Das Böse in dir
extra mir zu Ehren eine kleine Klick-Vorführung und lachte dann wieder. Ich mochte sie auf Anhieb. Das passiert selten.
»Sie sollten es ausprobieren, wirklich, Detective. Alle machen sich über Bauchtanzkurse lustig, aber Männer werden davon richtig scharf. Sie wissen schon, es weckt alle möglichen Phantasien über Scheichs, die mitten in der Nacht Frauen aus Zelten in der Wüste entführen. Rudolph Valentino und diese Typen. Sehr, sehr sexy.«
Ich hatte Lawrence von Arabien gesehen und fand den Mann mit seinen weißen Gewändern und dem funkelnden Krummsäbel wirklich beeindruckend. Allerdings war mir das Filmschaffen dieses Rudolph nicht wirklich ein Begriff. Vielleicht würde ich einen Abstecher zu Hollywood Video machen und mich informieren. Gut, aber jetzt genug geplaudert. Zurück zu Mord und Blutvergießen.
»Eigentlich wollte ich Ihnen ein paar Fragen zu einem Ihrer Kunden stellen.«
»Klar, ich helfe Ihnen gern.«
Die Frau wurde mir immer sympathischer. Sofortige Bereitschaft zur Mitarbeit durfte man nicht unterschätzen. »Wie gut kennen Sie eine junge Frau namens Li He?«
»Oh, Li. Wir sind eng befreundet. Sie hat doch nicht etwa Probleme?«
»Sie ist verschwunden. Haben Sie das noch nicht gehört?«
Ihr Erstaunen schien echt zu sein, aber vielleicht nahmen Bauchtänzerinnen ja auch Schauspielunterricht. Ihre plötzlich ängstliche Miene war vermutlich ebenfalls kein Theater. »Ist das Ihr Ernst? Vermisst?«
»Ja, Ma’am, es tut mir sehr leid, Ihnen das sagen zu müssen.«
»Seit wann?«
»Einer knappen Woche. Niemand hat sie gesehen oder weiß, wo sie ist.«
»Mann, das ist ja furchtbar. Ich hatte gleich so ein komisches Gefühl, als sie heute nicht zum Unterricht gekommen ist. Sie lässt nie eine Stunde ausfallen. Li ist ein Naturtalent, sehr anmutig und gelenkig. Außerdem auch noch eine ausgezeichnete Akrobatin, wussten Sie das? Das liegt bei ihr in der Familie.«
Ich nickte, erwiderte aber nichts. Ich hatte zwar schon Pfeifenputzer gesehen, aber noch nie versucht, einen zu verdrehen.
»Was könnte passiert sein? Glauben Sie, dass ihr etwas zugestoßen ist? Oder ist sie vielleicht einfach nur weggefahren und hat vergessen, Bescheid zu sagen?«
»Genau das wollen wir ja herausfinden. Können Sie sich vorstellen, wo sie steckt?«
»Nun, ich würde zuerst bei ihrem Freund nachfragen. Sie fährt manchmal mit ihm weg.« Sie musterte mich forschend. »Wissen Sie was, der wohnt doch irgendwo am See! Mikey Murphy heißt er. Haben Sie schon mit ihm geredet?«
Ich wollte ihr noch nicht sagen, was aus Mikey Murphy geworden war. »Fahren sie oft zusammen weg?«, fragte ich stattdessen.
»Hin und wieder. Soweit ich es mitgekriegt habe, etwa drei Mal, oder vielleicht vier. Übers Wochenende oder so.« Sie warf einen Blick auf die Eingangstür. »Der nächste Kurs fängt erst in einer knappen Stunde an. Was halten Sie davon, wenn wir uns setzen? Ich mache Ihnen einen grünen Tee. Ich muss zugeben, dass ich ziemlich besorgt bin. Li ist eine gute Freundin. Sie kommt häufig hierher.«
In einer kleinen Ecke des Studios standen einige Hochtische, um die Barhocker gruppiert waren, und außerdem eine Theke mit einer Cappuccinomaschine mit Heißwasserdüse und dazu Teller mit Kleie- und Blaubeermuffins, Haferkeksen mit Rosinen und in Fett ausgebackene, mit einer Pfirsichmasse gefüllte Teigtaschen unter Glasglocken. Jede war mit einer kleinen Messingplakette versehen. Ich liebe Pfirsich-Teigtaschen.
»Möchten Sie etwas essen? Ich backe alles selbst. Jeden Morgen frisch.«
Anstelle einer Antwort jaulte mein Magen auf und legte einen kleinen Tobsuchtsanfall hin. Ja, es war später Nachmittag, und ich hatte, wie ich zugeben musste, schon wieder Hunger. »Ich hätte gern eine Pfirsich-Teigtasche. Und könnten Sie mir welche zum Mitnehmen einpacken, für meinen Freund, den Sie hier nicht reinlassen?«
Khur-Vay lachte auf. Sie war eindeutig ein freundlicher Mensch. Ich wünschte nur, dass sie ein wenig von dem Make-up abgewischt hätte, damit ich sie besser hätte sehen können. »Gute Wahl. Das Rezept ist von meiner Mutter. Sie ist die beste Köchin der Welt.« Mann, das behaupteten alle von ihrer Mom, sogar Joe McKay. Da ich meine Mutter nie kennengelernt hatte, konnte ich mir in dieser Hinsicht kein Urteil erlauben.
Khur-Vay nahm eine der halbmondförmigen Teigtaschen mit einem kleinen Stück weißen Küchenpapiers auf und legte sie auf einen goldenen Pappteller, der am Rand mit kunstvoll
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