Das Bourne Ultimatum
hinten zu einem Knoten gebunden, erschien in der Tür. »Monsieur, es ist Paris«, sagte sie, wobei ihre großen grauen Augen die Dringlichkeit ausstrahlten, die ihre Stimme vermissen ließ.
»Danke.« Der Kurier des Schakals ging hinein.
»Gesegnet seist du, Kind Gottes«, sagte die Stimme mehrere Tausend Kilometer entfernt. »Geht alles nach Wunsch?«
»Unbeschreiblich«, antwortete der alte Mann. »Es ist... so großartig, mehr als wir verdienen.«
»Du wirst es verdienen.«
»Wie könnte ich das?«
»Du wirst es, indem du die Befehle, die dir die Schwester gibt, befolgst. Und zwar genau, ohne jede Abweichung, hast du verstanden?«
»Gewiss.«
»Gesegnet seist du.« Es gab ein Klicken in der Leitung, und die Stimme war weg.
Fontaine drehte sich zur Schwester um, die am anderen Ende des Zimmers stand, wo sie das Schubfach eines Tisches aufgeschlossen hatte. Er ging zu ihr hinüber, und seine Blicke wurden vom Inhalt der Schublade angezogen. Nebeneinander lagen ein Paar Operationshandschuhe, eine Pistole mit einem zylindrischen, bereits aufgeschraubten Schalldämpfer und ein Rasiermesser, dessen Klinge eingeklappt war.
»Ihre Instrumente«, sagte die Frau und überreichte ihm den Schlüssel, wobei sie ihre ausdruckslosen grauen Augen in seine bohrte. »Die Zielpersonen wohnen in der letzten Villa auf dieser Seite. Machen Sie sich mit der Gegend vertraut, machen Sie Spaziergänge, wie es alte Männer für den Kreislauf gerne tun. Sie müssen sie töten. Wenn Sie es tun, ziehen Sie vorher die Handschuhe an und feuern je eine Kugel in jeden Kopf. Es muss der Kopf sein. Dann müssen Sie die Kehlen durchschneiden...«
»Gütige Mutter Gottes, auch die der Kinder?«
»So lautet der Befehl.«
»Das ist barbarisch!«
»Möchten Sie, dass ich das weitergebe?«
Fontaine sah zur Balkontür hinüber zu seiner Frau im Rollstuhl. »Nein, nein, natürlich nicht.«
»Dachte ich mir... Es gibt noch eine weitere Anweisung. Mit dem Blut eines der Toten müssen Sie ›Jason Bourne, Bruder des Schakals< an die Wand schreiben.«
»O mein Gott... Sie werden mich fassen, natürlich.«
»Das hängt von Ihnen ab. Koordinieren Sie die Exekution mit mir, und ich werde schwören, dass der große Krieger Frankreichs zur fraglichen Zeit hier in dieser Villa war.«
»Wann muss es getan werden?«
»Innerhalb der nächsten sechsunddreißig Stunden.«
»Und dann was?«
»Dann können Sie hier bleiben, bis Ihre Frau stirbt.«
9.
Brendan Patrick Pierre Prefontaine war wieder erstaunt. Obwohl er keine Reservierung vorgenommen hatte, wurde er am Empfang des Tranquility Inn wie eine Berühmtheit behandelt. Nur Augenblicke, nachdem er eine Villa bestellt hatte, wurde ihm gesagt, dass bereits alles arrangiert sei, und man fragte ihn, ob der Flug von Paris angenehm gewesen sei. Minutenlang herrschte Konfusion, da der Besitzer des Tranquility Inn nicht erreicht werden konnte. Er war nicht zu Hause und auch sonst nirgends auffindbar. Schließlich gab man auf, und der frühere Richter aus Boston wurde in seine Unterkunft geführt, ein hübsches Häuschen mit Blick aufs Meer. Zufällig, nicht mit Absicht, hatte er in die falsche Tasche gegriffen und dem Manager für seine Freundlichkeit eine Fünfzig-Dollar-Note zukommen lassen. Prefontaine wurde sofort zu einem Mann, mit dem man rechnen musste. Finger schnippten und Glöckchen bimmelten. Nichts war gut genug für den erstaunten Fremden, der da mit dem Wasserflugzeug von Montserrat eingeflogen worden war... Es war der Name, der alle hinter dem Empfangstisch in Verwirrung gebracht hatte: Konnte es so einen Zufall geben?... Nochmals den Gouverneur anrufen - sicher gehen: »Gebt dem Mann eine Villa.«
Kaum hatte er sie betreten und sein spärliches Gepäck in Schrank und Schubladen verstaut, ging das Durcheinander weiter. Eine eisgekühlte Flasche Château Carbonnieux, Jahrgang’78, zusammen mit frischen Blumen und einer Schachtel belgischer Schokolade, kamen an, wurden aber gleich wieder von einem verwirrten Kellner abgeholt, der sich damit entschuldigte, dass sie für eine andere Villa weiter unten - oder weiter oben - bestimmt seien.
Der Richter zog seine Bermudas an, erschrak über seine
spindeldürren Beine und wählte ein wollenes Sporthemd in gedämpften Farben. Weiße Sportschuhe und eine weiße Stoffmütze vervollständigten seinen Tropendress. Bald würde es dunkel sein, und er wollte noch etwas spazieren gehen, aus verschiedenen Gründen.
»Natürlich weiß ich, wer Jean
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