Das Böse in dir
zurück ins Bett kam. Ich hörte, wie er den Deckel zuklappte und die Riegel einrasten ließ. Es klang wie eine Art Abschluss. Alles war zu Ende und erledigt. Nur, dass es weder zu Ende, erledigt noch vorbei war. Unten wurde das Licht ausgeknipst, und wenig später lag Black wieder neben mir unter den schwarzen Satinlaken. Er vergeudete keine Zeit und zog mich sofort in seine Arme; ich wehrte mich nicht.
»Ich werde nie so tun, als wüsste ich, wie es sich anfühlt, ein Kind zu verlieren, Claire. Aber ich bin für dich da. Ich werde dir helfen, eine Erklärung zu finden, und ich bleibe so lange, wie du es willst.«
Ich schwieg, doch eine Antwort war überflüssig. Seine Worte trösteten mich und auch, wie sich sein starker, harter Körper an mich presste. Wir hatten keinen Sex, sondern teilten nur die Wärme und Vertrautheit miteinander. Es dauerte eine sehr lange Zeit, bis ich einschlief. Wieder träumte ich von Zachary, seinem runden Gesichtchen, den großen blauen Augen, dem blonden Haar, das sich im Nacken lockte, und den pummeligen Ärmchen und kurzen Beinchen, die so schnell laufen konnten. In diesen dunklen Träumen durfte ich ihn wieder im Arm halten, mit ihm spielen und seine rosigen kleinen Wangen küssen. Und ich konnte lange und bitterlich weinen und ihn an mich drücken, wie es im wirklichen Leben niemals mehr möglich sein würde. Im Schlaf konnte ich alles betrauern, was unwiederbringlich fort und verloren war.
Mein Name ist Trouble
In der vereinbarten Nacht saßen Tee und Jeff gut versteckt zwischen einigen dichten Hydrangeabüschen hinter dem Wohnheim. Maggie, die Hexe, machte während ihrer Schicht stets nach einem unverrückbar festgelegten Zeitplan ihre Runden, was einen Überfall auf sie um einiges erleichterte. Niemals änderte sie ihren Ablauf, und sie vergewisserte sich unweigerlich gleich mehrfach, ob Tee auch wirklich in seinem Zimmer war. Sie hatte unmissverständlich klargestellt, dass sie ihm und seinem breiten Grinsen nicht traute. Und so hatte er bei ihrem zweiten Rundgang um Punkt elf auch brav in seinem Bett gelegen. Aber nun nicht mehr. Nun war er bereit zur Rache, und die würde fürchterlich sein.
Jeff ahnte nichts von der Bedeutung des Augenblicks. Er lehnte entspannt an einem Baumstamm in der Nähe und zog kräftig an seinem Joint. Tee hatte so getan, als rauche er mit, als sie ihn hin und her reichten, doch natürlich hatte er es nicht getan. Er hatte vor ein paar Jahren ein wenig damit experimentiert, doch bald verstanden, dass es zu gefährlich für ihn war, nicht bei klarem Verstand zu sein, und deshalb die Finger von sämtlichen Drogen gelassen. Insbesondere jetzt während dieser wichtigen Versuchsreihe. Dafür musste er im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte sein und sich haarklein an jede Einzelheit erinnern, um sie später in seinen geheimen Aufzeichnungen festhalten zu können. Jeff war zwar ziemlich wirr im Kopf, aber noch nicht so fertig, dass er Mist gebaut hätte. Zumindest hoffte Tee das. Es würde ein gewaltiger Durchbruch werden. Wenn es klappte.
Exakt zwei Minuten nach Ende ihrer Spätschicht trat Maggie aus der Tür zum Gang im Erdgeschoss und machte sich auf den Weg nach oben in den Pausenraum der Mitarbeiter, wo ihr Spind stand.
»Okay, Jeff, hör zu. Da ist sie.«
»Ich hasse diese blöde Schnepfe«, sagte Jeff. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sie mich bei meinem Doc reingeritten hat. Überall hat sie rumerzählt, sie hätte an meinen Klamotten Gras gerochen.
»O doch, das kann ich. Die Frau ist einfach nur bösartig. Und mich hat sie ganz besonders auf dem Kieker.«
Okay, nun war der große Moment da. Tee platzte fast vor Aufregung und versuchte, seine angespannten, verkrampften Muskeln zu lockern. So, jetzt ging es los. Alles oder nichts. Er wartete, bis Jeff noch einen Zug genommen hatte, den Rauch zwanzig oder dreißig Sekunden in der Lunge behielt und ihn dann hinauf in das Geäst der Bäume über ihnen pustete. Tee hoffte nur, dass der Wind den Geruch nicht hinüber zur bösen Hexe wehen und sie vor der Gefahr warnen würde.
Tee machte einen tiefen, reinigenden Atemzug und sagte dann, sehr langsam und deutlich: »Enter Evil.«
Jeff zögerte keine Sekunde, sprang auf und rannte über den Rasen auf die steile Treppe zu.
»O mein Gott«, flüsterte Tee. »Es funktioniert tatsächlich. Alles klappt wie am Schnürchen.« Leise kicherte er in sich hinein. Dann hob er das Nachtsichtgerät. Sein Dad hatte es ihm geschenkt, weil er ihm
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