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Das Bourne-Vermächtnis

Das Bourne-Vermächtnis

Titel: Das Bourne-Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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brauchte er noch, um einzusehen,
    dass emotionale Bindungen um jeden Preis vermieden werden mussten? Sie waren ihn bei seinen Eltern teuer zu stehen gekommen, dann wieder bei Richard Wick und zuletzt bei Annaka, die ihn an Stepan Spalko verraten hatte – und das von Anfang an.
    Und was war mit Spalko? »Wir sind doch keine Fremden. Wir teilen die ungeheuerlichsten Geheimnisse« , hatte er in jener Nacht in Grosny gesagt. »Ich würde gern glauben, wir wären mehr als Geschäftsmann und Auftraggeber.«
    Wie Richard Wick hatte er angeboten, Chan bei sich aufzunehmen, hatte behauptet, er wolle sein Freund sein, ihn zum Bestandteil einer versteckten – und irgendwie intimen – Welt zu machen. »Sie verdanken Ihren glänzenden Ruf nicht zuletzt den Aufträgen, die Sie von mir erhalten haben.« Als betrachte Spalko sich wie einst Richard Wick als Chans Wohltäter. Diese Leute bildeten sich ein, auf einer höheren Ebene zu leben, einer Elite anzugehören. Wie schon Wick hatte Spalko Chan belogen, um ihn für seine eigenen Zwecke zu benutzen.
    Was hatte Spalko von ihm gewollt? Das spielte fast keine Rolle mehr; für ihn war es nicht mehr wichtig.
    Chan wollte nur noch mit Stepan Spalko abrechnen, alles vergangene Unrecht in Recht verwandeln. Nichts Geringeres als Spalkos Tod konnte ihn jetzt noch besänftigen. Spalko würde der erste und letzte Auftrag sein, den er sich selbst erteilte.
    In diesem Augenblick, als er im Schatten eines Hauseingangs hockte und sich unbewusst den Hinterkopf rieb, an dem er bereits eine große Beule hatte, hörte er ihre Stimme. Sie stieg aus der Tiefe, aus den Schatten auf, in denen er hockte, sank durch die Tiefen herab, zog ihn unter die sich kräuselnden Wellen.
    »Li-Li«, flüsterte er. »Li-Li!«
    Es war ihre Stimme, die nach ihm rief. Und er wusste, was sie wollte: Sie wollte, dass er sich als Ertrunkener in den Tiefen zu ihr gesellte. Er ließ den schmerzenden Kopf in die Hände sinken, und ein grässliches Stöhnen entrang sich seinen Lippen, als stieße seine Lunge die letzte Luftblase aus. Li-Li. Er hatte so lange nicht mehr an sie gedacht – oder stimmte das etwa nicht? Er hatte fast jede Nacht von ihr geträumt, aber diese Tatsache erst jetzt erkannt. Weshalb? Was hatte sich so verändert, dass sie nach so langer Abwesenheit mit solcher Gewalt auf ihn eindringen konnte?
    Dann hörte Chan, wie eine Haustür zugeknallt wurde, hob gerade noch rechtzeitig den Kopf und sah einen großen Mann aus dem Gebäude 106–108 Fo utca stürmen. Er hielt sich mit der linken Hand den rechten Oberarm, und aus der Blutspur, die er hinter sich herzog, schloss Chan, dass er einen Zusammenstoß mit Jason Bourne gehabt hatte. Ein schwaches Lächeln glitt über sein Gesicht, denn er wusste, dass dies der Mann sein musste, der ihn niedergeschlagen hatte.
    Chan fühlte den starken Drang, ihn umzulegen, aber er beherrschte sich mit ziemlicher Anstrengung und kam auf eine bessere Idee. Er verließ sein Versteck und folgte dem Mann, als er die Fo utca entlang flüchtete.
    Die Dohány-Synagoge war die größte Synagoge Europas.
    Nach Westen hin wies der riesige Bau eine kunstvolle byzantinische Ziegelfassade in den Farben Blau, Rot und Gelb auf – den Farben der Stadt Budapest. Über dem Portal befand sich ein großes buntes Glasfenster. Über diesem imponierenden Anblick erhoben sich zwei maurische vieleckige Türme, die von imposanten Kuppeln aus Kupfer und Gold gekrönt wurden.
    »Ich gehe rein und hole ihn«, sagte Annaka, als sie aus ihrem Skoda stiegen. Istvans Telefondienst hatte versucht, sie zu einem anderen Arzt zu dirigieren, aber sie hatte darauf bestanden, Dr. Ambrus zu sprechen, der ein alter Freund ihrer Familie sei, und war schließlich hierher geschickt worden. »Je weniger Leute dich in diesem Zustand sehen, desto besser.«
    Bourne nickte zustimmend. »Hör zu, Annaka, ich
    weiß bald nicht mehr, wie oft du mir schon das Leben gerettet hast.«
    Sie sah zu ihm auf und lächelte. »Dann hör einfach zu zählen auf.«
    »Der Mann, der dich überfallen hat …«
    »Kevin McColl.«
    »Er ist ein Spezialist der Agency.« Bourne brauchte nicht erst auszuführen, worauf McColl spezialisiert war.
    Auch das gefiel ihm an ihr. »Du hast dich gut gegen ihn gehalten.«
    »Bis er mich als Schutzschild benützt hat«, sagte sie erbittert. »Ich hätte niemals zulassen dürfen, dass er …«
    »Wir haben überlebt. Nur das zählt.«
    »Aber er ist weiter auf freiem Fuß, und die von ihm ausgehende Gefahr

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