Das Boese in uns
ein Kind bleibt für immer.
»Hi, Honey. Wie geht es dir?«
»Ganz gut. Elaina und ich fangen gleich mit Mathe an. Langweilig!«
»Du wirst trotzdem Lesen, Schreiben und Rechnen lernen.«
Ich kann beinahe hören, wie sie die Augen verdreht angesichts meiner elterlichen Ermahnung.
»Kommst du heute und holst mich ab? Ich will dich endlich wiedersehen. Außerdem wollten wir doch das Steak-Rezept ausprobieren.«
Bonnie und ich haben vor ein paar Monaten einen Pakt geschlossen. Wir stimmen überein, dass eine Mikrowelle zwar eine tolle Sache ist, aber doch ihre Grenzen hat, wenn es ums Essen geht. Also haben wir beschlossen, einen Abend in der Woche - welcher, spielt keine Rolle - mit dem Versuch zu verbringen, etwas Richtiges zu kochen. Ich habe einen Stapel Kochbücher gekauft, und wir haben uns damit amüsiert, das Haus mit Qualm und dem Gestank nach angebranntem Fleisch zu füllen. Ein paar Mal ist es uns sogar gelungen, etwas Essbares zu produzieren.
»Ich kaufe die Steaks ein, bevor ich dich abholen komme, Bonnie.«
»Cool!«
»Und jetzt wieder zurück zur Mathematik. Wir sehen uns heute Abend.«
Ein geräuschvolles Seufzen. Es wärmt mir das Herz, wie jedes Zeichen von normalem Verhalten bei Bonnie. Wenn sie offiziell Teenager ist und anfängt, mir Widerworte zu geben, werde ich wahrscheinlich der glücklichste Mensch auf Erden sein.
»Okay. Bis dann.«
Ich überlege, ob ich Tommy schnell anrufen soll, entscheide mich dann aber dagegen. Ich habe im Augenblick ein wenig zu oft das Bedürfnis, mit ihm zu reden.
Ich verlasse mein Büro und betrete den Hauptraum. Wir haben eine große Tafel dort, die wir benutzen, wenn wir uns zusammensetzen und spontane Einfälle sammeln. Ich ziehe die Kappe von einem der Spezialstifte, während die anderen mich erwartungsvoll ansehen.
»Gehen wir zuerst durch, was wir bisher wissen«, sage ich. »Wir haben zwei Opfer, Lisa Reid und Rosemary Sonnenfeld.« Ich schreibe ihre Namen auf die Tafel. »Beide leben in völlig verschiedenen Gegenden.«
»Was bedeutet, dass unser Freund sich bewegt«, sagt Alan. »Die Frage ist: Warum?«
James nickt. »Richtig. Bewegt er sich, um sein Werk über einen möglichst großen Bereich auszudehnen, oder weil er seinen jeweiligen Opfern gefolgt ist?«
»Letzteres, nehme ich an«, sage ich und erzähle ihnen von meiner Theorie. Dem Sündensammler.
»Unheimlich«, sagt Callie. »Aber interessant.«
»Streichen wir alles, was die beiden nicht gemeinsam haben«, sage ich. »Eins der Opfer war eine Frau, das andere ein Mann vor der Geschlechtsumwandlung zur Frau. Lisa Reid war die Tochter einer reichen Familie mit Beziehungen, während Rosemary eine Ex-Prostituierte und Ex-Drogenabhängige war. Rosemary war blond, Lisa brünett. Das Einzige, was sie gemeinsam haben, war die Todesart und vielleicht Dinge aus ihrer Vergangenheit.«
»Könntest du das genauer erklären?«, fragt James.
»Lisas Tagebuch. Sie schreibt etwas von einem großen Geheimnis und ist dabei, es zu enthüllen, doch die Seiten sind herausgerissen. Stattdessen hinterlässt der Killer seine Botschaft an uns. Wir wissen bereits, dass Rosemary vor ihrem Sinneswandel ein fragwürdiges Leben geführt hat.«
»Du sagst, die einzige Gemeinsamkeit zwischen beiden Opfern war, dass sie Sünder gewesen sind?«, fragt Alan.
»Nun, das verringert den Kreis der möglichen Opfer natürlich immens«, spöttelt Callie.
»Was ist mit Spuren?«, frage ich sie.
»Im Moment Fehlanzeige. Wir haben einen Staubsaugerbeutel voller Material aus dem Flugzeug. Wir haben die blutigen Polster, doch ich könnte mir vorstellen, dass das Blut ausnahmslos von Lisa stammt. Wir haben verschmierte, unbrauchbare Abdrücke auf den Armlehnen. Vielleicht ergibt die Analyse des Materials im Staubsaugerbeutel etwas, doch irgendwie ...«
»Wohl eher nicht«, sage ich. »Der Killer ist schon älter, und er hat Übung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er dumme Fehler macht.«
»Ich will das Kreuz analysieren lassen«, fährt Callie fort. »Die Metallurgie ist praktisch nicht zurückzuverfolgen, aber es ist trotzdem unsere direkteste Verbindung zum Mörder.«
Callie hat recht. Das Kreuz ist sein Symbol. Es ist wichtig für ihn. Wenn wir das Kreuz berühren, berühren wir ihn.
»Gut. Was noch?«
»Wisst ihr«, sinniert James, »wenn wir für einen Moment bei der religiösen Motivation bleiben - die auch ich vermute, für den Augenblick jedenfalls -, gibt es eine weitere signifikante Gemeinsamkeit. Die Art
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