Das Bourne Ultimatum
derartigen Wucht in die Luft, dass die Erde bebte. Raketen? Lenkraketen? Der Schakal hatte Lenkraketen aus dem Arsenal von Kubinka gestohlen! Sekunden später begannen weit hinter ihm die Explosionen, und wieder gingen neue Straßen in Flammen auf. Überall. Ganz ›Frankreich‹ wurde auf eine Weise zerstört, die sich der Wahnsinnige Adolf Hitler nur in seinen verdrehtesten Träumen hätte vorstellen können. Männer und Frauen liefen in Panik durch die Gassen und Straßen, schrien, stürzten, beteten zu Göttern, denen ihre Führer abgeschworen hatten.
England! Er musste nach ›England‹ kommen und dann schließlich nach ›Amerika‹, denn all seine Instinkte sagten ihm, dass dort das Ende kommen würde - auf die eine oder andere Art. Er musste den Lastwagen finden, den der Schakal fuhr, und beide zerstören. Er konnte es schaffen - er konnte es schaffen! Carlos glaubte, er sei tot, und das war der Schlüssel, denn der Schakal musste tun, was er tun musste, was er, Jason Bourne, tun würde, wenn er Carlos wäre. Wenn die Katastrophe, die er entfacht hatte, auf ihrem Höhepunkt war, würde der Schakal den Tanker zurücklassen und seine Flucht antreten,
nach Paris, dem wahren Paris, wo seine Armee der alten Männer den Triumph ihres Monseigneur über die allgegenwärtigen, ungläubigen Sowjets verbreiten würde. Es musste irgendwo in der Nähe des Tunnels sein. Das stand fest.
Die Jagd durch ›London‹, ›Coventry‹ und ›Portsmouth‹ ließ sich nur mit einem Nachrichtenfilm aus dem Zweiten Weltkrieg vergleichen, der das Blutbad zeigte, das die Luftwaffe in Großbritannien angerichtet hatte, erst mit dem kreischenden, dann mit dem stillen Terror der V-2- und V-5-Raketen. Aber die Bewohner Nowgorods waren keine Briten, der Gleichmut wich einer Massenhysterie, einziges Interesse eines jeden war das eigene Überleben. Als die eindrucksvollen Reproduktionen des Big Ben und der Houses of Parliament brennend zusammenbrachen und die Flugzeugfabriken von ›Coventry‹ nur noch ein Flammenmeer waren, strömten die Straßen über von schreienden, entsetzten Massen, die zum Wolchow und den Schiffswerften von ›Portsmouth‹ hinunterliefen. Dort warfen sich Unzählige von den verkleinerten Piers und Slipanlagen ins reißende Wasser, wo sie sich in den Magnesiumgittern verfingen, wo scharfe, gezackte Stromblitze glühend durch die Luft fuhren und bewegungslose Körper zu den nächsten Metallgittern über und unterhalb der aufgewühlten Wasseroberfläche schwemmten. Wie gelähmt standen die Menschen in Gruppen und drehten sich panisch um, erkämpften sich den Weg zurück. Die Wachen hatten ihre Posten verlassen, und das Chaos beherrschte die Nacht.
Bourne schaltete das Suchlicht des Jeeps ein, fuhr mit plötzlichen Sprints Gassen und weniger volle Straßen hinunter, nach Süden, immer nach Süden. Er schnappte sich eine Fackel vom Boden des Wagens, zog die Zündleine und schleuderte den sprühenden, zischenden, blendenden Feuerstock in die Hände und Gesichter der hysterischen Versprengten, die an Bord zu klettern versuchten. Der Anblick der unaufhörlich pulsierenden Flamme so nah vor ihren Augen genügte. Jeder schrie und wich zurück und glaubte zweifellos, dass ein weiterer Sprengsatz in seiner oder ihrer unmittelbaren Umgebung detoniert war.
Eine Schotterstraße! Das Tor zum amerikanischen Lager war weniger als hundert Meter entfernt... Eine Schotterstraße? Benzingetränkt! Die Plastikbomben hatten nicht gezündet - aber in wenigen Augenblicken würden sie es tun, eine Feuerwand aufbauen, den Jeep und seinen Fahrer umschlingen! Mit durchgetretenem Gaspedal raste Jason zum Tor. Es war verlassen, und die Eisenschranke war unten! Er stieg auf die Bremsen, kam schlingernd zum Stehen, hoffte abseits jeder vernünftigen Hoffnung, dass keine Funken aufstiegen und den Schotter entzünden würden.
Er legte die sprühende Fackel auf den Metallboden, nahm hastig zwei Granaten aus seiner Tasche, Granaten, von denen er sich nur widerwillig trennte, zog die Stifte und schleuderte sie zum Tor. Die gewaltige Explosion sprengte die Barrikaden beiseite und entzündete im gleichen Augenblick die Straße, sofort schlugen die Flammen hoch, umfassten ihn! Er hatte keine Wahl, er warf die heiße Fackel weg und raste durch den Feuertunnel in Nowgorods letztes und größtes Lager. In diesem Moment explodierte das Wachlokal an der ›englischen‹ Grenze. Glas, Stein und Metallteile schossen hervor und waren überall in die
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