Das Böse im Blut: Roman (German Edition)
beraubte, sie hängen zu sehen.
»Lacht nur, ihr dreckigen Hurensöhne«, sagte er. »Wir werden schon sehen, wie ihr lacht, wenn Old Glory die Stange da hochkommt und ihr in der Luft tanzt. Werden wir schon sehen, wer dann lacht!«
So witzelten sie weiter, diese Verurteilten, während die amerikanische Infanterie auf dem Hügel von Chapultepec stetig vorrückte, durch das heftige Verteidigungsfeuer hindurch, und es bis zu den Festungsmauern schaffte.
Jetzt traf der beinlose Saint Patrick namens O’Connor in einem Lazarettwagen ein und wurde zu einem Hinrichtungskarren überführt, wo eine Planke über die Seitenwände gelegt wurde. Dort wurde er draufgesetzt, die Hände auf dem Rücken gefesselt. Eine Schlinge wurde ihm um den Hals gelegt und das Seil gestrafft, damit er nicht umfiel. Die Verbände um die Beinstümpfe des Mannes waren rotbraun von Blut und gelb gefleckt mit Eiter und boten einen Festschmaus für ein fauchendes Heer von Fliegen. Seine Augen waren schwarze Höhlen, und wie er da auf der Planke saß, sah er beinahe schon tot aus.
Jetzt hatte die Infanterie die Festungsmauern bezwungen, und ein blasser Dunst von Rauch und Staub erhob sich von innen, wo nun von Mann zu Mann gekämpft wurde und das Bajonett den Streit entscheiden würde. Beinahe eine halbe Stunde lang wütete die Schlacht bei Chapultepec. Als einige Saint Patricks sich spöttisch beschwerten, dass sie verdammt müde seien vom langen Stehen, witzelten andere, es wäre noch viel unangenehmer, wenn sie versuchten, sich hinzusetzen. Und dann verstummte das letzte Schießen, und eine Minute später drang ein schwaches, doch anhaltendes Jubeln von der Festung zu den Männern auf dem Hügel. Harney merkte auf und erhob sich in den Steigbügeln, als könnte er so über die fernen Mauern hinwegsehen.
Die mexikanische Fahne wurde heruntergeholt, und Harney wendete sein Pferd, trabte die Front der Galgen entlang und grinste zu den verstummten Verurteilten hinauf, die noch einen Moment zuvor über ihre müden Beine gewitzelt hatten.
»Peitschen bereit!« befahl Harney den Maultiertreibern.
»Schaut hin!« rief er den Verurteilten zu und wies auf den Festungsturm, wo die mexikanische Fahne jetzt verschwunden war. »Schaut hin auf das Allerletzte, was eure Verräteraugen je sehen werden. Schaut euch die Fahne an, die ihr verraten habt. Verdammt sollen eure Seelen sein!«
Über dem Turm der Festung von Chapultepec wurde jetzt das Sternenbanner gehisst, das in der Sonne leuchtete. Und jeder, der dort mit einer Schlinge um den Hals stand, starrte hin und jenseits davon seiner eigenen Ewigkeit entgegen.
»
Jetzt
könnt ihr lachen!« brüllte Harney und gackerte wie ein Verrückter. Er ließ seinen Säbel durch die Luft sausen, und im nächsten Moment traten die Renegaten wild um sich gegen die Leere unter ihren Füßen, wie verrückte Marionetten – alle bis auf einen, dem die Beine zum Treten fehlten –, und dann baumelten dreißig Tote im Dunst jenes uralten mexikanischen Hügels.
Es folgten die Auspeitschungen und Brandmarkungen der acht, deren Urteile umgewandelt worden waren und die danach ihre toten Kameraden begraben mussten. Und während dieser Bestrafungen sagte Edward zu Dominguez, er brauche seine Hilfe. Dominguez fragte, wobei, und Edward sagte: »Um meinen Bruder aus dem Gefängnis zu holen.«
16 Im
North American
, einer weiteren amerikanischen Zeitung, die zu dieser Zeit in Mexiko-Stadt erschien, wurde folgender Leitartikel gedruckt:
Kein Mann, wie sehr vom Gewissen verflucht und von aller Welt verachtet er auch sein mag, gibt ein so vollständig entmanntes, so schändliches und entwürdigendes Bild ab wie der Deserteur. Keine Strafe kann für den Verräter zu hart sein; keine Schmach zu besudelnd für seinen Namen. Unsere Sprache kennt kein anderes Wort, das so viel Schande in sich birgt, wie das des Deserteurs. Unter Amerikanern drückt es mehr aus als alle Schimpfworte der Sprache zusammengenommen; denn würden alle Verbrechen gebündelt und zu einem verdichtet, könnten sie immer noch nicht die Stärke des schwärzesten von allen vermitteln – DESERTEUR!
Am Abend nach den Hinrichtungen in Mixcoac verkündete ein Leitartikel im
Diario del Gobierno
, einer hauptstädtischen Zeitung, Folgendes:
Mexikaner: Unter den Europäern, die die amerikanische Armee angeworben hat, uns zu töten, finden sich viele unglückliche Männer, die von der Ungerechtigkeit dieses Krieges überzeugt sind, sich zum selben katholischen Glauben
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