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Das Böse im Blut: Roman (German Edition)

Das Böse im Blut: Roman (German Edition)

Titel: Das Böse im Blut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Carlos Blake
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Fahrzeuge wurden von der Armee im Namen des nationalen Notstands beschlagnahmt. Amerikanischen Zivilisten wurde befohlen, sich entweder den mexikanischen Verbänden anzuschließen oder die Stadt zu verlassen.
    Die San Patricios waren in der Zitadelle einquartiert, auf der Westseite der Stadt. Von dort konnten sie über das flache Marschland zu der spektakulären Festung von Chapultepec blicken, weniger als zwei Meilen entfernt auf einem Hügel am anderen Ende des Belen-Dammes. In Erwartung ihrer Befehle verbrachten sie ihre Tage mit der Ausbildung von Rekruten und der Wartung ihrer Waffen und Ausrüstung. Abends und sonntagnachmittags machten sie ihre Runden durch die Stadt und entdeckten überall Sehenswertes. Die Stierkampf-Arena war größer und prunkvoller, ihre Aficionados lauter, als was sie in Puebla gesehen hatten. Sie standen mit offenem Mund vor dem Nationalpalast und schlenderten dann über den riesigen Hauptplatz des Zócalo, auf dem sich Verkäufer, Viejas, Bettler, Musiker und Straßenkünstler jeder Couleur tummelten. Sie betraten zaghaft das weihrauchige Dunkel der gewaltigen nationalen Kathedrale und staunten über die Kreuzgrat-Gewölbedecken, die sie schwindeln ließen, und die Altäre, die in blitzendem Gold erstrahlten. Sie zeigten sich beeindruckt von den auf Wänden und Fenstern abgebildeten realistischen Darstellungen der Gewalt, die Christus und den verschiedenen Heiligen angetan wurde. Während seiner Dienstzeit in den Yaqui-Gebieten der Sonora hatte Moreno viele von Pfeilen durchbohrte Menschenkörper gesehen, und er bestätigte, dass die Wunden am Standbild des heiligen Sebastian sehr naturgetreu waren. Es war nicht das erste Mal, dass John in der religiösen Kunst Mexikos eine derartige Treue zu gewalttätigen Details auffiel. Die genagelten Hände und Füße des geschnitzten Christus am Kreuz und der Schnitt in Seiner Seite sahen aus, als würde man sich die Finger blutig machen, wenn man sie darauflegte. Die Welt, sinnierte er, war nichts als Töten und blutige Riten, selbst unter den Gläubigen. Die Stärkeren töteten und fraßen die Schwächeren, und die Allerschwächsten fraßen von den Resten. Das war das Leitprinzip der Natur, das älteste ihrer unveränderbaren Gesetze.
    Sie machten einen Rundgang durch das Nationalmuseum und sahen Gebeine von Mensch und Tier, Tausende von Jahren älter als das erste geschriebene Wort der Geschichte, sahen glänzende Aztekendolche aus Obsidian, die ungezählte menschliche Herzen, dampfend und noch schlagend, herausgeschnitten hatten. Sie schlenderten durch den sonnengesprenkelten Park bei Chapultepec und wurden in Einbäumen über die lilienübersäte Schönheit des Sees Xochimilco befördert.
    Und als sie sich an den Wundern der Stadt sattgesehen hatten, begaben sie sich in Bordelle, die so prachtvoll ausgestattet waren wie aristokratische Salons, bestückt mit den begehrenswertesten Huren von ganz Mexiko. Doch nicht einmal die Reize der Mädchen im La Casa de la Contessa, Mädchen so wunderschön wie Tagträume und weißhäutig wie jeder der Saint Patricks selber, vermochten sie lange von der Gewissheit abzulenken, dass sich die Amerikaner im Anmarsch befanden.
    2 Gerüchte aller Art kamen ihnen zu Ohren, von denen das beunruhigendste war, dass sie gar nicht zur Verteidigung der Stadt eingesetzt werden sollten. Angeblich misstraute Santa Anna ihrer Bereitschaft, gegen ihre amerikanischen Landsleute zu kämpfen. Einem anderen Gerücht zufolge habe er vor, sie gegen bestimmte Zugeständnisse den Amerikanern auszuliefern, sollte die Verteidigung der Hauptstadt nicht gelingen. Einige Patricios meinten, sie würden es verdammt noch mal jedem General, Yank
oder
Mex, zutrauen, seine Männer auf diese Weise zu hintergehen, und dachten laut darüber nach, ob es nicht klug wäre, sich davonzuschleichen, solange man noch davonschleichen konnte. Riley warnte, er würde jeden Mann zu Brei schlagen, der so etwas sagte, und persönlich jeden erschießen, der versuchte zu desertieren.
    In den letzten Wochen waren die Reihen der San Patricios sogar noch angewachsen, und beide Kompanien hatten jetzt beinahe ihre volle Stärke von je hundert Mann erreicht. In US-Lagern von Veracruz bis zu den Vormarsch-Einheiten, die sich bereits fünfzehn Meilen vor der Stadt befanden, riefen Santa Annas englischsprachige Handzettel Yankee-Soldaten dazu auf, sich von der ungerechten amerikanischen Sache loszusagen und zu Mexikos edler Verteidigung der wahren Freiheit und der

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