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Das Böse kommt auf leisen Sohlen

Das Böse kommt auf leisen Sohlen

Titel: Das Böse kommt auf leisen Sohlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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das ist das einzige Karussell, das wir nicht  ausprobiert haben. Also..." 
    Jim schwankte. Das verrückte Karussell wippte unter seinem geringen Gewicht. Er stolperte durch metallenes  Unterholz und zwischen wilden Tieren dahin. Dann  schwang er sich auf seinen pflaumendunklen Wallach. 
    "He, Junge, hau ab!" 
    Aus dem Dunkel des Maschinenhauses tauchte ein  Mann auf. 
    "Jim!" 
    Der Mann reckte seine Arme aus dem Schatten  zwischen Orgelpfeifen und mondsilbernen Trommeln  und hob Jim hoch in die Luft. Jims Stimme wurde schrill. 
    "Hilfe! Will, hilf mir!" 
    Will sprang zwischen den Tieren hindurch. 
    Der Mann lächelte ein wenig, packte ihn, hob ihn hoch  und setzte ihn neben Jim. Sie starrten hinab auf  flammendrotes Haar, helle, flammendrote Augen,  gewaltige Muskeln. 
    "Außer Betrieb", sagte der Mann. "Könnt ihr nicht  lesen?" 
    "Setzen Sie die beiden runter", sagte eine sanfte  Stimme. 
    Aus luftiger Höhe blickten Jim und Will auf einen  zweiten Mann hinab, der groß und schlank vor der Kette  stand. 
    "Runter!" befahl der Mann noch einmal. 
    Sie wurden durch den metallenen Wald wilder, doch  regungsloser Tiere getragen und im Staub abgesetzt. 
    "Wir wollten nur...", sagte Will. 
    "Neugierig?" Der andere Mann war so groß wie ein  Laternenpfahl. Sein blasses Gesicht, narbig wie die  Mondscheibe, warf einen Schimmer auf jeden, der  darunter stand. Seine Weste hatte die Farbe frischen  Blutes. Seine Augenbrauen, sein Haar, sein Anzug – alles  schwarz wie Lakritze. Der sonnengelbe Edelstein, der in seiner Krawattennadel blitzte, strahlte dasselbe harte,  kalte Licht aus wie seine Augen. Doch in diesem einen  Augenblick war Will alles klar – ihn faszinierte nur noch  der Anzug. Er schien aus der harten, federnden Wolle  eines Ebers gewebt zu sein, steif, leise zitternd, kratzend,  ewig glitzernd. Das Licht spiegelte sich in dem Anzug  und zitterte wie auf tausend schwarzen Tweedfasern, die  immer kitzelten und den lang aufgeschossenen Körper  des Fremden in ständiger Bewegung hielten, ihn quälten,  bis es schien, daß er sich schreiend die Kleider vom Leib  reißen müsse. Aber er stand da, ruhig und gelassen wie  der Mond, in seinem kratzigen Tweedanzug und blickte  mit seinen gelben Augen auf Jims Mund. Will beachtete  er gar nicht. 
    "Ich heiße Dark." 
    Er zückte eine weiße Visitenkarte. Sie wurde blau. 
    Pswsws. Rot. 
    Psstwsst. Ein grüner Mann baumelte von einem Zweig  und trat auf die Karte. 
    Fscht-sst. 
    "Dark. Und mein Freund hier mit den roten Haaren ist  Mr. Cooger, von Cooger & Dark..." 
    Flpp-fscht-ssst. 
    Namen tauchten auf dem weißen Rechteck auf,  verschwanden wieder. 
    "Kombinierte Schattenspiele..." 
    Tick-wssst. 
    Eine Waldhexe rührte in einem Topf dampfender  Kräuterbrühe. 
    "...und internationale Grusel-Theater-Schau..." 
    Er reichte Jim die Karte. Jetzt stand darauf: 

    Unsere Spezialität: 

    Überprüfung, Reinigung und Ölen von 
    Todesuhr-Käfern. 

    Jim las es gelassen. Ebenso gelassen schob Jim eine  Hand in seine geräumigen, unergründlichen  Hosentaschen, suchte darin herum und hielt dem Mann  die Hand hin.
    Auf seiner Handfläche lag ein toter brauner Käfer. 
    "Da", sagte Jim. "Reparieren Sie das!" 
    Mr. Dark lachte schallend. "Großartig! Mach ich!" Er  streckte die Hand aus. Sein Hemdsärmel rutschte hoch.  Über sein Handgelenk krochen hellrote, schwarze, grüne  und stahlblaue Egel, Würmer und Schnecken. 
    "Junge, Junge!" rief Will. "Dann müssen Sie der  tätowierte Mann sein!" 
    "Nein." 
    Jim betrachtete den Fremden. "Der illustrierte Mann,  das ist etwas anderes." 
    Mr. Dark nickte geschmeichelt. "Wie heißt du, mein  Junge?" 
    Sag's ihm nicht, dachte Will. Dann faßte er sich und  fragte Sich: Warum eigentlich nicht? 
    Jims Lippen bewegten sich kaum. 
    "Simon", sagte er. 
    Dabei lächelte er, um zu zeigen, daß es eine Lüge war. 
    Mr. Dark lächelte zurück. Er wußte Bescheid. 
    "Willst du noch mehr sehen, ›Simon‹?" 
    Jim gönnte ihm den Triumph nicht, ihn nicken zu  sehen. 
    Langsam, mit vergnügtem Lächeln, schob Mr. Dark  seinen Hemdsärmel bis zum Ellbogen hoch. 
    Jim riß die Augen auf. Der Arm war wie eine Kobra,  die zuckt und sich wiegt, ehe sie zustößt. Mr. Dark ballte die Faust, wackelte mit den Fingern. Die Muskeln  tanzten. 
    Will wollte näher treten, damit er auch etwas sehen  konnte, aber er konnte immer nur beobachten und dabei 

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