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Das Bourne Duell

Das Bourne Duell

Titel: Das Bourne Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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seinen Bericht zurück. »Es ist nur eine Frage von Monaten, glaube ich, bis diese Zahl auf ein volles Drittel der alten Garde ansteigt.«
    »Gut, gut.«
    Halliday rieb sich seine großen Hände über den Resten seines schlichten Mittagsmahls. Es waren die üblichen Gestalten, die sich hier im Occidental tummelten  – Politschwätzer, Medienheinis und Lobbyisten der Industrie. Sie alle hatten ihn auf die eine oder andere Weise gegrüßt – sei es mit einem etwas ängstlichen Lächeln, mit einem ehrerbietigen Kopfnicken oder, wie der ältere und einflussreiche Senator Daughtry, mit einem kurzen Händedruck und einem bodenständigen ›How-dee-do‹. Senatoren aus den Swing States vergrößerten auch in Nicht-Wahljahren ihre Macht, weil sie von beiden Parteien hofiert wurden. So lief das politische Spiel in Washington.
    Eine Weile saßen die beiden Männer schweigend am Tisch. Das Restaurant begann sich zu leeren, als sich die Akteure der politischen Szene wieder an ihre Arbeitsplätze begaben. Doch ihre Plätze wurden bald von Touristen mit gestreiften Hemden und Baseballmützen eingenommen, die sie bei Straßenverkäufern auf der Mall gekauft hatten und auf denen »CIA« oder »FBI« aufgedruckt war. Danziger wandte sich wieder seinem
Essen zu, das wie gewohnt etwas üppiger war als Hallidays Steak ohne Beilagen. Auf dem Teller des Ministers war nur noch etwas Blut und Fett übrig.
    Hallidays Gedanken kehrten unterdessen zu dem Traum zurück, an den er sich nicht mehr erinnern konnte. Er hatte in verschiedenen Artikeln gelesen, dass Träume ein wichtiger Bestandteil des Schlafes waren – REM-Schlaf nannten das die Wissenschaftsheinis. Ohne Träume, so meinten sie, würde der Mensch irgendwann wahnsinnig werden. Trotzdem konnte er sich an keinen einzigen seiner Träume erinnern. Was er im Schlaf erlebte, war wie eine weiße Wand, auf die nie jemand etwas kritzelte.
    Er schüttelte sich wie ein Hund, der aus dem Regen hereinkam. Warum interessierte ihn das überhaupt? Nun, er wusste, warum. Der »Alte«, wie der einstige langjährige Chef der CI genannt wurde, hatte ihm einmal anvertraut, dass er an derselben seltsamen Krankheit leide – er hatte es wirklich so genannt: eine Krankheit. Schon merkwürdig, dachte Halliday, dass sie beide einmal Freunde waren – nein, mehr als das, sie hatten sich sogar als Blutsbrüder bezeichnet. Als junge Männer hatten sie einander alle ihre Macken und Eigenheiten anvertraut, die Geheimnisse, die sie in den dunklen Winkeln ihrer Seele verbargen. Warum war ihre Freundschaft in die Brüche gegangen? Wie konnte es passieren, dass sie zu erbitterten Feinden wurden? Lag es vielleicht daran, dass ihre politischen Ansichten immer weiter auseinanderdrifteten? Nein, Freunde konnten normalerweise mit Meinungsverschiedenheiten leben  – die tiefe Kluft zwischen ihnen hatte mit einem Gefühl von Verrat zu tun, und für Männer wie sie war
nun einmal absolute Loyalität das Herz einer richtigen Freundschaft.
    Was sie in Wahrheit verraten hatten, waren die Ideale ihrer Jugend, die im beinharten politischen Alltag der Hauptstadt auf der Strecke geblieben waren. Der Alte war ein Gefolgsmann von John Foster Dulles gewesen, während er selbst Richard Helms nacheiferte. Ihre Helden waren Männer mit ganz unterschiedlichem Hintergrund, die auch in ihren Methoden und Ansichten völlig gegensätzlich waren. Und weil es in ihrem Geschäft nun einmal um Ideologien ging und dieses Geschäft ihr ganzer Lebensinhalt war, mussten sie zwangsläufig zu Gegnern werden, die einander mit allen Mitteln bekämpften. Es ging darum, zu beweisen, dass der andere unrecht hatte und ihn letztlich politisch zu vernichten.
    Im Laufe der Jahre hatte ihn der Alte immer wieder ausgetrickst, doch nun hatte sich das Blatt gewendet – der Alte war tot, und er hatte endlich das, worauf er es so lange abgesehen hatte: die Kontrolle über die Central Intelligence.
    Danziger räusperte sich und holte Halliday damit aus den Abgründen der Vergangenheit zurück.
    »Gibt es irgendetwas, was wir noch nicht besprochen haben?«
    Der Verteidigungsminister sah ihn mit der Neugier eines Kindes an, das eine Ameise oder einen Käfer studiert  – ein Wesen, das so tief unter einem selbst steht, dass es praktisch einer anderen Welt angehört. Danziger war ganz bestimmt nicht dumm, deshalb hatte ihn Halliday ja auch für seine Zwecke ausgewählt, damit er ihn auf dem Schachbrett der amerikanischen Geheimdienste
einsetzen konnte.

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