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Das Böse in dir

Titel: Das Böse in dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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einem riesigen blauen Vergrößerungsauge eindringlich gemustert wurde. Manchmal sah er auch mich an wie seinen neuesten Psychofall; insbesondere gegen Anfang unserer Beziehung war das so gewesen. Hin und wieder tat er es immer noch, zum Beispiel letzte Nacht in der Garage und heute Morgen beim Kaffee.
    »Offenbar darfst du wieder nicht mitspielen, Black, so wie letztens bei Khur-Vay. Die Dame will nur mit mir zu tun haben, persönlich und vertraulich und ohne Zeugen. Vermutlich soll niemand mitkriegen, wie sie mir die Leviten liest.«
    »Du bist bewaffnet, richtig?«
    »Ja, alles dabei. Mir kann nichts passieren. Außerdem bin ich größer und stärker als sie.«
    Black schmunzelte. Doch im nächsten Moment berührte ihn seine Sitznachbarin, eine gut aussehende junge Frau mit ultraglatt gebügeltem rotem Haar, am Arm. »Verzeihung, aber sind Sie nicht Nick Black, der Psychiater, der so oft bei Larry King auftritt?«
    Black nickte, machte jedoch ein leicht argwöhnisches Gesicht. »Ja, der bin ich. Kennen wir uns?«
    »Nein, aber ich höre Sie wirklich gern im Fernsehen sprechen.« Sie schleuderte die feuerrote Mähne zurück. Und außerdem habe ich dir in Gedanken schon sämtliche Kleider vom Leibe gerissen und all meine geheimen sexuellen Phantasien mit dir ausgelebt, fügten ihre großen braunen Augen hinzu. Sehen Sie, ich habe feine Antennen für diese Dinge.
    Ich schaltete die Ohren auf Durchzug. Allmählich war ich daran gewöhnt, dass andere Frauen Blacks erotischer Ausstrahlung erlagen. Solange sie ihn nicht anrührte, würde ich darüber hinwegsehen. Inzwischen plauderte sie über ihren seltsamen Onkel Sammy, der an einer bipolaren Störung litt und ihre Katze mit gerösteten Erdnüssen bewarf, ein Gespräch, das nicht spannend genug war, um jede Silbe davon verfolgen zu müssen. Also lehnte ich mich zurück und ließ, ganz aufmerksame Polizistin, meine Umgebung auf mich wirken. Inzwischen redeten Mikeys Geschwister zwar, doch sie waren noch immer ziemlich blass um die Nase und wirkten, als durchlebten sie gerade einen Horrorfilm. Ich musste auch mit ihnen sprechen, vielleicht mit den beiden Ältesten. Allerdings bezweifelte ich, dass Mamma Mia das gestatten würde. Außer, sie waren, so wie Mikey, nicht ihre leiblichen Kinder, denn in diesem Fall würde es Mary Fern vermutlich nicht weiter kümmern, wenn sie von mir traumatisiert wurden und sich danach an einer Brücke aufhängten.
    Meine Beobachtungen endeten nach genau elf Minuten, da ich um 15:30 den ersten Blick auf die große antike Uhr mit dem schwingenden Pendel geworfen hatte. Nicht, dass ich dazu neige, ständig auf die Uhr zu starren, doch um Punkt 15:41 steuerte Mary Fern, begleitet vom Rascheln weißen Leinens, auf mich zu. Sie beugte sich herunter, wodurch ich eine Wolke Red Door abbekam, und meinte: »Passt es Ihnen jetzt, Detective? Vi sagt, wir könnten uns in den Ballsaal zurückziehen.«
    »Okay«, erwiderte ich, ganz die pflegeleichte Polizistin. Doch von Rückzug konnte keine Rede sein.

Zwanzig
    Der Ballsaal befand sich im zweiten Stock. Mary Fern sparte sich die Mühe mit dem Aufzug, sondern ging zu Fuß, drei lange Treppen, um genau zu sein, und das in einem Tempo, das nicht nur beeindruckend war, sondern ans Lächerliche grenzte. Offenbar wollte sie die Sache unbedingt hinter sich bringen und die lästige Polizistin loswerden, die ihr so beharrlich folgte. Ich musste zugeben, dass sie ziemlich gut in Form war. Vermutlich hatte sie einen persönlichen Fitnesstrainer. Aber auch ich geriet nicht außer Atem, weit gefehlt. Auf dem Weg nach oben wechselten wir kein Wort und lächelten einander auch nicht freundlich zu. Auch das Händchenhalten, die Küsse auf die Wange und die lustigen Anekdoten fielen flach.
    Als sie mich in den Ballsaal führte, war ich ziemlich beeindruckt. Er war gewaltig und riesengroß und ebenfalls mit teuren antiken Möbeln ausgestattet. Sie ging zu einem Tisch mit Stühlen hinüber und nahm Platz. Ich fragte mich, was in diesem Museum wohl erlaubt war, und setzte mich zwei Stühle entfernt von ihr. Nicht, dass ich sie unsympathisch gefunden hätte, doch wenn ich mich zu nah an einen Eisblock wie sie heranwagte, riskierte ich vielleicht noch Gefrierbrand im Gehirn.
    »So, hier drin haben wir unsere Ruhe und sind unter uns«, verkündete Mary Fern.
    »Ja, sieht ganz danach aus«, entgegnete ich.
    »Ich weiß, dass Sie mich nicht mögen, das merke ich Ihnen an.« Sie betrachtete mich, als rechne sie damit, dass ich

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