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Das Böse im Blut: Roman (German Edition)

Das Böse im Blut: Roman (German Edition)

Titel: Das Böse im Blut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Carlos Blake
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aufgerissenem Mund, wobei seine größtenteils gebrochenen schwarzgelben Zähne zum Vorschein kamen.
    Sie traten gerade rechtzeitig aus dem Zelt, um den Aufruf zur letzten Anmeldung im Schießwettkampf zu hören. Es musste aus einer Entfernung von fünfzig Yards aus dem Stand auf eine gegen einen Baum gelehnte Zielscheibe geschossen werden. Der Gewinn war ein Stier. Zusätzlich zu dem guten Dutzend Ortsansässiger hatten sich mehrere Leute vom Schiff für das Wettschießen angemeldet. Auf Edwards Drängen nahm auch John teil. Er gewann mühelos und verkaufte dann den Stier dem Erstbesten, der ihm ein Angebot machte, zu einem Spottpreis.
    16 Unter einer leuchtenden Morgensonne glitten sie durch den Pass und aufs offene Wasser von Lake Borgne. Gelb und weiß gekrönte Pelikane segelten entlang und stürzten sich hinunter in schimmernde Schwärme von Meeräschen hinein, und als sie die Wasseroberfläche wieder durchbrachen, waren die bauschigen Säcke ihrer Unterkiefer mit zappelnden Fischen gefüllt. Die Seeleute stakten mühelos über den See und anschließend durch ein Netz von Kanälen, und an einem frühen Sonntagnachmittag fuhren sie unter einem strahlend blauen Himmel und versprengten hohen Wolken, so weiß wie Baumwollblüten, in den Mississippi ein.
    Es war der erste Blick der Brüder auf den großen Fluss, den die Schiffer den Old Man nannten. Sie starrten stumm auf seine schiere Unendlichkeit. Fahrzeuge aller Arten befuhren die Weite seiner schlammigen Oberfläche. Dampfschiffe, so groß wie Stadthäuser, stießen riesige Bäusche schwarzen Rauchs aus ihren Schornsteinen, während ihre gewaltigen Räder das Wasser weiß aufwirbelten. Da gab es hochmastige Schoner, elegante Schluppen und geschmeidige Schuten und alte Flachboote und provisorische Flöße und hier und dort ein Ruderboot, das kaum groß genug war, um zwei Jungen zu fassen.
    Die Besatzung stemmte die Schultern gegen die Stangen, um das Schiff gegen die Strömung vorwärtszubringen. Als sie eine Biegung umrundeten, wurde der Flussverkehr noch dichter und das Vieux Carré kam in Sicht. Pfeifen schrillten, Glocken bimmelten und Hörner bliesen lang und heiser. Sie stakten auf dem Frachtdock zu jenseits der Place d’Armes, dem verwitterten Exerzierfeld, welches das Herz des Alten Viertels markierte. Das Schiff schwankte im Fahrwasser eines vorbeifahrenden Heckraddampfers, und jedes Tuten des großen Schiffes kabbelte den Brüdern das Rückgrat hinauf. Musik, Rufe und Gelächter kamen aus dem Viertel herübergeweht. Die Luft war mit exotischen Gerüchen gewürzt.
    »Atmet das mal gut ein, Jungs«, sagte ein rothaariger Schiffer namens Keeler, als sie hart auf ihren Stangen lehnten und zum Heck schritten. Sein großer Brustkorb weitete sich, als er lang und tief die Luft einsog. »Könnt ihr’s riechen? Ich mein nicht das Zeugs aus dem Kochtopf, sondern was direkt drunter liegt. Ein bisschen wie warme gebutterte Garnelen zwischen frischen Rosen. Das ist Njorliens-Muschi, was da in der Luft liegt, Jungs. Dixie-City-Ritzen. Die besten auf Gottes guter Erde.«
    Sie steuerten das Schiff zu den Ankerplätzen für Frachtschiffe bei der Tchoupitoulas Street, und dort machten sie fest. Die Brüder halfen beim Entladen und führten ihre Pferde hinüber zu einem Mietstall auf der anderen Straßenseite, wo sie die Tiere unterbrachten und ihre Ausrüstungen und Waffen in Verwahrung gaben, bis auf ihre Stiefelmesser und das Schnappmesser, das Edward in seiner Tasche behielt. Sie zogen sich bis zur Hüfte aus und wuschen sich bei einer Pumpe, dann nahmen sie ihre Jacken aus ihren Bettrollen und wollten sie gerade mit feuchten Tüchern abbürsten, als Keeler herantrat und sagte: »Beeilung, Jungs. Gleich geht’s richtig schön rund, ja-woll!« Er hatte ein sauberes Hemd und seine Schifferjacke angezogen und sich die Haare geglättet. Er hatte einen hageren und schlaksigen Kumpel namens Allenbeck dabei.
    Eigentlich wollten sie direkt zu einem prächtigen Bordell, von dem Keeler in höchsten Tönen geschwärmt hatte, einem Haus im Old Quarter, gut bestückt mit den besten Mulattinnen, doch Allenbeck wollte unbedingt noch für einen schnellen Schluck in einer Taverne einkehren, um sich für den Gang zum Quarter zu stärken, und die anderen hatten nichts dagegen.
    Sie waren noch nicht die halbe Tchoupitoulas Street hinunter, da waren sie schon in vier verschiedenen Honky-Tonks gewesen und in zwei Schlägereien geraten. Zur ersten Schlägerei kam es, als Allenbeck

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