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Das Böse im Blut: Roman (German Edition)

Das Böse im Blut: Roman (German Edition)

Titel: Das Böse im Blut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Carlos Blake
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unter Beweis zu stellen. Dann legte er den Kopf zurück und ließ die gesamte Klinge in seine Kehle gleiten, und nachdem sie in seinem Mund verschwunden war, hielten die Zuschauer den Atem an. Als er die Klinge herausnahm und sie keinen Tropfen Blut darauf sahen, klatschten und jauchzten und pfiffen sie bewundernd.
    John beugte sich zu Edward und flüsterte: »Verflucht, manche Leute stecken sich auch alles in den Mund, oder?«
    Wie um Johns Worte unter Beweis zu stellen, betrat jetzt ein großer dünner Mann mit blutunterlaufenen Augen und schlimmen Geschwüren im Gesicht das Podium. Er zog eine Strumpfbandnatter aus seiner Jackentasche und hielt das sich windende Tier hoch, damit alle es sehen konnten. In einer einzigen blitzartigen Bewegung brachte er die Schlange zu seinem Mund und biss ihr den Kopf ab, und im Zelt wurde es vollkommen still, während der restliche Teil der Schlange wild um sich schlug und sich wie ein altes ägyptisches Armband um den Arm des Mannes wickelte. Dann spuckte der Mann den Kopf in einem hohen Bogen in die Luft, und die Zuschauer sprangen zur Seite, sodass er zwischen ihnen landete. Und dann brachen sie in den bisher lautesten Beifall aus.
    Die Brüder hörten einen Mann hinter ihnen erzählen, dass er einmal in Nashville einen Mann gesehen habe, der einem verdammten Huhn den Kopf abgebissen hatte und dann daran erstickt war, während die Menge ihm wahrscheinlich den größten Beifall spendete, den er je in seinem Leben bekommen hatte.
    Und jetzt betrat eine kurze Parade von Missgestalten das Podium. Ein Bursche, der »der Verrottende Mann« hieß, war ein eiterndes Geschwür auf zwei Beinen. Nase und Lippen waren weggefault und offene Geschwüre, aus denen der Eiter floss, bedeckten seine hemdlose Brust. Der Mann stank tatsächlich wie verfaulendes Fleisch. »Der Alligator-Mann« hatte Kopf und Füße eines gewöhnlichen Mannes, doch vom Hals bis zu den Kniescheiben war er überzogen mit der rauen schuppigen Haut eines Reptils. Ihm folgten eine Frau mit einem Bart, so buschig wie der eines Mannes, und eine große, traurig dreinblickende Frau, zwischen deren beiden normalen Brüsten sich noch eine dritte etwa von der Größe einer Jungenfaust befand. Und schließlich ein kleiner rothaariger Junge von etwa sechs Jahren, der acht Finger an der einen Hand und neun an der anderen hatte, und dafür keinerlei Zehen an den Füßen, bis auf den großen Zeh am rechten Fuß. Edward fand, der Junge hatte die traurigsten Augen, die er jemals gesehen hatte. Jemand in der Nähe der Brüder bemerkte vernehmbar, es sähe so aus, als seien die Zehen des Jungen irgendwie nach oben an seine Hände gerutscht, und ein anderer meinte, vielleicht hatte seine Mama ihn zu viel hin und her geschleudert, bevor er geboren wurde. Beide Männer lachten, und der Junge sah sie mit seinen traurigen Augen an, und auch die anderen Missgestalten warfen ihnen böse Blicke zu, der einzige Moment, in dem sie ihr Publikum zur Kenntnis nahmen. Der Alligator-Mann legte seinen Arm um den rothaarigen Jungen und führte ihn vom Podium herunter und hinaus durch die hintere Klappe im Zelt, und die anderen Missgestalten folgten ihnen.
    Edward bewunderte die Geste des Alligator-Mannes und wie die Missgestalten ihren verletzten Stolz zum Ausdruck gebracht hatten, die Kameradschaft von Aussätzigen. Für einen flüchtigen und beinahe erschreckenden Augenblick hatte er das Gefühl, eigentlich sollte er mit ihnen gehen, spürte es auf eine Art, die er nie hätte erklären können. Doch spürte er es so sicher, wie er sein schlagendes Herz spürte. Er blickte zu John und sah, dass auch er den Missgestalten nachstarrte. Dann richtete John den Blick auf ihn, und Edward empfand ein unerklärliches Gefühl, außerhalb der Welt zu stehen, abgesehen von seinem Bruder, und er wusste irgendwie, dass es John genauso ging. Die Brüder zeigten einander die Zähne, John täuschte einen Schlag an und Edward einen Konter, und sie lachten und klopften sich gegenseitig auf die Schulter und gingen in den anderen Raum.
    Hier gab es sowohl lebendige als auch konservierte Schaustücke zu bestaunen. Jedes Tier in seinem eigenen Käfig: eine zweiköpfige Schnappschildkröte, eine Bulldogge mit nur einem Auge und lediglich Knochen und Fell, wo das andere hätte sein sollen, eine dreibeinige Ente, eine Klapperschlange mit zwei Schwänzen, jeder Schwanz mit seiner eigenen Rassel, eine Albino-Krötenechse, so weiß wie Milch. Auf zwei langen Bänken standen Reihen

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