Das Böse im Haus: Mystery Thriller (German Edition)
Ratte ausgerechnet bei Ihnen eingedrungen ist. Trotzdem muss ich nun bei Ihnen kassieren. 80 Euro für den Einsatz.«
»Wie bitte? 80 Euro?«
»Ja. Tut mir leid. Aber so sind unsere Preise.«
Lisa wurde zunehmend ungehaltener. 80 Euro fand sie enorm hoch. Aber was sollte sie machen. Genervt ging sie zu ihrer Handtasche und holte aus der Börse das Geld heraus. Mit heruntergezogenen Mundwinkeln überreichte sie dem Mann die Scheine. Nachdem sie die Quittung in Empfang genommen hatte, machten sich die Männer mit einem: Schönen Abend noch, davon.
80 Euro! Lisa knallte beinahe hinter ihnen die Haustür zu. So ein Mist. Dann ging sie in ins Badezimmer. Vorsichtig klappte sie den Toilettendeckel auf und untersuchte ihn nach Spuren. Aber sie konnte nichts entdecken. Danach ging sie ins Schlafzimmer, um sich den Schaden, den die Ratte verursacht hatte, anzuschauen. Auf dem Boden lagen überall ihre Ausscheidungen herum. Außerdem roch es unangenehm. Sie ging zum Fenster, um es zu öffnen. Mit einem Ruck zog sie den provisorisch angebrachten Vorhang zur Seite. Sie fasste mit der Hand an den Griff, dabei konnte sie in der Scheibe ihr Spiegelbild betrachten.
Plötzlich wich sie erschrocken zurück. Hinter sich nahm sie einen Schatten wahr. Als näherte sich jemand ihrem Rücken. Lisa drehte sich abrupt herum und suchte den Raum ab. Aber es befand sich niemand außer ihr im Zimmer. Ich glaube, ich sehe so langsam Gespenster, dachte sie. Sie widmete sich wieder ihrem Fenster und öffnete es. Die kühle Luft des kommenden Herbstes strömte hinein und durchflutete in kürzester Zeit das Schlafzimmer. Doch Lisa wurde es bald zu kalt und sie schloss das Fenster. Danach eilte sie, allerdings mit einem unguten Gefühl in die Küche, um Kehrwerkzeug zu holen. Der Gedanke, sich später aufs Klo zu setzten, brachte sie ebenfalls beinahe aus der Fassung.
Sie wusste, dass irgendetwas nicht stimmte, genauso wie es bei Christine war. Im Moment konnte sie sich keinen Reim darauf machen. Doch sie würde es erfahren. Wenn sie gefegt und gewischt hatte, wollte sie, egal wie spät es jetzt auch war, weiterlesen. Sie brannte darauf zu erfahren, wie es im Tagebuch weiterging.
***
8 Uhr. Als ich pünktlich auf meine Station kam, riefen mich die Stationsschwester Bettina und Doktor Wilke ins Besprechungszimmer. Ihre Gesichter verrieten nichts Gutes.
Beide saßen hinter dem Schreibtisch. Ich davor, wie ein kleines Kind, das zum Schulleiter ins Lehrerzimmer gerufen wurde, weil es etwas Schlimmes angestellt hatte.
Ich schaute in ihre ernsten Mienen. Wie immer zog Bettina die Mundwinkel ihrer schmalen Lippen nach unten. Das machte sie noch älter und strenger aussehend, als sie ohnehin schon war.
Für einen Moment betrachtete ich Doktor Wilke. Er ist ein großer, schlaksiger Typ, mit länglichem Kopf, vollem, blondem Haar, das in kleinen Naturlocken gedreht ist. Auf der Nase trägt er eine Brille mit silbernem Gestell. Unsympathisch. Das ist die einzige Bezeichnung für ihn. Er will immer den Chef markieren, egal ob er recht hat oder nicht. Ich hasse ihn!
»So Schwester Christine«, begann er in einem herablassenden Tonfall, »Sie werden verstehen, dass wir Ihre Arbeitsweise nicht mehr gut heißen können. Schwester Bettina hat mir gesagt, Sie kämen oft zu spät zum Dienst; sind abgelenkt, in Gedanken versunken und können Ihre Arbeit nicht mehr genauest verrichten. Auch die Patienten haben sich mittlerweile über Sie beschwert. Was sagen Sie dazu?«
Ich schluckte. Ich kam mir vor, wie ein kleines Mäuschen und spürte, wie die Tränen in meine Augen schossen. Was sollte ich dazu sagen? Natürlich war hier jetzt eine Entschuldigung fällig.
»Es tut mir leid«, sagte ich. Ich erklärte von meinen Problemen, die sich in meiner Wohnung ausbreiteten. Davon, dass ich seit langem nicht mehr schlafen konnte und wie unglücklich ich in letzter Zeit sei.
Bettina hörte die ganze Zeit über mit aufeinandergepressten Lippen zu, während Wilke ständig leicht mit dem Kopf nickte. Das erinnerte mich an eine dieser Hampelmänner, die aus einer Kiste springen, wenn man den Deckel abnimmt. Als ich zu Ende geredet hatte, sagte er:
»Okay Schwester Christine, ich verstehe Ihre Situation. Sie nehmen sich am besten zwei Tage frei. Dann sehen wir weiter.«
Damit war die Unterredung beendet.
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