genauso gut in den Tresorgewölben der Bank of England lagern, wenn sie sich hinter den Mauern der Cath befanden. Ich presste die Stirn gegen den kalten Spiegel und kämpfte die Panik gewaltsam nieder. Alles war gut. Ich konnte das. Es war meine Lebensaufgabe, und da musste es Rückschläge geben. Die Tagebücher würden irgendwann zu mir kommen. Daran musste ich glauben. Einstweilen würde ich mich auf die andere Flanke meines Feldzugs konzentrieren. Zu tun hatte ich mehr als genug.
VIERUNDDREISSIG
Ich nahm den schwarzen Bleistift mit dem Logo des » Lomond Hotel« aus meiner Schreibtischschublade und wählte die Nummer.
» Will W oodford. Ich wollte nur meine Reservierung für nächsten Montag bestätigen.« Ich bemühte mich, es mit der Imitation nicht zu übertreiben. Eine Tastatur klapperte.
» Wir freuen uns auf Ihren Besuch, Sir«, sagte die Rezeptionistin.
» Ach, könnten Sie mir wohl ein Zimmer zur Straße hinaus geben? Möglichst weit unten?«
» Kein Problem. Sonst noch etwas, Sir?«
Ich legte auf und schaltete meinen Computer ein.
Die Agentur, die
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