Das Böse im Blut: Roman (German Edition)
Ende ihrer Qual beteten. Die Compañeros drängten weiter. Mit jedem Artillerieschuss bebte der Boden unter ihnen. Gewehrkugeln summten über ihre Köpfe hinweg. Das Gekreisch der Welt wollte nicht verstummen.
Als Twiggs’ Streitkräfte dem Kloster immer näher kamen, feuerten die Kanonen auf den Mauern und dem Turm Kartätschen ab, und bei jeder Explosion gingen Dutzende von Yankees schreiend zu Boden. Die Compañeros ließen sich fallen und drückten sich fest auf die schlammige Erde. Edward hörte sich fluchen, wusste aber nicht über was. Ein Kugelhagel riss durch die Maisstängel. Er roch Blut durch den Schlamm in seiner Nase. Dann eine Explosion, die anders klang – eine Explosion nicht gegen Erde, sondern gegen Stein, und ein Chor von Jubelrufen der Amerikaner im Mais vor ihnen wurde laut. Er richtete sich auf und spähte über die Stängel, als eine weitere Explosion vom Kloster widerhallte. Eine große Fontäne zersplitternder Steine flog auf der anderen Seite der Kirche in die Luft und regnete wieder herab.
»Es sind die Jungs von Worth!« brüllte Spooner. »Sie müssen die Brücke eingenommen haben! Sie richten die Kanonen der Mexies auf ihre eigene Kirche, verdammt noch mal!«
Der Turm oberhalb des Wehrgangs wurde getroffen und ein großer Brocken herausgerissen, sodass die Kirchenglocken wie wild läuteten. Die Infanteristen im Mais stießen einen weiteren begeisterten Jubelruf aus. Eine Granate explodierte auf dem Klosterdach und schleuderte einen verstreuten Haufen von Schützen wie Puppen in die Luft. Jetzt brach ein Abschnitt der Mauer vor ihnen auseinander – eine Explosion von solcher Wucht, dass die Granate nur ein Pulverlager getroffen haben konnte oder es von einem Funken zur Explosion gebracht worden war. Bei dem Anblick der plötzlichen Bresche direkt vor ihnen richtete sich die Führungswelle der Infanterie im Maisfeld mit einem gewaltigen und zitternden Schlachtruf auf. Angeführt von ihren Captains stürmten sie mit hoch erhobenen Säbeln dem Kloster entgegen.
»Adelante!« brüllte Dominguez. »
Adelante!
« Er hatte sich aufgerichtet und schwang ein mit einem Bajonett versehenes Hall-Gewehr und rannte auf die gebrochene Mauer zu. Die Compañeros erhoben sich alle und stürmten hinter ihm her.
Edwards Gesichtsfeld schrumpfte jetzt auf diesen schmalen Ausschnitt der Welt direkt vor seinen Augen zusammen. Er war sich des Gewehrfeuers, das auf sie niederging, nur undeutlich bewusst, der Männer vor und neben ihm, deren Hände hochflogen, wenn sie stürzten, und über die er sprang oder auf die er trat, während er weiter auf die Mauer mit dem klaffenden Spalt zurannte, in den jetzt die ersten Amerikaner hineinsprangen und ins Innere drangen. Er warf einen Blick hinauf zur Mauer, die immer näher aufragte, und sah dort die dunklen, weißäugigen Gesichter mexikanischer Schützen und sah eine Geschütztruppe um eine Kanone gedrängt, doch auch sie schossen jetzt mit Gewehren, und er wusste, dass ihnen die Artilleriemunition ausgegangen war. Als er die Bresche erreichte, blickte er wieder hoch und sah, dass die Geschütztruppe aus weißen Männern bestand.
Und dann war er im Hof und erschoss einen kleinen mexikanischen Soldaten, der mit aufgestecktem Bajonett auf ihn zurannte und aussah, als wäre er vierzehn Jahre alt. Der Junge fiel vor seinen Füßen zu Boden, Blut quoll ihm aus dem Mund und seine Augen verdrehten sich. Überall waren Mexikaner, die sich dem ersten Ansturm von Yankees schießend und stechend entgegenstellten, und an ihrer Seite waren Frauen, die zähnefletschend wild mit Messern um sich schlugen. Jetzt war der Hof überflutet mit amerikanischen Soldaten, die durch die geborstenen Mauern hereinströmten und über die anderen kletterten und mit hohem, zitterndem Geheul in die Rosenbüsche hinuntersprangen.
Er wurde von hinten umgestoßen und rollte schnell zum Fuß des Springbrunnens und sah hoch oben auf dem Wehrgang des Turms zwei mexikanische Schützen, die weiße Fahnen an ihre Gewehrläufe gebunden hatten. Doch die Männer wurden von hinten gepackt, die weißen Fahnen abgerissen, und der eine wurde von einem großen hutlosen rothaarigen Mann in den Kopf geschossen, während der andere von einem graubärtigen Mann von den Füßen gehoben und ins Leere geworfen wurde. Er stürzte sich überschlagend und schreiend, doch kaum hörbar über dem Getöse, in die Tiefe, schlug mit dem Kopf gegen den Steinrand des Springbrunnens und fiel mit zertrümmertem Schädel auf
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